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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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zeigte. Nichts schien ihr zu gefallen, und Schweigen war das Einzige, was man halbwegs als Zustimmung betrachten konnte. Davon abgesehen äußerte sie hin und wieder abschätzige Kürzel wie »Krass!«, »Shit!« oder »Crazy!«, aber sie ließ ihn jedenfalls nicht stehen, daher wusste Craig, dass er sie wenigstens nicht langweilte.
    Er führte sie zur Scheune. Erbaut im 18 . Jahrhundert, war sie das älteste Gebäude auf dem Grundstück. Großvater hatte Heizung, Licht und Wasser einbauen lassen, doch der alte Holzbau war erhalten geblieben. Im Erdgeschoss befand sich ein Freizeitraum mit Billardtisch, Kicker und einem großen Fernsehapparat. »Hier kann man ’s ganz gut aushalten«, sagte Craig.
    »Cool«, bemerkte Sophie, was geradezu einem Begeisterungssturm gleichkam, und deutete auf eine erhöhte Plattform. »Was ’n das?«
    »Eine Bühne.«
    »Wozu braucht ihr so was?«
    »Meine Mutter und Tante Miranda haben als Mädchen gerne Theater gespielt. Einmal haben sie hier in der Scheune mit nur vier Leuten Antonius und Kleopatra aufgeführt.«
    »Komisch.«
    Craig deutete auf zwei Feldbetten. »Da schlafen Tom und ich«, sagte er. »Aber jetzt komm mit rauf, ich zeig dir dein Schlafzimmer.«
    Eine Leiter führte zum Heuboden hinauf. Eine Wand gab es nicht; man konnte sich lediglich an einem Geländer festhalten. Oben standen zwei einzelne, frisch bezogene Betten. Davon abgesehen, bestand die Einrichtung lediglich aus einer Garderobenstange, auf der man seine Kleider aufhängen konnte, und einem Drehspiegel. Auf dem Boden lag Carolines Koffer. Der Deckel stand offen.
    »Viel Privatsphäre hat man hier ja nicht«, kommentierte Sophie.
    Auch Craig war das aufgefallen. Die Schlafarrangements kamen ihm vielversprechend vor. Natürlich würden hier auch Caroline, seine ältere Schwester, und sein jüngerer Vetter Tom übernachten, aber das änderte nichts an der vagen, erregenden Vorfreude, die sich seiner bemächtigt hatte: Wer konnte schon sagen, was noch alles geschehen würde? »Hier.« Er klappte eine alte Spanische Wand auf. »Dahinter kannst du dich ausziehen, wenn du dich genierst.«
    Ihre dunklen Augen funkelten ihn böse an, als habe er sie mit der Bemerkung beleidigt. »Ich geniere mich nicht!«
    Er empfand eine seltsame Erregung bei ihrem Ausbruch. »War ja nur ’ne Info«, sagte er und setzte sich auf eines der Betten. »Die sind ganz schön bequem – bequemer jedenfalls als unsere Feldbetten da unten.«
    Sophie zuckte mit den Schultern.
    In seiner Fantasie setzte sie sich jetzt auf das Bett neben ihn. Die eine Version sah vor, dass sie ihn rücklings auf die Matratze schubste und einen Ringkampf mit ihm inszenierte, der alsbald in eine wilde Küsserei überging. In der anderen Version nahm sie seine Hand, flüsterte ihm zu, wie viel ihr seine Freundschaft bedeute, und küsste ihn. Aber die Realität des Lebens sah anders aus: Sophie war weder nach Spielen noch nach sentimentalen Gefühlsäußerungen zumute. Vielmehr wandte sie sich von ihm ab und sah sich mit sichtlichem Missfallen auf dem leeren Heuboden um. Craig erkannte, dass sie vom Küssen jetzt nichts wissen wollte. Leise sang sie vor sich hin: » I’m dreaming of a shite Christmas …«
    »Das Badezimmer ist unten, hinter der Bühne. Eine Badewanne gibt’s nicht, aber die Dusche funktioniert.«
    »Welch ein Luxus!« Sophie erhob sich und stieg die Leiter hinunter, immer noch mit der obszönen Verhunzung von Bing Crosbys Weihnachtsklassiker auf den Lippen.
    Na ja, dachte Craig, wir sind ja erst zwei Stunden hier, und ich hab fünf Tage Zeit, sie rumzukriegen …
    Er folgte ihr. Es gab da noch etwas, das sie vielleicht doch aus der Reserve locken konnte. »Ich zeig dir noch was«, sagte er und führte sie wieder ins Freie.
    Sie traten auf einen großen, rechteckigen Hof, der auf allen vier Seiten von Gebäuden umgeben war, vom Haupthaus, vom Gästehaus, von der Scheune, aus der sie gerade kamen, und von der Garage, in der drei Fahrzeuge Platz hatten. Craig führte Sophie um das Haupthaus herum zum Vordereingang. Die Küche mied er, weil man ihnen dann vielleicht gleich irgendwelche häusliche Pflichten zugewiesen hätte. Als sie eintraten, sah er, dass sich Schneeflocken in Sophies schimmerndem schwarzem Haar verfangen hatten. Er blieb stehen und starrte sie wie verzaubert an.
    »Was ’n los?«, fragte sie.
    »Der Schnee in deinen Haaren …«, sagte er. »Sieht wunderschön aus.«
    Sophie schüttelte ungeduldig ihren Kopf, und die

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