Eisige Naehe
an«, sagte Harms und schob sie über den Tisch.
»Schau«, sagte sie zu Henning und deutete auf einen Namen. »Hans Schmidt. Ich dachte immer, in der High Society würde man besondere Namen tragen.«
»Was ist mit Peter Müller? Oder Gerd Wolfram? Sind auch Allerweltsnamen. Vergiss die Liste«, sagte er und deutete dezent auf seine Uhr. »Wir sollten uns lieber auf den Weg machen.«
»Du meine Güte, das hätte ich ja beinahe vergessen. Tschüs, Volker, wir sehen uns morgen.« »Wohin geht ihr?«
»Frau Bruhns hat uns vorhin angerufen und gebeten, noch mal vorbeizukommen«, log Santos. »Sie hat ziemliche Probleme mit ihrer Haushälterin, ein wahrer Drachen.«
»Und was habt ihr damit zu tun?«
»Das wollen wir ja herausfinden«, entgegnete Santos lächelnd. »Tschüs.«
»Deine Chuzpe möchte ich haben«, sagte Henning, als sie zum Auto gingen.
»Was heißt hier Chuzpe? Hätte ich Volker sagen sollen, dass wir uns mit Günter am Bahnhof treffen, so richtig konspirativ, um mit ihm über die ominöse DNA zu reden?«
»Quatsch, war schon gut so, wie du's gemacht hast.« Sie fuhren zum Hauptbahnhof und stellten sich um kurz vor fünf Uhr neben den Eingang der Drogerie. Es war kalt, der Wind blies kräftig von draußen durch die ständig auf- und zugehenden Türen. Frierend schlugen sie die Kragen ihrer Jacken hoch. Um diese Zeit herrschte reger Betrieb, viele fuhren nach einem Arbeitstag nach Hause in einen der kleineren Orte der Umgebung, nach Rendsburg, Schleswig oder auch nach Husum, Heide oder Flensburg.
Die Minuten vergingen, bald war es Viertel nach fünf, schließlich halb sechs, doch von Tönnies keine Spur. Mehrfach versuchten sie, ihn in seinem Büro und auf seinem Handy zu erreichen, bis sie um sechs enttäuscht aufgaben und den Hauptbahnhof verließen. Durchgefroren und wütend.
»Warum ist er nicht gekommen? Warum geht er nicht ans Telefon?«, fragte Santos mit ratloser Miene »Angst, eine andere Erklärung habe ich nicht.« »Hoffentlich ist ihm nichts zugestoßen.« »Jetzt mal nicht gleich den Teufel an die Wand.« »Ich mal nicht den Teufel an die Wand, ich bin nur misstrauisch geworden nach dem, was Albertz uns erzählt hat. Wenn einer vom Verfassungsschutz mir sagt, dass die auch Auftragskiller beschäftigen, gibt es nichts, was ich nicht mehr für möglich halte. Kannst du das nicht verstehen?« »Schon, aber irgendwie ist mir das alles zu viel. Wem soll ich noch glauben?«
»Weidrich, auch wenn er ein Säufer war. Oder Frau Bruhns, die uns auch keine Lügengeschichten auftischen würde. Das Schlimme ist nur, dass ich in unseren Gefilden kaum noch einem trauen kann. Das ist so unglaublich frustrierend. Ich weiß auch nicht, was ich von Albertz halten soll.«
»Vorhin klang das noch ganz anders«, sagte Henning trocken.
»Mag sein, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Albertz ein falsches Spiel mit uns treibt, aber ausschließen können wir es nicht. Ach, ich weiß doch auch nicht.«
Santos, die die Wagenheizung hochgedreht hatte, zog ihr Handy aus der Tasche und rief Jürgens an. Sie wollte bereits auflegen, als er sich meldete. »Hi, ich bin's, Lisa. Können wir mit dir reden?« »Lisa, hör zu, es gibt nichts mehr zu reden, zumindest nichts, was Bruhns oder seinen Mörder betrifft.«
»Hast du Weidrich obduziert?«
»Nein, Rüter hat einen Rechtsmediziner aus Lübeck holen lassen, der zusammen mit einem Kollegen die Obduktion vorgenommen hat.« »Wieso hat man für Weidrich ...«
»Keine Ahnung, und ich will auch nicht darüber sprechen«, antwortete er ungehalten. »Wo bist du jetzt?« »Ich bin im Aufbruch.«
»Wir wären in zwei Minuten bei dir. Bitte, gib uns eine Minute, dann lassen wir dich ein für alle Mal in Ruhe.« »Du gibst wohl nie auf, was? Also gut, kommt vorbei, und das sage ich auch nur, weil nur noch Claudia und ich hier sind. Aber verschwendet nicht meine Zeit, das haben heute schon andere erledigt.«
Santos legte auf und sagte zu Henning: »Rechtsmedizin, drück auf die Tube.« »Ich hab's gehört.«
Kaum zwei Minuten später parkten sie vor dem Institut für Rechtsmedizin. Sie klingelten, und Jürgens öffnete. »Los, rein hier«, sagte er und machte rasch die Tür wieder zu. Er ging vor ihnen her in sein Büro und meinte: »Glaubt bloß nicht, dass ich euch helfe ...«
»Wir erwarten von dir keine Hilfe«, antwortete Henning und setzte sich auf die Schreibtischkante. »Warum seid ihr dann hier?«, fragte Jürgens mit gekräuselter Stirn.
»Um
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