Eisfieber - Roman
gegenüber. Lori schenkte Kaffee ein, während Luke die Geschirrspülmaschine füllte.
Und da sagte Stanley plötzlich: »Was würdet ihr davon halten, wenn ich mich nach einer neuen Frau umsehen würde?«
Niemand sagte ein Wort. Selbst Lori reagierte betroffen: Sie erstarrte beim Kaffee-Einschenken wie eine Salzsäule und guckte Stanley erschrocken an.
Miranda hatte schon so etwas Ähnliches geahnt – und empfand es trotzdem als beunruhigend, dass er es so unverblümt ansprach. »Ich nehme an, du sprichst von Toni Gallo«, sagte sie.
Er wirkte verblüfft und sagte: »Nein.«
»Was du nicht sagst!«, warf Olga ein.
Miranda glaubte ihm genauso wenig, aber sie nahm davon Abstand, ihrem Vater direkt zu widersprechen.
»Wie dem auch sei«, fuhr er fort. »Ich meine keine bestimmte Person, sondern mir geht es ganz allgemein ums Prinzip. Mamma Marta ist seit anderthalb Jahren tot – sie ruhe in Frieden. Fast vier Jahrzehnte lang war sie die einzige Frau in meinem Leben. Ich bin jetzt sechzig und habe vielleicht noch zwanzig oder dreißig Jahre vor mir, die ich nicht unbedingt allein verbringen möchte.«
Loris Blick verriet ihre Empörung. Er ist nicht allein, schien sie sagen zu wollen, er hat ja mich und Luke.
Olga reagierte patzig. »Was fragst du uns? Du brauchst doch wohl nicht unsere Genehmigung, wenn du mit deiner Sekretärin pennen willst. Oder mit wem immer.«
»Ich bitte euch nicht um Erlaubnis. Ich möchte wissen, was ihr davon hieltet, wenn es geschehen würde. Im Übrigen wird es gewiss nicht meine Sekretärin sein, denn Dorothy ist sehr glücklich verheiratet.«
Miranda meldete sich zu Wort, hauptsächlich um zu verhindern, dass Olga ihrem Unmut freien Lauf ließ. »Ich glaube, es würde uns allen nicht leicht fallen, dich mit einer anderen Frau in diesem Haus zu sehen, Daddy. Aber wir wollen, dass du glücklich bist, und ich denke, wir würden uns alle Mühe geben, eine Frau, die du liebst, in unserem Kreis willkommen zu heißen.«
Stanley verzog das Gesicht und sah sie an: »Klingt nicht gerade nach begeisterter Zustimmung, aber ich danke dir dafür, dass du dich bemühst, der Sache einen positiven Aspekt abzugewinnen.«
»Von mir kriegst du so was nicht zu hören«, sagte Olga. »Mein Gott, was sollen wir dazu schon sagen? Willst du diese Frau heiraten oder was? Willst du vielleicht noch Kinder in die Welt setzen?«
»Ich will überhaupt niemanden heiraten«, erwiderte Stanley unwirsch. Olga ärgerte ihn, weil sie sich weigerte, die Diskussion auf der Ebene zu führen, die er für richtig hielt. Mamma Marta hatte ihn auf genau dieselbe Art reizen können. »Aber ausgeschlossen ist gar nichts«, setzte er hinzu.
»Das ist doch unerhört!«, polterte Olga. »Als Kind habe ich dich kaum je zu Gesicht bekommen. Du warst doch immer in deinem Labor. Mamma und ich waren von morgens halb acht bis abends um neun mit der kleinen Mandy allein zu Haus. Wir sind in einer Alleinerzieher-Familie aufgewachsen, und das alles nur um deiner Karriere willen! Damit du deine Schmalband-Antibiotika, dieses Mittel gegen Geschwüre und diese Anticholesterinpille erfinden und reich und berühmt werden konntest. Ich will jetzt endlich meinen Lohn für das Opfer, das ich gebracht habe.«
»Du hast eine sehr teure Ausbildung bekommen«, sagte Stanley.
»Das reicht mir nicht. Ich möchte, dass meine Kinder das Geld erben, das du verdient hast – und nicht, dass sie es mit einem Haufen Bälger teilen müssen, geworfen von irgendeiner Nutte mit nix im Kopf als einem raffinierten Plan, wie man einen Witwer um den Finger wickelt.«
Miranda stieß einen Protestschrei aus.
Auch Hugo war peinlich berührt und sagte: »Red doch nicht so um den heißen Brei herum, liebste Olga, sondern komm auf den Punkt.«
Stanleys Miene verdüsterte sich. »Ich habe nicht die Absicht, irgendeiner Nutte den Hof zu machen.«
Olga sah ein, dass sie zu weit gegangen war. »War nicht so gemeint«, sagte sie, und für ihre Verhältnisse kam das einer Entschuldigung gleich.
»So ein großer Unterschied wäre es ohnehin nicht«, flachste Kit. »Mamma Marta war groß, sportlich, keine Intellektuelle und italienischer Herkunft. Toni Gallo ist groß, sportlich, keine Intellektuelle und spanischer Herkunft. Ich frage mich, ob sie gut kochen kann …«
»Sei doch kein Dummkopf«, beschied ihn Olga. »Der Unterschied besteht darin, dass Toni in den letzten vierzig Jahren nicht zu unserer Familie gehörte. Sie gehört nicht zu uns, sie ist ein
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