Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
Frieda.
»Ich habe sie zu meiner moralischen Unterstützung hergebeten«, erklärte Olivia. »Irgendwie hatte ich nämlich mit einem furchteinflößenden Frauenzimmer im Nadelstreifenanzug gerechnet, aber ich glaube, mit Ihnen komme ich alleine klar. Lassen Sie uns doch rüber ins Wohnzimmer gehen, obwohl da trotz meines Versuchs, ein bisschen aufzuräumen, ziemliches Chaos herrscht.«
»Wohin soll ich mich zurückziehen?«, fragte Harry an Frieda gewandt.
»Sie könnten es mal mit der Küche probieren«, antwortete Frieda, »wobei ich nicht weiß, ob sie begehbar ist.« Sie klang eher skeptisch. »Sollen wir mal einen Blick hineinwerfen?«
»Wow!«, stieß Harry aus. »Jetzt weiß ich, was Sie meinen.«
»Ich könnte Ihnen am Tisch einen Platz freiräumen.«
»Und wo wollen Sie sitzen?«
»Vielleicht schaffe ich erst mal ein wenig Ordnung. Auch wenn ich nicht weiß, wo ich anfangen soll.«
»Was halten Sie davon, wenn ich das Abspülen übernehme?«
»Das kommt überhaupt nicht infrage.«
»Warum nicht? Ich spüle gerne ab. Gibt es hier irgendwo Gummihandschuhe in meiner Größe?«
»Nein.«
»Doch. Hier sind welche.« Er streifte sie über. »Perfekt. Schon kann’s losgehen.«
»Ich finde das völlig unmöglich.«
»Sie meinen, unpassend?«
»Ja.«
»Es ist Ihnen peinlich.«
»Ja.«
Er zog die Handschuhe wieder aus. »Ich wüsste nicht, was daran peinlich sein sollte. Wie wär’s, wenn Sie uns erst mal einen Tee machen?«
»Mir ist nicht nach Tee.«
»Möchten Sie lieber ein Glas Wein? Ich sehe hier mindestens vier offene Flaschen herumstehen.«
»Also gut, ich mache uns Tee, und Sie setzen sich währenddessen an den Tisch.«
Sie räumte den Aschenbecher, die Weingläser, die Teebecher und mehrere schmutzige Teller vom Tisch und stapelte anschließend die Zeitungen und Zeitschriften. Dabei stieß sie auf etliche ungeöffnete Briefe, allem Anschein nach Rechnungen, die sie zur Seite legte, damit Olivia sie sich später ansehen konnte. »So, jetzt können Sie Platz nehmen.«
»Sie sind ganz schön stur.«
»Ja. Ich wische nur noch schnell den Tisch ab.«
»Währenddessen setze ich das Teewasser auf, ja?«
»Fühlen Sie sich immer gleich so zu Hause?«
»Tue ich das?« Er wirkte überrascht. »Keine Ahnung.«
Frieda machte eine Kanne Tee, und Harry Welles öffnete seine Aktenmappe und holte ein paar Unterlagen heraus, erweckte dabei aber nicht den Eindruck, als hätte er große Lust zu arbeiten.
»Was machen Sie beruflich?«, fragte Frieda ihn schließlich.
»Ich bin Finanzberater. So, nun ist es heraus. Mehr will meist keiner wissen.«
»Was für Leute beraten Sie denn?«
»Alle möglichen. Manche, die zu viel Geld haben und nicht wissen, auf welchen Schwarzgeldkonten sie es verstecken sollen, aber auch viele, die zu kämpfen haben und nicht über die Runden kommen. Ich kümmere mich sogar um ein paar Sozialfälle. Sie können sich gar nicht vorstellen, in welches finanzielle Schlamassel sich manche Leute hineinmanövrieren.«
»O doch, das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen.«
»Aber Sie nicht. Ich meine, Sie haben bestimmt keine Geldprobleme.«
»Nein.«
»Natürlich nicht. Wie ich höre, sind Sie Therapeutin.«
»Ja.«
Viele Leute reagierten auf ihren Beruf mit der halb scherzhaften, halb nervösen Frage, was sich denn aus ihrem Verhalten und Gebaren herauslesen lasse, als wäre Frieda mit einer Art übersinnlichem Röntgenblick ausgestattet. Harry Welles stützte das Kinn auf die Hände und musterte sie einen Moment eindringlich. »Ja«, sagte er dann, »ich kann nachvollziehen, warum Ihre Patienten Ihnen vertrauen.« In beiläufigem Ton fügte er hinzu: »Hätten Sie Lust, am Freitagabend mit mir essen zu gehen?«
Frieda reichte ihm seinen Tee. »Ja, warum nicht?«
»Gut. Ich suche uns ein schönes Lokal aus. Wie lautet Ihre E-Mail-Adresse?«
Sie nannte sie ihm. Nachdem er sich die Adresse notiert hatte, schlug er eine Aktenmappe auf, griff nach einem Stift und begann zu arbeiten. Frieda lächelte in sich hinein und nahm einen besonders verkrusteten Topf in Angriff.
31
F rieda machte für sich selbst schwarzen Tee und für Aisling Wyatt grünen. Als Frieda ihn ihr reichte, legte Aisling sofort beide Hände um den heißen Becher.
»Bei der Kälte draußen«, erklärte sie, »muss ich mich erst mal aufwärmen. Ich friere schon den ganzen Winter, ständig ist es so kalt. An manchen Tagen habe ich bei meinen Spaziergängen am Fluss fast damit gerechnet, dass er
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