Eisige Naehe
euch nicht weiterhelfen.«
»Wir haben ja nur noch ein paar Fragen, dann lassen wir dich in Ruhe.«
»Also gut, aber beeilt euch, ich steh unter enormem Zeitdruck.«
»Wie bist du darauf gekommen, nach dieser DNA zu suchen?«
»Von welcher DNA sprichst du? Der von Bruhns oder der von der Steinbauer?«
»Ähm, reden wir jetzt aneinander vorbei?«, fragte Henning, der unsicher geworden war. »Möglich.« »Was ...«
»Warte«, sagte Tönnies und strich sich nervös über das Gesicht. Schließlich nahm er einen Stift, schrieb etwas auf einen Zettel und reichte ihn Henning. Er las und nickte.
»Okay. Die endgültigen Ergebnisse schickst du uns heute noch rüber? Wir stehen nämlich ebenfalls gewaltig unter Druck, Rüter hat uns eine Frist von sieben Tagen gesetzt.«
»Er sitzt auch mir im Nacken. Kann ich auch verstehen, Bruhns war schließlich nicht irgendwer, sondern eine hochrangige Persönlichkeit, wie Rüter betont hat«, sagte Tönnies nachdrücklich und zwinkerte Henning mit einem Auge zu. »Tja, so ist das mit den Promis, immer eine Extrabehandlung wert. Also werden mein Team und ich uns mächtig ins Zeug legen, um uns nicht Gottes Zorn zuzuziehen.«
»Wer will das schon?«, erwiderte Henning. »Wir erwarten dann deine Auswertung. Bis dann.« »Hm, bis dann.«
Draußen sagte Santos verwirrt: »Was war das jetzt?« »Er will uns morgen um siebzehn Uhr vor der Drogerie im Hauptbahnhof treffen. Das war doch eben nicht der Günter Tönnies, den wir kennen, oder? Ich möchte zu gerne wissen, was hier läuft. Erst Volker, jetzt Günter, entweder ist da was an uns vorbeigegangen, oder wir sind einfach zu blöd.«
MONTAG, 11.40 UHR
Jürgens war bei einer Obduktion und in ein Gespräch mit Claudia Bartels vertieft, als die Kommissare durch die Tür traten.
Er wandte sofort den Kopf zur Seite, und seine Miene drückte alles andere als Freude aus, Henning und Santos zu sehen.
Eine alte Frau, soweit dies angesichts des geöffneten Torsos, des aufgesägten Schädels und der über die Augen geklappten Kopfhaut zu erkennen war, lag auf dem Seziertisch, die inneren Organe waren entnommen und gewogen worden, an der Wandtafel war das jeweilige Gewicht vermerkt, und nach der Obduktion würde Jürgens die Organe entweder wieder in den Körper legen oder sie zur weiteren Untersuchung mit ins Labor nehmen. Den Darm hatte er in einen blauen Müllsack gepackt und diesen oben verknotet, vielleicht, weil Henning sich einmal über den unerträglichen Gestank eines Darms beschwert hatte, den Jürgens einfach in eine große Metallschale gelegt hatte.
»Moin«, sagte Henning und ging auf Jürgens und Bartels zu. »Viel zu tun?« »Du sagst es.«
»Können wir uns kurz unterhalten?«, fragte Henning.
»Kinders, ihr seht doch, dass ich zu tun habe.«
»Fünf Minuten?«
»Kommt ein andermal wieder.«
»Bitte, nur fünf Minuten.«
»Ihr geht mir auf die Nerven. Aber bitte nur fünf Minuten. Wart ihr bei Günter?« »Waren wir. Er gab sich ziemlich zugeknöpft.«
»Kein Wunder«, antwortete Jürgens lapidar, wobei er es vermied, Henning oder Santos anzusehen. »Wieso? Was ist passiert?«
Jürgens atmete kurz durch. »Ich will euch jetzt nicht aller Illusionen berauben, aber verfolgt die Sache nicht weiter. Ich habe vorhin mit Günter gesprochen, der hat die große Flatter gekriegt. Ich hab's euch gestern schon gesagt, wir haben zwar etwas gefunden, aber wir können nichts damit anfangen. Was sagt denn euer Boss?« »Dass wir uns auf die Ermittlungen konzentrieren sollen. Er will von der ganzen Sache nichts wissen. Scheint, als hätte er die Hosen voll.« »Hat er das gesagt?«, fragte Jürgens zweifelnd. »Nicht direkt, aber du hättest ihn sehen sollen ...« »Ich brauch ihn nicht zu sehen, ich kann mich in ihn hineinversetzen. Er ist ein kluger Mann, an dem ihr euch ein Beispiel nehmen solltet ...« »Inwiefern?«
»Kapierst du's noch immer nicht? Lasst die Finger von der Sache, die ist mindestens zehn Nummern zu groß für euch. Günter hat seine Ergebnisse übrigens vernichtet...« »Das ist nicht dein Ernst?«, stieß Henning mit ungläubigem Blick hervor, gleichzeitig war er über die Maßen wütend, doch er versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen.
»Er hat's zumindest angedeutet. Das heißt, besagte DNA wurde nicht bei Bruhns gefunden.« »Was? Und deine Ergebnisse? Hast du die auch vernichtet?«
Jürgens lachte trocken auf und schüttelte den Kopf. »Und wenn? Was glaubt ihr, was ich schon alles unter den
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