Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
begann es langsam zu verspeisen, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. Sie zwang sich, den Daily Sketch -Artikel ein weiteres Mal aufmerksam zu lesen. Als sie bei der Passage über Janet Ferris angekommen war, hielt sie mit gerunzelter Stirn inne, schlug ihr Notizbuch auf und las nach, was sie nach ihrem ersten Besuch bei Janet vermerkt hatte: ihre Einsamkeit, ihre Zuneigung zu Poole, die sowohl romantische als auch mütterliche Züge trug, ihr Pflichtgefühl. Dahinter hatte sie in Klammern »Katze« geschrieben: Die Katze war sozusagen das Erbe gewesen, das Robert Poole Janet hinterlassen hatte. Indem sie sich um das Tier kümmerte, kümmerte sie sich in gewisser Weise weiter um ihn.
Frieda legte nachdenklich den Löffel weg. Eine Depression ist wie ein böser Fluch, ging ihr durch den Kopf, ein Fluch, der einen für alles andere blind macht. Man sieht keine Hoffnung und keine Liebe mehr, und man vergisst, dass auf den Winter stets der Frühling folgt. Obwohl Frieda darüber besser Bescheid wusste als die meisten anderen Menschen, ließ ihr die Sache mit der Katze keine Ruhe. Es irritierte sie, dass Janet Ferris, nachdem sie beschlossen hatte, ihrem Leben ein Ende zu setzen, nicht daran gedacht hatte, in der Futterschüssel der Katze einen Vorrat für sie zu hinterlassen oder das Fenster zu öffnen, damit sie hinaus konnte.
Schließlich stand Frieda auf, schlüpfte in ihre Jacke, legte das Geld für ihr Frühstück auf den Tisch und verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß. Draußen auf der Straße schlug ihr ein kühler, aber nicht unangenehmer Wind entgegen. Für gewöhnlich blieb sie am Sonntagvormittag viel länger in der Nummer 9, las dort gemütlich ihre Zeitungen und besuchte anschließend den Blumenmarkt in der Columbia Road. An diesem Tag aber marschierte sie stattdessen an Coram Fields vorbei und dann hinauf nach Islington, in Richtung Highbury Corner. Sie hatte keine Ahnung, ob Karlsson überhaupt zu Hause sein würde. Auf jeden Fall verschaffte ihr die Wanderung Zeit, ihre Gedanken zu ordnen, selbst wenn sie am Ende vor verschlossenen Türen stehen sollte. Bei einem Fußmarsch konnte sie immer am besten nachdenken. Sie sah die Häuser an sich vorbeiziehen, spürte den Asphalt unter den Füßen und ließ sich vom Wind das Haar aus dem Gesicht wehen und die Lungen mit frischem Sauerstoff füllen.
Schließlich erreichte sie das viktorianische Doppelhaus, in dessen Tiefparterre Karlssons Wohnung lag. Frieda war bisher erst ein einziges Mal dort gewesen. Als er ihr damals aufmachte, hielt er seine Tochter im Arm, die ihn wie ein kleiner Koalabär umklammerte. Heute war er allein. Er trug Laufshorts und ein schweißnasses Sportoberteil und hatte eine Flasche mit einem Energy Drink in der Hand.
»Möchten Sie erst duschen?«
»Ist etwas passiert?«
»Sie meinen, abgesehen von allem anderen?«
»Ja.«
»Ich weiß es nicht.«
»Geben Sie mir fünf Minuten. Aber jetzt kommen Sie erst mal rein.« Er führte Frieda über ein paar Treppenstufen in seine Wohnung hinunter. Dabei mussten sie ein kleines Dreirad und rote Gummistiefel umrunden. »Setzen Sie Wasser auf«, sagte er und verschwand.
Sie hörte Wasser prasseln und Türen auf- und zugehen. In dieser häuslichen, privaten Umgebung kam sie sich wie ein Eindringling vor. Krampfhaft versuchte sie, den Blick von all den Fotos abzuwenden, die Karlsson-den-Ehemann, Karlsson-den-Vater und Karlsson-den-Freund zeigten. Sie füllte den Wasserkocher, schaltete ihn an, öffnete Schrankfächer, bis sie auf Kaffee und Tassen stieß, und beobachtete eine Blaumeise, die draußen im Vogelhaus hektisch auf ein Samenkorn einhackte.
»So«, sagte er, während er neben sie trat. Er trug eine Jeans und ein graues Hemd. Sein Gesicht war vom Duschen gerötet, sein Haar noch nass. »Für mich bitte mit Milch und einem Würfel Zucker.«
»Sie können sich Ihren Zucker selbst nehmen. Schließlich werden Sie heute nicht von den Kindern strapaziert.«
»Später«, antwortete er in ziemlich schroffem Ton.
»Ich halte Sie nicht lange auf.«
»Was ist der Grund für Ihr Kommen?«
Frieda ließ sich einen Moment Zeit. »Bevor ich irgendetwas anderes sage, sollte ich Sie wohl besser vorwarnen.«
»›Vorwarnen‹«, wiederholte Karlsson, »das verheißt nichts Gutes.«
»Reuben und Josef waren gestern Abend bei mir. Sie wollten mich trösten. Dabei haben sie ziemlich viel Wodka getrunken, und als sie dann wieder gingen, wartete draußen ein Fotograf, und …«
»Nein«, fiel ihr
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