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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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zwanzig Jahren verheiratet. Hatte er Miranda mal geküsst, als sie vierzehn war?
    »Hör auf damit, und zwar sofort!«, sagte Miranda mit fester Stimme.
    Hugo packte den Wäschekorb und schubste ihn vor, sodass Mirandas Waden gegen die Bettkante stießen und sie sich unwillkürlich setzen musste. Sie ließ den Korb los und versuchte sich mit den Händen abzustützen. In diesem Augenblick stieß Hugo den Wäschekorb zur Seite, beugte sich vor, drückte Miranda aufs Bett, sprang hinterher und kniete sich über sie. Kit war fassungslos. Er hatte Hugo schon immer für einen Hallodri gehalten; es war einfach seine Art, mit jeder attraktiven Frau zu flirten, die ihm über den Weg lief. Aber mit Miranda? Das wäre Kit im Traum nicht in den Sinn gekommen.
    Hugo schob ihren lockeren Faltenrock hoch. Miranda hatte breite Oberschenkel und Hüften. Sie trug einen Schlüpfer aus schwarzer Spitze und Strapse – und das war für Kit die bislang erstaunlichste Enthüllung.
    »Runter von mir!«, sagte sie.
    Kit wusste nicht, was tun. Es ging ihn nichts an, also wollte er sich nicht einmischen – aber einfach stehen bleiben und zuschauen, das ging auch nicht. Selbst wenn er sich abwandte, würde er akustisch alles mitbekommen. Konnte er sich vielleicht an den beiden vorbeistehlen, während sie auf dem Bett miteinander rangen? Nein, dazu war das Schlafzimmer zu klein. Ihm fiel die Geheimtür im Schrank ein, die zum Speicher hinausführte – aber er käme ja nicht einmal ungesehen bis zum Schrank! Wie gelähmt blieb er stehen und behielt das Geschehen im Auge.
    »Nur ein Quickie«, sagte Hugo. »Kein Mensch erfährt was davon.«
    Miranda holte mit dem rechten Arm aus und versetzte Hugo eine gewaltige Ohrfeige. Dann riss sie abrupt ein Knie hoch und traf ihn an einer sehr empfindlichen Stelle. Sie wand sich wie eine Schlange, warf Hugo ab und sprang auf die Füße.
    Hugo blieb auf dem Bett liegen. »Mensch, das tut weh!«, jammerte er.
    »Geschieht dir recht«, sagte Miranda. »Und nun hör mir gut zu: Tu das niemals wieder!«
    Er zog den Reißverschluss seiner Hose hoch und erhob sich. »Warum nicht? Was willst du denn tun – Ned davon erzählen oder was?«
    »Ich sollte es ihm erzählen, ja, aber dazu fehlt mir der Mut. Es stimmt, ich habe einmal mit dir geschlafen, als ich sehr einsam und depressiv war, aber ich bereue es zutiefst, bis auf den heutigen Tag.«
    Ach so war das, dachte Kit – Miranda hat mal mit Olgas Mann geschlafen! Er war schockiert. Hugos Benehmen überraschte ihn nicht so sehr – ein kleines Verhältnis nebenbei mit der eigenen Schwägerin war eine Vorstellung, die vielen Männern gefallen würde. Aber Miranda war moralisch bis zur Prüderie in solchen Dingen. Kit hätte geschworen, dass sie niemals mit einem verheirateten Mann schlafen würde, geschweige denn mit dem Mann ihrer Schwester.
    »Es war das Schändlichste, was ich in meinem ganzen Leben getan habe«, fuhr Miranda fort, »und ich will nicht, dass Ned jemals davon erfährt.«
    »Womit drohst du mir dann? Mit Olga?«
    »Sie würde sich von dir scheiden lassen und nie wieder ein Wort mit mir sprechen. Das würde die Familie zerstören.«
    Na, ganz so schlimm würde es wohl nicht werden, dachte Kit. Aber Miranda ist ja immer so besorgt um den Zusammenhalt der Familie.
    »Tja, dann stehst du eigentlich ziemlich hilflos da, oder täusche ich mich?«, sagte Hugo zufrieden. »Und da wir keine Feinde sein können – warum küsst du mich dann nicht ganz lieb und bleibst meine Freundin?«
    »Weil du mich anwiderst!« Mirandas Stimme war eiskalt.
    »Ach so, ach ja!« Hugo klang resigniert, aber nicht so, als ob er sich schämte. »Gut, dann hasst du mich eben. Was mich betrifft, so bete ich dich an – nach wie vor.« Er schenkte ihr sein charmantestes Lächeln und entfernte sich, wobei er leicht hinkte.
    Als die Tür ins Schloss fiel, sagte Miranda: »Hurensohn, beschissener!«
    Kit hatte sie noch nie so fluchen hören.
    Miranda hob den Wäschekorb auf. Doch statt, wie erwartet, das Zimmer zu verlassen, kam sie auf ihn zu. Wahrscheinlich hat sie frische Handtücher dabei, die sie ins Bad bringen will, dachte Kit. Er hatte keine Chance mehr zu entkommen. Mit drei Schritten war Miranda im Ankleideraum und knipste das Licht an.
    Kit konnte gerade noch die Chipkarte in seine Hosentasche gleiten lassen. Im nächsten Augenblick hatte seine Schwester ihn auch schon entdeckt und quietschte vor Schreck auf. »Kit! Was tust du denn hier? Meine Güte, hast du mich

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