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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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fragen. Sind Sie noch mit der Erinnerung an sie verheiratet ? Aber Stanley Oxenford war ihr Chef, und sie hatte nicht das Recht, sich nach seinen persönlichen Gefühlen zu erkundigen. Und außerdem stand da auf dem Kaminsims Marta und schwang ihren Tennisschläger wie eine Keule.
    Toni setzte sich neben Stanley auf die Couch. Sie versuchte ihre Emotionen zu verdrängen und sich auf die aktuelle Krisensituation zu konzentrieren. »Haben Sie die amerikanische Botschaft angerufen?«, fragte sie.
    »Ja, hab ich. Ich habe Mahoney beruhigt, jedenfalls fürs Erste. Aber der sieht sich natürlich auch die Nachrichten an, genau wie wir.«
    So viel hängt von den kommenden Minuten ab, dachte Toni. Sie können die Rettung für die Firma bedeuten – oder das Aus. Vielleicht ist Stanley danach bankrott, ich stehe wieder einmal auf der Straße, und die Welt verliert einen hervorragenden Wissenschaftler … Aber gerate jetzt bloß nicht in Panik, sondern behalte deinen gesunden Menschenverstand! Sie zog ein Notizbuch aus ihrer Schultertasche. Cynthia Creighton war im Büro geblieben und nahm die Sendung auf Video auf, damit sie sich danach alles noch einmal in Ruhe ansehen konnten. Vorerst wollte Toni nur aufschreiben, was ihr spontan zu dem Bericht einfiel.
    Die schottischen Nachrichten kamen vor den englischen.
    Der Tod von Michael Ross war nach wie vor die Spitzenmeldung, doch war es ein Nachrichtensprecher und nicht Carl Osborne, der das Thema einführte. Das ist ein gutes Zeichen, dachte Toni voller Hoffnung. Die lächerlich falsche Darstellung der wissenschaftlichen Fakten durch Osborne blieb den Zuschauern daher erspart. Das Virus wurde korrekt » Madoba - 2 « genannt. Der Sprecher vergaß auch nicht den Hinweis darauf, dass Michaels Tod gerichtsmedizinisch untersucht würde.
    »So weit, so gut«, murmelte Stanley.
    »Ich habe den Eindruck, dass irgendeinem höheren Tier im Sender heute Morgen beim Frühstück Osbornes schlampige Reportage aufgefallen ist und dass er dann mit dem festen Vorsatz ins Studio ging, für eine seriösere Berichterstattung zu sorgen.«
    Die nächste Kameraeinstellung zeigte die Szene vor den Toren von Oxenford Medical. »Tierversuchsgegner nutzten den tragischen Todesfall zu einer Protestaktion vor den Werkstoren«, sagte der Sprecher. Toni war angenehm überrascht. Dieses Urteil war positiver, als sie erhofft hatte, besagte es doch indirekt, dass man die Demonstranten als zynische Opportunisten ansah, die den Medienrummel für ihre eigenen Ziele ausnutzen wollten.
    Nach der Demo erschien die Große Halle auf dem Bildschirm. Toni hörte ihre eigene Stimme und stellte fest, dass ihr schottischer Akzent stärker durchklang, als sie erwartet hätte. Sie erläuterte das Sicherheitssystem und musste zugeben, dass diese Passage nicht gerade die wirkungsvollste war: nur eine Stimme, die monoton über Alarmanlagen und Wachen referierte. Vielleicht, dachte sie, wäre es doch besser gewesen, wir hätten den Kameraleuten gestattet, die Luftschleuse am Eingang zum BSL - 4 -Labor zu filmen, dazu das Fingerabdruckidentifizierungsgerät und die U-Boot-Türen; Bilder sind eben immer aussagekräftiger als Worte …
    Dann kam Carl Osborne ins Bild mit seiner Frage: »Können Sie uns präzise sagen, wie groß die Gefahr für die Öffentlichkeit war, die durch dieses Kaninchen entstanden ist?«
    Toni beugte sich vor. Jetzt kam die entscheidende Phase.
    Der Wortwechsel zwischen Carl und Stanley folgte: Osbornes Horrorszenarien und Stanleys begründete Zurückweisungen. Das ist nicht gut, dachte Toni, im Publikum setzt sich doch bloß der Gedanke fest, dass es zu einer Masseninfektion wild lebender Tiere hätte kommen können, obwohl Stanley das klipp und klar verneint hat.
    Carl fragte: »Hätte Michael Ross andere Menschen mit dem Virus anstecken können?«
    »Ja, durch Tröpfcheninfektion beim Niesen oder dergleichen«, erwiderte Stanley ernst.
    Den Rest seiner Ausführungen hatte der Berichterstatter einfach weggelassen.
    »Verdammt!«, murmelte Stanley.
    »Der Bericht ist noch nicht zu Ende«, sagte Toni. Es konnte besser werden – oder schlimmer.
    Sie hoffte, als Nächstes würde ihre Intervention gezeigt werden, ihr Versuch, den Eindruck zu verwischen, dass Oxenford Medical das Risiko herunterspielen wolle. Stattdessen kam eine telefonierende Susan Mackintosh ins Bild, und eine Reporterstimme berichtete, dass die Firma alle Mitarbeiter anrufe, um herauszufinden, ob sie in der kritischen Zeit Kontakt zu

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