Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
Gefühl, dass er ebenfalls lange überlegt hatte, was er anlässlich ihres Besuchs anziehen sollte, und fast zu dem gleichen Ergebnis gekommen war wie sie. Sie sahen beinahe aus wie Zwillinge, dachte sie und schauderte, weil sie an Alan und Dean denken musste.
»David«, sagte sie. Dabei lächelte sie nicht, und sie trat auch nicht auf ihn zu, um ihn zu umarmen. Sie gab ihm nicht einmal die Hand, sondern musterte ihn nur.
»Tja.« Er stand ebenso steif da wie sie. Während sie einander anstarrten, registrierte Frieda ein leichtes Zucken an seiner Wange, das sie als Zeichen von Nervosität deutete. »Was für eine Ehre, Frau Doktor Klein.« Er betonte das »Doktor«, als wollte er sie verspotten.
»Darf ich reinkommen?«
Er machte ihr Platz, und sie betrat eine geräumige Diele. Den Holzboden zierte ein Läufer, auf einer Truhe stand eine Vase mit Frühlingsblumen, und an der Wand hing ein Porträt. Sie war fest entschlossen, sich dieses Bild nicht anzusehen, sie durfte auf keinen Fall … Standhaft vermied sie es, den Blick darauf zu richten, während sie David ins Wohnzimmer folgte.
»Gerade habe ich eine Kanne Kaffee gemacht«, sagte er. »Nachdem du gesagt hast, du würdest um halb vier da sein, wusste ich ja, dass ich die Uhr nach dir stellen kann. Pünktlich wie immer. Manche Dinge ändern sich nie.«
Frieda unterdrückte den Impuls, seinen Kaffee auszuschlagen, und nahm im Wohnzimmer Platz, während er in die Küche ging und wenige Augenblicke später mit zwei Tassen zurückkehrte.
»Schwarz, wie immer?«
»Ja.«
Beruhigt stellte sie fest, dass ihre Hände kein bisschen zitterten, als sie den ersten kleinen Schluck nahm. Der bittere, mineralische Geschmack des Kaffees breitete sich in ihrem Mund aus.
»Na, behandelst du immer noch die Leiden der Reichen?«
»Ich arbeite nach wie vor als Psychotherapeutin, falls du das meinst.«
»Ich habe über dich in der Zeitung gelesen.« David ließ den Blick über ihr Gesicht gleiten, um ihre Reaktion zu sehen. Frieda empfand seine Bemerkung wie einen Messerstich. »Sehr interessant«, fügte er hinzu.
»Ich bin hier, um mit dir über Chloë zu sprechen.«
Davids eben noch lächelnder Mund wurde schmal und gerade. »Geht es dabei um die Unterhaltszahlungen für Olivia?«
»Nein.«
»Ich habe nämlich genug von ihren Klagen, und von den Briefen ihrer Anwältin auch. Wer ist überhaupt diese Tessa Welles, die da plötzlich aus heiterem Himmel auftaucht? Ich nehme an, das habe ich dir zu verdanken.«
»Olivia braucht Hilfe. Aber das ist nicht …«
»Olivia soll sich endlich mal zusammenreißen. Ich habe nicht vor, sie weiterhin beim Faulenzen zu unterstützen. Punkt.«
Frieda sah ihn nur an.
»Ich weiß, was du denkst.« Er beugte sich vor. Sie konnte die kleinen Fältchen rund um seine Augen sehen, die goldenen Einsprengsel in der Iris, den leicht grausamen Schwung seiner Lippen, die immer noch pulsierende Vene an seiner Wange. Sie konnte ihn auch riechen – Rasierwasser und Kaffee, aber zusätzlich noch etwas anderes, jenen besonderen Geruch, den er schon gehabt hatte, als er noch der kleine Junge war, der so gern sein Plastiklineal von hinten an ihr Bein klatschen ließ.
»Du lebst hier in diesem schönen Haus, nur einen Katzensprung von Cambridge entfernt«, entgegnete sie. »Der Teppich da ist neu, und du trägst eine Uhr, mit der man problemlos Chloës erstes Jahr an der Uni bezahlen könnte. Draußen ist ein Gärtner damit beschäftigt, dein Blumenbeet zu jäten. Niemand verlangt von dir, dass du großzügig bist, aber sei doch wenigstens fair.«
»Olivia war ein Fehler. Sie ist ein primitives, chaotisches, selbstsüchtiges Frauenzimmer. Und einen Dachschaden hat sie meiner Meinung nach auch. Ich bin froh, sie los zu sein.«
»Du hast eine Tochter mit ihr.«
»Die ganz nach ihrer Mutter schlägt«, gab David zurück. »Du solltest mal hören, wie sie mit mir spricht. Als würde sie mich verachten.«
»Vielleicht tut sie das ja.«
»Bist du die ganze Strecke herausgefahren, um mich zu beleidigen?«, fragte er und fügte dann in sanftem Ton hinzu: »Freddy?«
Früher war dieser alte Spitzname vielleicht liebevoll gemeint gewesen, aber dem war schon lange nicht mehr so.
»Sie ist in der Pubertät.« Frieda bemühte sich um einen ruhigen Ton und eine gelassene Miene. »Für einen Teenager ist das Leben sogar in guten Zeiten schwer. Überleg doch mal: Du hast ihre Mutter wegen einer Jüngeren verlassen, und sie hast du auch verlassen. Du drehst
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