Eisige Naehe
Lächeln.
»Wie Sie wünschen. Wenn Sie mir bitte folgen wollen, zweiter Stock, Zimmer 242.«
Sie fuhren mit dem Aufzug in die zweite Etage, das Zimmer wurde mit der Schlüsselkarte geöffnet. »Bitte schön, sehen Sie sich um. Mr. Hamilton hat gestern am späten Abend ausgecheckt, nachdem er sich nach Herrn Uhlig erkundigt hatte. Unsere Empfangsdame hat ihm mitgeteilt, dass Herr Uhlig sich eine ganze Weile an der Bar aufgehalten hat und schließlich nach Mr. Hamilton fragte. Die beiden hatten ein Treffen vereinbart und sich verpasst. Eine andere Erklärung habe ich nicht. So leid es mir tut, das Zimmer wurde gegen neun Uhr gereinigt.«
»Haben Sie Herrn Hamilton persönlich kennengelernt?«, fragte Friedmann, während er und Müller sich kurz umsahen und dann dem Geschäftsführer das Zeichen gaben, wieder nach unten zu fahren.
»Sicher, er war ja nicht zum ersten Mal in unserem Haus. Er traf am Montag ein und ...«
»Ja, und gestern Abend reiste er wieder ab. Beschreiben Sie ihn mir, bitte.«
»Etwa eins fünfundsiebzig, vielleicht auch eins achtzig, ich kann das nicht genau einschätzen, weil ich über zwei Meter bin und ...«
»Egal. Beschreiben Sie mir einfach sein Äußeres«, sagte Friedmann, als sie wieder in der Empfangshalle waren.
»Vollbart, leicht untersetzt, ein Geschäftsmann. Was sollen diese Fragen?« »Sie haben seine Personalien?«
»Selbstverständlich, er hat ja schon des Öfteren bei uns eingecheckt.«
»Wie oft?«, sagte Friedmann und trommelte mit den Fingern auf den Tresen der Rezeption. »In den vergangenen Jahren bestimmt zwanzigmal oder öfter, ich müsste nachsehen.«
»Ist Ihnen etwas Ungewöhnliches an ihm aufgefallen?«
»Was meinen Sie?«
»War er gestern anders als sonst?«
»Hören Sie, ich habe keine Ahnung, was Sie von mir wollen, Mr. Hamilton ist ein gerngesehener und absolut vertrauenswürdiger Gast, für den ich meine Hand ins Feuer legen würde. Er war stets großzügig, ordentlich, hat die Minibar nie angerührt und auch das Pay-TV nicht genutzt. Einige Male hat er einen unserer kleinen Konferenzräume gebucht.« »Und Herr Uhlig?«
»Den kenne ich nicht, ich habe seinen Namen gestern Abend zum ersten Mal gehört. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen nicht weiterhelfen kann, aber wir sind keine Detektei, die ihren Gästen hinterherschnüffelt.« »Schon gut«, beschwichtigte Müller den zusehends aufgebrachten Geschäftsführer. »Wenn Sie uns bitte die Videos aushändigen würden, danach sind wir weg.« »Selbstverständlich.«
Selbstverständlich, selbstverständlich, selbstverständlich, dachte Friedmann und hätte dem Geschäftsführer am liebsten die Faust ins Gesicht geschlagen, hielt sich aber zurück.
Würde er sich auch nur für einen Moment gehenlassen, würde man ihn nicht lange danach in irgendeiner dunklen Gasse oder in der Förde finden. Er konnte Typen wie diesen in seinen Augen ekelhaft schmierigen Geschäftsführer, die übergroßen Wert auf die Etikette legten, die ihre Gäste in Schutz nahmen und eine geradezu penetrante Loyalität gegenüber dem Hotel und den Gästen zeigten, nicht ausstehen. Schlips und Kragen und eine devote Haltung, wie es ihm beigebracht worden war. Sie folgten Schneidham in sein Büro, wo er ihnen die Videobänder aushändigte. »Bitte schön. Wann bekomme ich sie wieder?«
»Sobald sie ausgewertet sind«, erwiderte Friedmann nur. »Auf Wiedersehen und einen schönen Tag noch.«
Im Auto sagte Friedmann: »Dieses gottverdammte Stinktier!«
»Wen meinst du? Schneidham?«
»Den von mir aus auch. Nee, ich meine den, der Bernhard um die Ecke gebracht hat. Der arbeitet sich von unten nach oben vor. Erst Bruhns und die Steinbauer, dann Klein, jetzt Bernhard ... Wer ist als Nächstes dran?« »Ich weiß es nicht. Aber ich würde mich an deiner Stelle nicht auf diesen Hamilton versteifen.« »Tu ich auch nicht. Ich frage mich nur, warum er gestern Abend schon wieder abgereist ist. Kommt dir das nicht auch spanisch vor? Ich habe da so ein komisches Jucken unter den Achseln, das habe ich immer, wenn ...« »Halt's Maul, okay?«, fuhr Müller ihn an. »Die Sache ist nicht unser Bier, die letzte Entscheidung trifft immer noch Albertz. Du solltest dich endlich damit abfinden, dass wir nur Befehlsempfänger sind und keine Entscheider.«
»Hör zu, du Idiot, ich bin zwar nur ein kleiner Furz in dem Riesenarsch, aber das Denken lasse ich mir deshalb nicht verbieten. Wenn dir das nicht passt, kannst du dir ja einen anderen Partner
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