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Eisige Schatten

Eisige Schatten

Titel: Eisige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Hooper
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Musik … die Musik … die Spieldose … ich kann sie sehen. Zwei Tänzer wirbeln umeinander herum, drehen sich im Kreis …«
     
    Abby blickte auf die Spieldose, weil es sie zu sehr beängstigte, auf das Messer in seiner Hand zu schauen. Es war eine dieser billigen kleinen Spieldosen, die man gern kleinen Mädchen schenkte. Pappe, mit rosa Kräuselpapier überzogen, schmutzig und verblichen. Der Deckel hatte auf der Innenseite einen Spiegel, der an mindestens drei Stellen zerbrochen war. In der Schachtel, zwischen zwei mit Samt ausgeschlagenen, herausnehmbaren Tabletts, wirbelten und hüpften zwei winzige Ballettfigürchen ruckhaft umeinander, begleitet von der klimpernden Musik.
    Schwanensee, dachte sie. Schwanengesang. War Mike clever genug für so etwas? Sie glaubte nicht. Die Spieldose war vermutlich nur etwas aus seiner Kindheit, dessen Bedeutung sie nie erfahren würde …
    Matt, wo bist du?
    »Ich finde, wir haben genug geredet«, sagte Mike und drehte sich mit einem Lächeln zu ihr um.
    Abby schluckte. »Die Spieldose, Mike. Sie wird wieder langsamer.«
    Er blickte über die Schulter, wandte sich dann ab und griff nach der Spieldose. »Das darf nicht passieren«, murmelte er. »Die Musik darf nicht aufhören.«
     
    Cassie runzelte die Stirn. »Die Musik darf nicht aufhören. Er kann nicht zulassen, dass die Musik aufhört. Er will, dass sie die Musik hört, ihr zuhört, weil … weil sie dann … weil er … mich nicht reinlassen will. Das ist es. Er lässt die Musik laufen, um mich auszuschließen. Aber ich kann ihn jetzt spüren. Ich kann seinen Herzschlag spüren …«
    Ben sagte: »Cassie? Kannst du sehen, was er sieht? Kannst du sehen, wo er ist?«
    Sie neigte den Kopf ein wenig, als hörte sie zu, und sagte dann: »Er ist immer noch in der Kirche. Der alte Heizungsraum im Tiefkeller. Der ist schalldicht, und er weiß, dass sie dort keiner suchen wird, vor allem, da er mich ausgeschlossen hat …«
    »Die Kirche ist fünf Minuten entfernt.« Matt war aufgesprungen und schoss zur Tür, noch während Cassies Stimme verklang, mit Bishop dicht auf den Fersen, der im Hinausrennen Ben zuzischte: »Holen Sie sie da raus, sofort.«
    Ben nickte, hielt den Blick aber weiter auf Cassies bleiches Gesicht gerichtet. »Cassie? Ich möchte, dass du zu mir zurückkommst, Liebes.«
    »Ich will nicht … Abby ist so allein …«
    »Cassie, du kannst ihr jetzt nicht helfen. Komm zurück.«
    »Aber … er macht sich bereit. Er hatte keine Zeit, das Bettgestell fertig zu machen, als er es heute Morgen da runtergebracht hat. Daher macht er es jetzt. Befestigt die Stricke für ihre Handgelenke und Fußgelenke am Rahmen. Er will lange und ausführlich mit ihr spielen.«
    Ben wusste, dass die Zeit knapp wurde, für Abby und für Cassie, doch er musste sie fragen: »Hat er ihr schon etwas angetan? Hat er Abby wehgetan?«
    »Er hat sie niedergeschlagen, damit niemand merkte, dass er sie sich geschnappt hatte. Aber jetzt ist sie wach. Sie versucht mit ihm zu reden, ihn zur Vernunft zu bringen. Ihm ist das egal, weil er glaubt, alle Zeit der Welt zu haben. Aber er wird … erregter. Er sieht gern dabei zu, wie sie versucht, sich zu retten. Er fragt sich, ob … ob sie so schreien wird wie die letzte Schlampe. Das hat ihm gefallen …« Ihre Stimme verklang, und sie keuchte.
    »Was ist, Cassie? Was siehst du?«
    »Ich sehe es nicht. Ich fühle es. Seine Stiefel sind zu eng. Sie sind immer noch zu eng.« Cassie schaute verblüfft. »Warum zieht er sie nicht aus?« Sie verstummte, zog die Brauen zusammen.
    »Cassie? Das reicht, Cassie. Du musst aus seinem Kopf verschwinden. Du musst zu mir zurückkommen.«
    Kurz sah es so aus, als würde Cassie sich weiterhin seiner Aufforderung widersetzen, aber dann entspannten sich ihre straffen Muskeln. Einen Augenblick später öffnete sie langsam die Augen und wandte ihren Kopf noch langsamer Ben zu. »Matt sollte sich besser beeilen«, flüsterte sie.
    Ben zog sie in die Arme, spürte, wie sie zitternd gegen ihn sank. »Er wird es rechtzeitig schaffen«, sagte er und wünschte, er könnte sich dessen so sicher sein, wie er klang.
     
    Der Streifenwagen schlidderte auf zwei Rädern um die Kurve. Bishop klammerte sich fest, bis alle vier Räder wieder auf der Straße waren, und machte sich daran, seine Waffe zu überprüfen.
    »Wie viele Türen?«, fragte er.
    »Nur eine.«
    Die Stimme des Sheriffs kündete von einer Ruhe, die gefährlicher war als Nitroglyzerin in einem Pappbecher, und Bishop

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