Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
sich, wie viele Stunden am Tag die Putzfrau hier wohl zugange war. Die frisch gebohnerten Holzdielen waren so glatt, dass man fast ausrutschte. Auf einem niedrigen Glastisch stand eine schöne geschnitzte Holzschale, in der leuchtend orangegelbe Mandarinen zu einer Pyramide aufgetürmt waren.
»Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee, schwarzen Tee, Kräutertee?«
»Nein, danke«, sagte Frieda, die sich gerade auf dem weichen Sofa niederließ und dabei halb versank. Sie mochte keine Möbel, die einen verschluckten. Sie saß lieber aufrecht.
»Haben Sie noch Fragen an uns? Frank ist natürlich nicht da.«
»Deswegen bin ich um diese Uhrzeit gekommen. Ich bin davon ausgegangen, dass Ihr Mann arbeitet und die Kinder noch in der Schule sind.«
»Das verstehe ich jetzt nicht.«
»Ich wollte mit Ihnen über Ihre Affäre mit Robert Poole sprechen.«
»Wie können Sie es wagen!« Aisling sprang auf. Ihr dünner Körper zitterte vor Wut, während sie sich vor Frieda aufbaute. »Wie können Sie es wagen?«
»Jemand hat ihn getötet, Aisling. Womöglich ist es für den Fall relevant.«
»Raus!«
»Schon gut.« Frieda erhob sich. Während sie ihren Mantel von der Armlehne des Sofas nahm, tastete sie in der Tasche nach einer Visitenkarte. »Hier haben Sie meine Karte, falls Sie doch noch mit mir darüber reden wollen.« Sie zögerte einen Moment, ehe sie hinzufügte: »Ich werde der Polizei vorerst nichts davon sagen.«
»Es gibt nichts zu sagen.«
Die beiden Frauen starrten sich an. Schließlich nickte Frieda Aisling zu und ging. Durchs Fenster konnte sie sehen, dass Aisling reglos dastand, den Blick auf ihre Visitenkarte gerichtet.
»Herein, herein!« Olivia unterstrich ihre Worte mit einer schwungvollen Armbewegung. Bereits leicht beschwipst, spielte sie die mondäne Gastgeberin – in grünen Samt gehüllt, das Haar hochgesteckt, baumelnde Gehänge an den Ohren. Sie zog Frieda ins Haus, küsste sie überschwänglich auf beide Wangen und wischte ihr anschließend die Lippenstiftspuren aus dem Gesicht. Die Diele war mit Schuhen vollgestellt. Am Fuß der Treppe entdeckte Frieda außerdem eine Mausefalle, bis dato noch ohne Maus.
»Ist sie schon da?«
»Deine Freundin, die Anwältin …«
»Tessa Welles.«
»Noch nicht, aber sie hat angerufen, dass sie schon unterwegs ist. Eine reizende Person, der Stimme nach zu urteilen. Sie bringt ihren Bruder mit.«
»Warum denn das? Ist er auch Anwalt?«
»Nein, aber sie geht mit ihm ins Theater, und nachdem beide aus derselben Richtung kommen …« Olivia machte eine wegwerfende Handbewegung. Ihre Fingernägel waren größtenteils abgebrochen, dafür aber feuerrot lackiert. »Ich habe gesagt, dass sie ihn gerne mitbringen kann.«
»Ja, natürlich. Hast du alle deine Dokumente beisammen?«
»Ähm. Tja, also … Da gibt es ein kleines Problem. Ich habe mir wirklich alle Mühe gegeben, aber du weißt ja, wie das ist. Manche Dinge verschwinden einfach.« Dabei riss Olivia die Augen weit auf, als wäre sie eine Zauberkünstlerin, die gerade einen tollen Trick vorgeführt hatte.
»Bestimmt ist sie daran schon gewöhnt«, meinte Frieda. »Wo ist denn Chloë?«
»Bei irgend so einem Handyklubtreffen.«
»Was ist das?«
»So genau kann ich dir das auch nicht sagen«, antwortete Olivia. »Das machen sie alles über Facebook, aber sie ist mit Sammy zusammen, und Sammys Bruder und dessen Freunde sind auch dabei. Außerdem ist sie schon siebzehn .«
Es läutete, und sie ging zur Tür, wobei sie diese so schwungvoll öffnete, dass sie gegen die Wand knallte und gleich wieder zuflog. Frieda erhaschte nur einen kurzen Blick auf zwei überraschte Gesichter.
»Entschuldigung«, sagte Olivia, als sie zum zweiten Mal aufmachte, »kommen Sie doch herein!«
Man sah sofort, dass sie Geschwister waren. Sie waren nicht nur beide groß und schlaksig, sondern hatten auch noch das gleiche rotblonde Haar, auch wenn seines kurz geschnitten und schon ein wenig grau meliert war. Außerdem hatten sie die gleiche ovale Gesichtsform und die gleichen graublauen Augen.
»Das ist mein Bruder, Harry Welles.«
Harry schüttelte erst Olivia und dann Frieda die Hand. »Ich möchte auf keinen Fall stören«, erklärte er. »Ich kann mich auch wieder ins Auto setzen, falls das gewünscht wird, oder ich ziehe mich in eine stille Ecke zurück, während Sie sich unterhalten. Ich habe jede Menge Arbeit dabei, mit der ich mich beschäftigen kann.«
»Gehen Sie uns zur Hand?«, wandte Tessa sich an
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