Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
ihnen den Geldhahn zu, und sie muss mit ansehen, wie ihre Mutter vor die Hunde geht. Du verbringst nur wenig Zeit mit ihr, und manchmal vereinbarst du etwas mit ihr und hältst dich dann nicht daran. Du fährst mit deiner neuen Frau groß in Urlaub und nimmst deine Tochter nicht mit. Du vergisst ihren Geburtstag. Du gehst nicht zu ihren Elternsprechtagen. Und da wunderst du dich, wenn sie dich verachtet?« Sie hielt ihn mit einer Handbewegung davon ab, sie zu unterbrechen. »In Chloës Alter ist es viel einfacher, Zorn und Verachtung zu empfinden, als sich mit Angstgefühlen und dem eigenen Elend auseinanderzusetzen. Denn das ist es, was ihr in Wirklichkeit zu schaffen macht. Deine Tochter braucht einen Vater.«
»Fertig?«
»Nein. Aber ich möchte hören, was du zu sagen hast.«
David stand auf und trat ans Fenster. Selbst sein Rücken wirkte wütend – trotzdem konnte Frieda sich plötzlich wieder ganz genau erinnern, wie es gewesen war, auf diesen Schultern zu sitzen und sich mit einer Hand an seinem Kopf festzuhalten, während sie mit der anderen eine Frucht vom hintersten Baum des Gartens pflückte. Sie konnte das kühle Gewicht der Pflaume in ihrer Hand fast spüren, den Hauch der Schale an den Fingern fühlen. Benommen blinzelte sie die Erinnerung weg und wartete, bis David sich wieder umdrehte.
»Ich weiß wirklich nicht, woher du das Recht nimmst, dich hier in diesen Raum zu setzen und mich darüber zu belehren, wie Teenager empfinden und was Eltern zu tun haben.«
Er wollte sie verletzen.
»Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, warst du jedenfalls noch nicht Mutter. Wie alt bist du inzwischen? Nicht allzu weit von der Vierzig entfernt, oder?«
»Es geht um Chloë.«
»Es geht darum, dass du dir nach allem, was passiert ist, immer noch das Recht herausnimmst, hier bei mir zu erscheinen und mir zu sagen, was ich zu tun habe.«
»Nur in Bezug auf deine Tochter. Wer soll es dir denn sonst sagen, wenn nicht ich? Bevor es zu spät ist!«
»Was glaubst du denn, dass sie tun wird? Sich die Pulsadern aufschneiden?«
Sie bedachte ihn mit einem derart bösen Blick, dass er sichtlich zusammenschrak. »Ich weiß nicht, wozu sie in ihrer Verzweiflung fähig sein könnte«, erklärte sie, »und ich will es auch nicht herausfinden. Ich möchte, dass du ihr hilfst.« Sie holte tief Luft, ehe sie hinzufügte: »Bitte.«
»Ich werde Folgendes tun«, antwortete er, »aber nicht, weil du mich darum gebeten hast, sondern weil ich es ohnehin schon beschlossen hatte. Ich werde dafür sorgen, dass Chloë und ich uns jedes zweite Wochenende sehen: Samstagnachmittag bis Sonntagnachmittag – vierundzwanzig Stunden. In Ordnung?« Er griff nach seinem elektronischen Terminplaner und begann ganz geschäftsmäßig irgendwelche Tasten zu drücken. »Allerdings noch nicht nächstes und übernächstes Wochenende. Wir können Anfang April damit beginnen. Richtest du es ihr aus?«
»Nein. Du musst sie schon selber fragen, ob ihr das so recht ist. Sie ist siebzehn. Sprich mit ihr, und hör ihr gut zu.«
Er knallte den Terminplaner so heftig auf den Tisch, dass seine Kaffeetasse einen Satz machte.
»Und bitte sag ihr nicht, dass ich hier war. Sie fühlt sich sonst nur gedemütigt. Sie muss das Gefühl haben, dass es wirklich dein Wunsch ist, sie zu sehen.«
Eine Tür schlug zu, und jemand rief seinen Namen. Ein paar Augenblicke später trat eine hübsche junge Frau in den Raum. Sie hatte blondes Haar und lange Beine. Frieda schätzte sie auf Ende zwanzig, auch wenn ihre Aufmachung sie jünger wirken ließ – eher wie Chloës Generation, dachte Frieda.
»Oh«, sagte sie, sichtlich überrascht, und legte dabei eine Hand an den Bauch. »Entschuldigung.« Sie sah David fragend an.
»Das ist Frieda«, erklärte er.
»Du meinst … die Frieda?«
»Ja. Das ist meine Frau Trudy.«
»Ich bin schon am Aufbrechen«, sagte Frieda.
»Lassen Sie sich von mir nicht stören.« Sie griff nach den beiden Kaffeetassen, wobei sie eine seltsame kleine Grimasse zog, als wäre sie leicht angewidert, und verließ den Raum.
»Weiß Chloë es schon?«, fragte Frieda.
»Was?«
»Dass sie ein Geschwisterchen bekommt.«
»Woher, zum Teufel …?«
»Du musst es ihr sagen.«
»Ich muss gar nichts.«
»O doch.«
Sie ging zu Fuß zurück zum Bahnhof. Bis zu Sashas Geburtstagsfeier hatte sie noch eine Menge Zeit. Obwohl es ein grauer, nebliger Tag war und noch dazu nach Regen aussah, brauchte sie jetzt den reinigenden Wind. Sie fühlte sich
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