Eisige Umarmung (German Edition)
Innern erkundete Judd die Struktur der Programmierung. Es war ziemlich leicht für ihn – er hatte nicht nur große telepathische Kräfte, er kannte auch alle Techniken, die man bei Kevin verwendet hatte. Die Programmierung war hastig und nicht besonders sorgfältig erfolgt. Offensichtlich machte sich der Rat keine Sorgen um einen Fehlschlag. Warum sollte er auch? Zwar hätten andere Mediale in Kevins Geist eindringen können, aber nur jemand mit besonderen Fähigkeiten war in der Lage, die Programmierung zu löschen.
Gerade als er die Nervenverbindungen wieder in den ursprünglichen Zustand zurücksetzen wollte, fiel ihm ein schwarzes Siegel auf, ein winziger Code, der beim Zurücksetzen ausgelöst werden würde. In weniger als einer Minute würde Kevin an den Folgen einer heftigen Gehirnblutung sterben.
Judd zog sich zurück und ging dann noch einmal alles durch. Schließlich war er überzeugt davon, dass es keine weiteren Fallen gab. Er brauchte zehn Minuten, um das Siegel zu deaktivieren und aus dem System zu entfernen. Dann löschte er den Rest. Kevin .
„Ja.“ Die Stimme kam wie aus weiter Ferne. Die Hyäne war noch in der Trance, in die das Codewort sie versetzt hatte.
Ihr Geist ist jetzt frei. Von diesem Augenblick an werden Sie nicht mehr auf „Senke deine Schilde“ reagieren. Haben Sie das verstanden?
„Ja.“
Judd war bewusst, dass die Wölfe sie beobachteten und sich wahrscheinlich über das in ihren Augen einseitige Gespräch amüsierten. Er überprüfte noch einmal, ob es weitere Aktivierungssätze gab, dann wiederholte er seine Anweisungen, um sicherzugehen, dass Kevin alles verstanden hatte, und gab ihm anschließend den Befehl, mit vollem Erinnerungsvermögen wieder aufzuwachen.
Die Hyäne beugte den Oberkörper mehrmals nach vorn und würgte trocken. Judd sah den am nächsten stehenden Soldaten an. „Holen Sie ihm ein Glas Wasser.“
D’Arn gehorchte, ohne Indigo um Erlaubnis zu fragen. Als er mit dem Wasser zurückkam und sich hinunterbeugte, um Kevin die Binde abzunehmen, sah er Judd an, der sich daraufhin wieder in eine dunkle Ecke zurückzog.
Indigo wartete, bis sich das Zittern der Hyäne gelegt hatte, bevor sie ihn bat, ihr alles zu erzählen, was er wusste.
Kevin konnte ihnen alle Einzelheiten über drei weitere geplante Anschläge berichten. Judds militärisch geschultem Verstand fiel auf, dass es dem Anführer der PineWood-Hyänen offensichtlich nicht wichtig gewesen war, die Sachen unter Verschluss zu halten. Er hatte von der Programmierung gewusst und sich darauf verlassen, dass sie für Stillschweigen sorgte.
„Es könnten auch noch mehr sein.“ Kevin klang völlig gebrochen. „Ich werde versuchen, das herauszufinden.“
Obwohl Judd kein Gestaltwandler war, verstand er, warum die Hyäne so außer sich war. In den Gestaltwandlerrudeln war die Hierarchie äußerst wichtig, und sie basierte auf Vertrauen. Was Parrish getan hatte, zerstörte Kevins Weltsicht. Genau dasselbe Trauma hatte am Anfang von Silentium so viele Kinder zerstört. Wer bei der Einführung von Silentium sieben Jahre oder jünger gewesen war, hatte lernen müssen, alle Dinge, die ihm vorher Sicherheit gegeben hatten – Liebe, Wärme und Berührung –, abzulehnen. Nur wenige der Übergangskinder hatten überlebt.
„Bring dich nicht in Gefahr“, sagte Indigo zu Kevin. „Du hast uns bereits genügend Informationen geliefert, um die Sache zu beenden. Wie groß ist dein Rudel?“
„Ungefähr hundert, wenn man die Alten und die kleinen Kinder mitzählt.“ Der Mann hustete ein paar Mal. „Ungefähr vierzig sind imstande zu kämpfen. Mit den anderen haben sich die Medialen gar nicht abgegeben.“
„Nicht besonders viele.“ Indigo sah Judd über Kevins Kopf hinweg an. „Können Sie das bewältigen?“ Als dieser nickte, wandte Indigo ihre Aufmerksamkeit wieder Kevin zu. „Wie sieht es mit der Stabilität aus?“
„Ganz gut. Wenn ihr Parrish tötet, könnten Mahal oder Lou-Ann die Führung übernehmen.“ Er war offensichtlich mit dem baldigen Tod des Anführers einverstanden. „Ich weiß aber nicht, ob er sie eingeweiht hat.“
„Mach dir keine Sorgen, das kriegen wir schon raus.“ Indigo sah Judd mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Könnte es sein, dass man alle einer Gehirnwäsche unterzogen hat?“
„Könnte sein.“ Aber es war eher unwahrscheinlich bei einer solch plumpen Programmierung. Der Rat hatte sich nicht viel Zeit dafür genommen. „Wie sahen die Medialen aus, die Sie
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