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Eisige Schatten

Eisige Schatten

Titel: Eisige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Hooper
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der in der Handschrift ihrer Tante auf dem Umschlag geschrieben stand, und blickte dann fragend zu dem Anwalt auf. »Und das wurde bei der Testamentseröffnung vergessen? Das ist schon in Ordnung, Mr McDaniel. Bestimmt ist es nur ein persönlicher Brief an mich, den ich vermutlich bis jetzt sowieso noch nicht gelesen hätte, daher ist kein Schaden entstanden.«
    »Sie versicherte mir in der Tat, dass es sich um eine persönliche Botschaft an Sie handelte, aber …« McDaniel schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, es ist doch ein Schaden entstanden, Miss Neill, obwohl ich nicht weiß …« Er holte Luft. »Ihre Tante gab mir den Brief mit sehr genauen Instruktionen, und ich habe ihr mein Wort gegeben, dass ich mich an diese Instruktionen halten würde.«
    »Und die lauteten?«
    »Ihnen den Brief am zwölften Februar dieses Jahres zu übergeben.«
    Cassie blinzelte. »Verstehe. Das wäre … vor etwa zwei Wochen gewesen.«
    »Daher mein Versagen. Es tut mir so leid, Miss Neill. Wie Sie wissen, war Ihre Tante eine meiner letzten Mandantinnen. Ich hatte sie auf ihr Beharren hin angenommen, wenngleich ich kurz davor stand, in Pension zu gehen, als sie zu mir kam und mich bat, ihr Testament aufzusetzen und die Abwicklung ihres Besitzes zu übernehmen. Im letzten Jahr habe ich meine Kanzlei allmählich aufgelöst, und ich fürchte, dass der Umschlag Ihrer Tante und die Instruktionen dabei einfach verlegt wurden.« Er seufzte. »Mein Gedächtnis ist nicht mehr das, was es einmal war, und ich fürchte, ich habe die Angelegenheit vollkommen vergessen.«
    Sie merkte, dass ihn sein Versagen tief verstörte, und sagte rasch: »Das hätte jedem passieren können, Mr McDaniel. Bitte machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Ich bin sicher, meine Tante wäre überhaupt nicht böse – schließlich sind es nur zwei Wochen. Welche Rolle sollte das spielen?«
    »Ich befürchte, es könnte eine sehr große Rolle spielen, Miss Neill, obwohl ich natürlich nicht sagen kann, wieso. Miss Melton versicherte mir, dass sich in dem Umschlag nichts von juristischer Wichtigkeit befände, nur eine persönliche Botschaft an Sie, doch sie beharrte sehr darauf, dass er am zwölften Februar übergeben würde. Nicht davor und nicht danach. Das Datum schien äußerste Wichtigkeit für sie zu haben. Und vielleicht für Sie.«
    Cassie betrachtete ihn nachdenklich. »Das hat sie Ihnen gesagt? Dass das Datum für mich etwas bedeuten könnte?«
    »Nicht ausdrücklich.« Es war ihm unangenehm. »Aber mir war bewusst, dass Miss Melton gelegentlich … Dinge wusste. Ihr Beharren überzeugte mich davon, dass ihre Botschaft an Sie eine Art Ratschlag oder sogar eine Warnung enthalten könnte.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie jemand sind, der an solche Dinge glaubt«, sagte Cassie.
    »Normalerweise nicht. Aber sie … wirklich, Miss Neill, sie schien ganz verzweifelt zu sein. Ich fürchte, die Botschaft war ihr schrecklich wichtig.«
    »Tja, dann sollte ich wohl …« Als Cassie den Umschlag öffnen wollte, hielt McDaniels ausgestreckte Hand sie davon ab.
    »Ihre Tante wollte, dass Sie es lesen, wenn Sie allein sind, Miss Neill. Diese Anweisung hat sie ganz besonders hervorgehoben.«
    Cassie wusste nicht, ob sie amüsiert oder besorgt sein sollte, aber Letzteres überwog allmählich. »Verstehe. Gut, dann werde ich das machen. Hat sie noch weitere Anweisungen gegeben?«
    »Mir nicht«, erwiderte McDaniel. »Es tut mir so leid, Miss Neill.« Er begann zurückzuweichen. »Ich finde allein hinaus.«
    Cassie merkte, wie sie ins Leere starrte, und blinzelte, als dem Schließen der Tür rasch das Geräusch eines anspringenden Motors folgte. Für einen älteren Herrn konnte er sich erstaunlich schnell bewegen.
    Sie setzte sich aufs Sofa und blickte auf den Umschlag.
    »Was denkst du, Max? Ist das ein Fall von besser spät als nie? Oder sollte ich das hier ungelesen ins Feuer werfen?«
    Max wuffte leise und wedelte mit der Rute.
    »Der zwölfte Februar. Das war vor zwei Wochen. Was habe ich vor zwei Wochen …«
    Was sie vor zwei Wochen gemacht hatte, war, mit der plötzlichen, schrecklichen Gewissheit fertig zu werden, dass ein Mörder seinem ersten Opfer in dieser verschlafenen kleinen Stadt auflauerte.
    Mit Fingern, die taub geworden waren, riss Cassie den Umschlag auf und faltete ein einzelnes Blatt Notizpapier auseinander. Die darauf gekritzelte Botschaft war kurz und pointiert.
     
    Cassie,
    was auch immer passiert, halte dich von Ben Ryan fern.
    Er wird dich

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