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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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dämlich, einen Faulenzer zu heiraten und mir drei Kinder von ihm machen zu lassen, dachte Toni, sprach es jedoch nicht aus. Mit Bella zu streiten führte zu gar nichts. Sie war mit dem Leben, das sie führte, gestraft genug. »Dann möchtest du also, dass ich auf meinen Urlaub verzichte, Mutter aus dem Heim hole und mich über Weihnachten um sie kümmere.«
    »Das liegt ganz bei dir«, sagte Bella betont pietätvoll. »Du musst dich eben nach deinem Gewissen richten.«
    »Danke für den nützlichen Rat.« Tonis Gewissen sagte, dass sie sich um ihre Mutter kümmern müsse, und Bella wusste das ganz genau. Toni brachte es einfach nicht über sich, die alte Frau über Weihnachten in diesem Heim zu lassen, allein in ihrem Zimmer oder in der Kantine bei fade schmeckendem Putenfleisch und lauwarmem Rosenkohl, bis ihr dann der als Weihnachtsmann verkleidete Heimleiter ein billiges, in grellbuntes Papier eingewickeltes Geschenk überreichte … Allein der Gedanke daran war für Toni kaum erträglich. »Okay«, sagte sie, »ich fahr hin und hol sie.«
    »Ich bedauere nur, dass du das nicht ein bisschen freundlicher sagen konntest«, erwiderte ihre Schwester.
    »Ach, leck mich doch am Arsch, Bella!«, gab Toni zurück und legte auf.
    Deprimiert rief sie im Hotel an und machte ihre Buchung rückgängig. Dann bat sie, einen ihrer Freunde ans Telefon zu holen. Es dauerte eine Weile, bis sich schließlich Charlie meldete, der Mann aus Lancashire, der an seinem unverkennbaren Tonfall leicht zu erkennen war. »Wo steckst du, Toni?«, fragte er. »Wir hocken schon alle im Jacuzzi! Du lässt dir wirklich was entgehen!«
    »Ich kann nicht kommen«, sagte sie traurig und erklärte ihm, was vorgefallen war.
    Charlie war außer sich. »Das ist total unfair dir gegenüber! Du brauchst unbedingt mal ein paar Tage Erholung!«
    »Das weiß ich, aber ich kann einfach die Vorstellung nicht ertragen, dass Mutter in diesem Heim herumhockt, während alle anderen im Kreise ihrer Familien Weihnachten feiern.«
    »Außerdem hast du ja auch im Job einiges hinter dir, nicht wahr?«
    »Ja, das ist eine sehr traurige Geschichte, aber ich glaube, Oxenford Medical ist noch einmal davongekommen – vorausgesetzt, es bleibt bei diesem einen Fall.«
    »Ich hab dich in der Glotze gesehen.«
    »Und? Wie sah ich aus?«
    »Großartig, aber ich stehe mehr auf deinen Chef.«
    »Ich auch, aber der hat drei erwachsene Kinder, die er nicht verärgern will. Von daher ist, fürchte ich, nicht viel zu machen.«
    »Teufel auch, du hast einen üblen Tag hinter dir.«
    »Es tut mir so Leid, dass ich euch enttäuschen muss.«
    »Ohne dich macht alles nur halb so viel Spaß.«
    »Charlie, ich muss jetzt aufhören. Ich will Mutter so schnell wie möglich abholen. Frohe Weihnachten.« Sie legte den Telefonhörer auf und starrte den Apparat an. »Was für ein jämmerliches Leben«, sagte sie laut. »Was für ein beschissenes, jämmerliches Leben.«

18.00 Uhr
     
     

     
     
     
     
     
    Craig kam mit seinen Bemühungen um Sophie nur sehr langsam voran.
    Sie hatten den ganzen Nachmittag miteinander verbracht. Er hatte im Tischtennis gewonnen und sie im Pool-Billard. In Musikfragen waren sie sich einig: Beide mochten Gitarrenbands lieber als Drum-and-Bass. Beide lasen sie gerne Horrorromane, auch wenn Sophie Stephen King vorzog und Craig Anne Rice. Er erzählte ihr von der Ehe seiner Eltern, die ebenso stürmisch wie leidenschaftlich verlief, und sie berichtete ihm von Neds und Jennifers Scheidung, bei der kein Auge trocken geblieben war.
    Aber Sophie ließ ihn nicht an sich rankommen. Sie berührte nicht beiläufig seinen Arm, sah ihn nicht mit großen Augen an, wenn er mit ihr sprach, und schnitt keine romantischen Themen an wie Ausgehen oder Kuscheln. Stattdessen erzählte sie Geschichten aus einer Welt, aus der er ausgeschlossen war, eine Welt der Nachtklubs – wie sie mit ihren vierzehn Jahren da nur reinkam? –, eine Welt mit lauter kiffenden Freunden und jungen Männern auf Motorrädern.
    Je näher das Abendessen rückte, desto verzweifelter wurde Craig. Für einen einzigen Kuss zum Abschied wollte er nicht fünf Tage lang hinter ihr herlaufen. Nach seiner Vorstellung musste er sie schon am ersten Tag für sich gewinnen, um sie dann in den nächsten vier Ferientagen richtig kennen zu lernen. Sophies Zeitplan sah jedoch definitiv anders aus. Craig brauchte eine Abkürzung zu ihrem Herzen.
    Sophie schien ihm noch nicht das Niveau zuzubilligen, das für ihre romantischen

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