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Eisige Schatten

Eisige Schatten

Titel: Eisige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Hooper
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Körperliche Berührung, entweder einer Person oder eines Gegenstandes, den diese Person berührt hat, ist am verbreitetsten. Einem Paragnosten ist es nur selten möglich, ohne irgendwelche Verbindung das Gehirn eines anderen anzuzapfen. Aber bei ein paar ganz wenigen Paragnosten – und ich glaube, Cassie gehört dazu – scheint dieser Kontakt, sobald er hergestellt ist und lange genug angehalten hat, eine Art Karte oder Spur zurückzulassen, wie ein schwacher Energiestrom, der die beiden Gehirne verbindet. Danach ist es für den Paragnosten möglich, dieser Spur praktisch nach Belieben zu folgen.«
    Ben hielt inne. »Leider ist es dem angezapften Gehirn ebenfalls möglich, diese Verbindung zu identifizieren – und sie vielleicht sogar zu dem Paragnosten zurückzuverfolgen.«
    »Selbst wenn derjenige kein Paragnost ist?«, fragte Matt eindringlich.
    »Einigen Spekulationen nach ist der Verstand eines Serienmörders so abnorm, dass seine Gedanken im wahrsten Sinne ›Fehlzündungen‹ haben, sodass die elektromagnetische Energie ins Gehirn überläuft und Veränderungen auf der molekularen Ebene bewirkt. Genau wie eine Kopfverletzung latente außersinnliche Fähigkeiten auslösen kann, können das auch diese Fehlzündungen. Für einen gewissen Zeitraum kann ein Serienmörder tatsächlich paragnostisch werden. Wenn das passiert und der Mörder so jung ist, wie Cassie glaubt, könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis er die Spur zu ihr zurückverfolgt.«
    »Vorausgesetzt, er liest ihren Namen nicht schon vorher in der Zeitung«, bemerkte Matt trocken.
    »Das ist das andere Risiko und wohl auch das wahrscheinlichere. Früher oder später wird es sich herumsprechen, dass Cassie außersinnliche Fähigkeiten hat und dass wir mit ihr gesprochen haben.«
    »Würde sich das bei der nächsten Wahl nicht einfach prima machen?«
    »Wenn wir diesen Mörder hinter Gitter bringen«, erinnerte ihn Ben. »Ich bezweifle stark, dass es die Wähler kümmert, wie wir das geschafft haben.«
    »Vielleicht. Aber bis dahin werden wir heftig unter Beschuss geraten. Und deine Übersinnliche wird im Mittelpunkt stehen.«
    »Hör auf, sie meine Übersinnliche zu nennen. Du kennst ihren Namen.«
    Matt beäugte ihn. »Wir sind aber empfindlich, was?«
    »Hier geht es nicht um mich. Wirst du nun Cassie um Hilfe bitten oder nicht?«
    Eher milde erwiderte Matt: »Ja, das werde ich.«
    Ben blinzelte. »Und wann hast du dich dazu entschlossen?«
    Matt befingerte den Beweismittelbeutel, der immer noch auf der Schreibunterlage vor ihm lag. »Als du mir erzähltest, sie habe gewusst, dass das hier von meiner Pfadfinderuniform stammt. Wie du sagtest – wie sie sagte –, hat mich das nicht überzeugt. Aber mir fällt kein einziger Trick oder Betrug ein, durch den sich erklären lässt, wie sie dieses Stoffstück korrekt identifizieren konnte. Außer sie wusste es. Das reicht mir, zusammen mit allem anderen, um herausfinden zu wollen, was sie sonst noch weiß.«
    »Wird auch Zeit.«
    »Also, dann sitz nicht einfach da und starr mich an. Ruf sie endlich an.«
     
    Zuerst nahm Cassie nichts anderes als die Kälte wahr. Weit über die Frostigkeit des Schnees und des Windes hinaus war diese Kälte absolut. So musste sich, stellte sie sich vor, die beißende Berührung des Weltraums an menschlicher Haut anfühlen. Sie hatte die verschwommene Ahnung, dass selbst das Blut in ihren Adern langsamer floss und zu einer Art Schneematsch wurde, als die Kälte es erreichte.
    Das flatterige Gefühl kehrte zurück, verstärkte sich kurz, ebbte dann ab, und sie spürte etwas anderes.
    Jemand anderen.
    Langsam öffnete Cassie die Augen. Die Luft um sie herum blieb grau und nebelig. Sie war sich vage bewusst, dass der Hund wie rasend bellte, sah ihn aber nicht. Sie drehte behutsam den Kopf, zum Wald hin, wo mehr Kiefern als Hartholzbäume das Gebiet mit ihren schweren Ästen dunkel und bedrückend machten.
    Die Menschen standen direkt am Waldrand.
    Es mussten Dutzende sein, hauptsächlich Frauen, aber auch ein paar Männer und mindestens ein Junge. Sie betrachteten sie mit ebenso vorwurfsvollen Blicken wie dem, den Ivy Jameson vor Tagen durch ihre Küche auf Cassie gerichtet hatte.
    Als sie langsam auf sie zukamen, sah Cassie ihre Wunden. Die Kehle einer Frau war aufgeschlitzt. Bei einer anderen war der Kopf verformt, eine entsetzliche Delle in ihrem Schädel schrie stumm von einem schweren Gegenstand und grauenvoller Wucht. Ein Mann trug seinen blutigen Arm, während

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