Eisige Naehe
noch ziemlich jung. Dynamisch, die Denkmaschine läuft auf Hochtouren, sportlich ... Reicht das?«
»Das mit der Denkmaschine ist so eine Sache. Wenn ich nur endlich den gordischen Knoten zerschlagen könnte. Lisa, wir haben es mit einem Riesengeflecht aus Lügen zu tun. Erst das mit der DNA, dann der Auftragskiller, die Morde an Bruhns, Steinbauer, Klein, dazu noch Albertz, Rüter, Friedmann und Müller. Wie verbinden wir das miteinander?«
»Gib mir den Schlüssel, ich fahre.« Santos ging zur Fahrerseite, Henning warf ihr den Schlüssel zu. Im Auto sagte sie: »Wir haben es auch mit organisierter Kriminalität zu tun. Allein der Gedanke daran, dass irgendwelche perversen Schweine sich an Kindern vergehen, löst in mir einen unsäglichen Zorn aus. Ich schwöre dir, ich garantiere für nichts, sollte ich eins dieser pädophilen Schweine in flagranti erwischen. Andererseits klang doch auch vieles schlüssig, was Albertz uns erzählt hat. Zum Beispiel das mit der Finanzierung von Kriegen ...« »Lisa, das kannst du seit Jahren in jedem Nachrichtenmagazin nachlesen. Jeder einigermaßen Interessierte weiß darüber Bescheid. Er hat uns mit Informationen gefüttert, die wir schon lange kennen. Deshalb ist Albertz mir auch suspekt... Fahr los, ich muss nachdenken.« »Grübeln.«
»Quatsch, ich grüble nicht, ich denke nach.« »Darf ich an deinen Gedanken teilhaben?« »Erst wenn sie spruchreif sind.«
Um kurz nach halb elf erreichten sie das Anwesen von Sarah Schumann in der Lindenallee. Sie warteten noch einen Augenblick, stiegen aus und gingen auf das Tor zu. Lisa Santos war nervös, ohne erklären zu können, woher diese Nervosität kam. Sie fasste Henning kurz an der Hand, bevor sie auf den Klingelknopf drückte.
DONNERSTAG, 10.33 UHR
Ja, bitte?«, meldete sich eine weibliche Stimme durch die Sprechanlage.
»Lisa Santos und mein Kollege Herr Henning, Mordkommission.« Wie schon so oft in ihren nunmehr fast zwanzig Dienstjahren hielt sie ihren Ausweis vor die Kamera. »Wir möchten gerne mit Frau Schumann sprechen, es geht um Peter Bruhns.« »Einen Moment, bitte.«
Wenig später erschien eine gepflegte, sportlich-elegant gekleidete Dame mit halblangen braunen Haaren und großen braunen Augen am Tor.
»Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber wenn Sie mir bitte Ihre Ausweise noch einmal zeigen würden?« »Gerne.« Santos und Henning taten ihr den Gefallen. »Worum geht es?«
»Sie haben doch sicher von dem Mord an Ihrem Nachbarn Herrn Bruhns gehört. Wir sind dabei, die gesamte Nachbarschaft noch einmal zu befragen, da sich neue Erkenntnisse ergeben haben. Wenn Sie uns vielleicht ein paar Minuten Ihrer Zeit schenken könnten.«
»Ich fürchte, ich werde Ihnen nicht weiterhelfen können, da ich Herrn Bruhns kaum kannte. Ich bin auch erst seit vorgestern Abend in Kiel ...«
»Oh, Entschuldigung, das wüssten wir nicht. Würden Sie uns trotzdem ein paar Fragen beantworten?« Santos ließ nicht locker.
Sarah Schumann lächelte geheimnisvoll, was Santos irritierte. »Na gut, wenn's denn sein muss, ich will die polizeilichen Ermittlungen nicht behindern. Bitte, kommen Sie herein, ich habe allerdings nur wenig Zeit, da ich um zwölf eine Verabredung habe und mich nicht hetzen möchte.«
»Wir werden Sie bestimmt nicht lange aufhalten«, entgegnete Santos und lächelte ebenfalls. Eine schöne Frau, dachte sie anerkennend. Schön, elegant und charmant. So sieht also eine Frau aus, die einen Auftragskiller anheuert.
Sie wurden in den geräumigen und sehr stilvoll eingerichteten Wohnbereich geführt, wo Sarah Schumann ihnen einen Platz anbot. Nachdem sie sich gesetzt hatten, ergriff Santos wieder das Wort: »Sie haben gesagt, Sie kannten Herrn Bruhns kaum. Können Sie das näher erläutern?« »Das ist ganz einfach zu erklären«, sagte Sarah Schumann und schlug die Beine übereinander. Henning betrachtete sie mit stiller Bewunderung. Noch nie hatte er eine Frau von sechzig Jahren getroffen, die so jung aussah und auch eine gewisse Jugendlichkeit und zugleich erotische Weiblichkeit ausstrahlte. Sie war charismatisch, ihre Augen leuchteten, wie er es nur selten gesehen hatte. Er würde sich jedoch hüten, das Santos gegenüber anzusprechen. Es sei denn, sie schnitt selbst dieses Thema an, um herauszufinden, wie er Sarah Schumann fand. »Mein Hauptwohnsitz ist Frankfurt, ich komme nur hin und wieder nach Kiel, um die klare Luft zu genießen und nach dem Rechten zu sehen, schließlich will man ja sein Haus
Weitere Kostenlose Bücher