Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
Henning ihre Reaktion.
    Sie begegnete seinem Blick, zog die Mundwinkel nach unten, zuckte die Achseln und meinte: »Das kommt vielleicht noch, aber Sie haben recht, im Moment bin ich nicht traurig, weil die Nachricht nicht so überraschend kam und ich mich in den letzten anderthalb Jahren innerlich so weit von ihm entfernt habe, dass es für mich kein Zurück mehr gab. Ich dachte nur noch daran, wie ich hier am schnellsten und vor allem heil rauskomme. Aber ich glaube, ich werde auch in Zukunft nicht trauern, dazu hat er mich zu oft verletzt.« »War er gewalttätig Ihnen gegenüber?« Victoria Bruhns ließ einige Sekunden verstreichen, bevor sie antwortete: »Ja, hin und wieder ist ihm die Hand ausgerutscht. Manchmal war da auch mehr. Er war unberechenbar, aber das wussten nur jene in seinem direkten Umfeld. Im Fernsehen hat er die Massen belustigt, er konnte auch einen auf ernsthaft oder charmant machen, letztlich war er der zerrissenste Mensch, den ich je kennengelernt habe. Am Ende konnte ich ihn nicht mehr lieben, da war Leere und leider auch zunehmend Verachtung und Hass ...«
    »Eben haben Sie aber noch behauptet, ihn nicht gehasst zu haben«, bemerkte Santos kritisch. »Ja, das stimmt schon, aber es gab Momente, da habe ich ihn gehasst, zum Beispiel wenn er sich nicht unter Kontrolle hatte, rumschrie oder gewalttätig wurde. Ich weiß, Sie werden jetzt denken, wer hasst, ist auch bereit zu töten, aber ich habe mit seinem Tod nichts zu tun. Darf ich fragen, wie er getötet wurde?« »Er wurde erschossen.«
    »Und die Dame, mit der er sich vergnügt hat, wie alt ist die?«, fragte sie in einem Tonfall, der die Antwort erahnen ließ.
    »Sie war gerade achtzehn geworden.« Sie runzelte die Stirn. »Achtzehn! Mein Gott, mit achtzehn hatte ich noch nicht mal meinen ersten festen Freund. In dem Alter war ich tatsächlich noch naiv und unbedarft. Dann lernte ich Peter vor nicht einmal vier Jahren bei einem Casting kennen ...« »Was für ein Casting?«, wollte Santos wissen. »Es war ein neues, aber nicht sonderlich erfolgreiches Format. Es wurden Schauspieler für eine Daily Soap gesucht, und Peter war einer der Juroren, obwohl er von der Schauspielerei nicht sonderlich viel Ahnung hatte. Jedenfalls, wir kamen ins Gespräch, und von da an passierte alles wie von allein. Ehe ich mich versah, waren wir verheiratet. Es war wie im Paradies, er hat mich mit Geschenken überhäuft, wir haben Reisen unternommen, ich wurde mit Pauline schwanger, und ...«, sie atmete tief durch und sah zu ihrer schlafenden Tochter, »... er hatte eine Geliebte nach der anderen. Mich hat er schon, kurz nachdem ich schwanger geworden war, nicht mehr angerührt. Aber er wollte mich auch nicht einfach so gehen lassen, sein Renommee, Sie verstehen schon. Ich war seine vierte Frau, und er wollte in der Öffentlichkeit endlich als treuer Ehemann dastehen. Und er war ein Meister der Manipulation, er hatte nämlich alles drauf, was man in diesem Geschäft braucht, er konnte charmant, höflich und freundlich sein, aber auch zynisch, menschenverachtend, gewalttätig. Es kam immer drauf an, mit wem er es zu tun hatte, mit wem er sich gut stellen musste und wen er niedermachen durfte.« »Er war Ihr erster Mann?«
    »Ja, leider.« Sie seufzte. »Was glauben Sie, wieso ich mir seine Eskapaden so lange angesehen habe? Meine Mutter hat gesagt, heirate nie den Ersten, auch nicht, wenn er Geld hat wie Heu. Sie ist eine sehr kluge Frau, obwohl sie erzkonservativ erzogen wurde und deswegen den gleichen Fehler gemacht hat. Aber sie hatte recht. Ich kann jeder Frau nur das raten, was meine Mutter mir geraten hat.«
    »Was hat er gestern Abend gemacht?« »Wissen Sie das noch gar nicht?«, fragte Victoria Bruhns überrascht. »Er war auf Sendung, eine Castingshow. Er ist Juror und ...«
    »Doch, wir wissen es bereits, wir wollten es nur von Ihnen hören. Wo wurde die Sendung aufgezeichnet?« »Es ist eine Liveshow, die aus Hamburg gesendet wird. Erst in den letzten drei Sendungen dürfen die Zuschauer dann abstimmen, welchen Kandidaten sie weiterkommen lassen, welcher gehen muss und wer am Ende gewinnt. Im Prinzip ist es ein ähnliches Format wie DSDS ... Peter hat immer wieder von anderen abgekupfert, weil ihm selbst nichts Besseres einfiel. Dem Sender war's egal, ein paar Änderungen, und schon war es Peters Show. Ich hab's gestern aber nicht gesehen, ehrlich gesagt habe ich noch keine einzige Folge dieser Staffel gesehen, deshalb kann ich auch nicht mitreden.

Weitere Kostenlose Bücher