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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Hand, die ihn füttert, und zwar nur mit den köstlichsten Leckereien. Nein, er ist es nicht, es sei denn, jemand überzeugt mich vom Gegenteil.«
    »Dann will uns, und das habe ich vorhin schon zu Jürgen gesagt, jemand glauben machen, dass er es ist. Oder?« »So wird es sein. Es ist auch müßig, darüber zu spekulieren, jetzt geht es einzig und allein um Schadensbegrenzung. Irgendjemand wildert in unserem Revier, und ich will wissen, wer es ist. Analysiert die Bänder - und wenn ihr die ganze Nacht durcharbeitet. An allererster Stelle gilt es herauszufinden, ob Bernhard unmittelbar vor seinem Tod Kontakt zu irgendeiner uns möglicherweise unbekannten Person hatte, Hamilton ausgenommen. Alles Weitere braucht euch nicht zu interessieren. Ich muss gleich weg und glaube kaum, dass ich heute noch mal zurückkomme.«
    »Dann pass mal gut auf dich auf«, meinte Friedmann mit süffisantem Unterton.
    »Das mit dem Aufpassen gilt auch für euch. Wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet, ich wäre gerne noch einen Moment allein.«
    »Eine Sache noch«, sagte Friedmann, während er sich erhob. »Es wäre vielleicht ratsam, den Kontakt zu unserem Mann herzustellen, um sicherzugehen, dass wir ihn ausschließen können.«
    »Das habe ich bereits getan«, erwiderte Albertz gelassen. »Wir können ihn ausschließen. Also, fangt an zu suchen, dafür werdet ihr schließlich bezahlt. Unter anderem. Es könnte allerdings auch sein, dass ihr noch einen anderen Auftrag erhaltet. Das heißt, ihr müsst rund um die Uhr erreichbar und verfügbar sein. Rund um die Uhr! Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?« »Natürlich, wir sind ja nicht taub«, entgegnete Müller.
    Albertz öffnete die Mappe, setzte seine Lesebrille auf und vertiefte sich in die Akte, auf der in großen Lettern »streng geheim« vermerkt war.
    Auf dem Weg zu ihrem Büro sagte Müller: »Lassen wir uns eine Pizza kommen und am besten gleich noch eine Kiste Cola, das wird ein verflucht langer Tag werden.« »Von mir aus.« Friedmann wirkte abgelenkt. »Was ist los?«
    »Nichts, und jetzt hör auf, mir irgendwelche blöden Fragen zu stellen. Okay?« »Albertz?«
    »Der Schwachkopf kann mich mal. Seine Arroganz und Selbstherrlichkeit kotzen mich an, besonders heute.« »Wir kennen ihn doch nicht anders.« »Ja, ja, ist schon recht.«
     

DONNERSTAG, 9.40 UHR
    Henning und Santos hatten ein spärliches Frühstück zu sich genommen und waren ins Präsidium gefahren. Sie waren sich einig, Harms nichts von gestern Abend zu berichten, auch nichts von ihren Vermutungen. Sie wollten ihn nicht mit etwas behelligen, das seinen ohnehin miserablen Zustand noch verschlimmern könnte. »Hi«, sagte Henning, als sie sein Büro betraten. Harms nickte nur. Tiefe Ringe hatten sich unter seine Augen gegraben, er wirkte übernächtigt oder hatte zu viel getrunken - oder beides. Das Fenster stand weit offen, es waren höchstens zwölf oder dreizehn Grad im Büro.
    »Was gibt's?«, fragte er schließlich mit müder Stimme. »Wir wollten nur mal reinschauen. Wie geht's dir heute?« Henning und Santos setzten sich ihrem Chef gegenüber. Beiden tat dieser große, starke Mann unendlich leid. Er schien nur noch ein Schatten seiner selbst. »Ist das eine ernstgemeinte Frage?« »Entschuldigung, war dumm von mir. Und Marion?« »Ich war die ganze Nacht bei ihr und habe ihre Hand gehalten. Heute wird sie auf die Palliativstation verlegt, die Endstation vor dem Tod. Ich kann's noch immer nicht begreifen. Es ging alles so rasend schnell. Ständig frage ich mich, ob ich alles getan habe, um diesen Menschen glücklich zu machen. Ich komme zu keinem Ergebnis.« Mit einem Mal hielt er inne, verengte die Augen und fuhr fort: »Aber ihr seid nicht hier, um euch meine Geschichte anzuhören. Was kann ich für euch tun?« »Volker, es ist wichtig, dass man mit jemandem über seine Gefühle spricht, sonst geht man kaputt. Ich weiß, wovon ich spreche, ich wäre vor ein paar Jahren beinahe auch an mir selbst kaputtgegangen. Wenn Lisa nicht gewesen wäre ...«
    »Sören, ich danke euch für euer Mitgefühl, aber das ist eine Sache, die ich ganz allein mit mir ausfechten muss. Zweiunddreißig Jahre lassen sich nicht von jetzt auf gleich wegwischen oder ausblenden. Sie war immer da, wenn ich nach Hause kam, sie hat mir das Essen gekocht, unsere Kinder großgezogen ... Aber sie war nicht glücklich, sonst hätte sie nicht so viel geraucht. Ich glaube, sie hat es getan, weil ich zu viel gearbeitet habe, weil

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