Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
ganz schrecklich, regelrecht beschmutzt. Während sie die von kahlen Bäumen und matschigen Feldern gesäumte Straße dahineilte, war ihr anfangs so übel, dass sie schon befürchtete, sich tatsächlich übergeben zu müssen, doch dann legte sich der Aufruhr ihrer Gefühle langsam wieder – wie aufgewühlter Schlamm, der zurück in die Dunkelheit sank.
Als Sasha ihre Haustür öffnete, sah sie sich einem Paar gegenüber, das sie nicht kannte. Sie empfand einen Anflug von Panik. Waren das alte Freunde, die sie vergessen hatte? Die Mienen der beiden wirkten fröhlich, fast verschmitzt, als wären sie Teil eines Streichs, den man ihr anlässlich ihres Geburtstags spielte. Der Mann streckte ihr die Hand hin.
»Ich bin Harry Welles, ein Freund von Frieda.«
Ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf Sashas Gesicht aus.
»Frieda hat Sie angekündigt. Sie hat mir schon alles über Sie erzählt.«
»Fragt sich nur, was ›alles über mich‹ nach Friedas Meinung bedeutet. Muss ich mir Sorgen machen?« Grinsend fuhr Harry fort: »Zur Verstärkung habe ich meine Schwester Tessa mitgebracht. Ist das in Ordnung?«
»Großartig.« Sasha trat zur Seite. »Herein mit euch, draußen ist es so kalt. Sucht euch oben ein Plätzchen für eure Mäntel, und dann gesellt euch zu uns.«
Gemeinsam stiegen die Geschwister die Treppe zu einem kleinen Schlafzimmer hinauf, wo sich auf dem Bett bereits Mäntel und Jacken türmten. Harry griff nach einem gerahmten Foto, das auf dem kleinen Nachttisch stand: Sasha und eine andere junge Frau Arm in Arm vor einem Zelt, beide in Shorts und Wanderstiefeln. »Glaubst du, sie ist lesbisch?«, fragte er.
Tessa nahm ihm das Bild aus der Hand und stellte es an seinen Platz zurück.
»Willst du ihr auch noch den Hof machen?«, fragte sie.
»Ich hatte dabei eher an dich gedacht«, konterte er, woraufhin sie ihm einen spielerischen Klaps verpasste. Sie begaben sich wieder nach unten, wo ihnen aus dem Wohnzimmer die Musik und das Stimmengewirr der Party entgegenschlugen. Als sie hineingingen, war Tessas Blick auf Harry gerichtet. Er sah gut aus und schien sich in seiner Haut wohlzufühlen. Sein Blick wirkte liebenswürdig und offen. Kein Wunder, dass Frieda ihn mochte.
Sie entdeckte Frieda in einer Ecke des Raums, mit einem Glas in der Hand, dessen Inhalt nach Mineralwasser aussah. Sie trug ein moosgrünes Kleid, das leicht schimmerte, wenn sie sich bewegte. Tessa registrierte ihre wohlgeformten Beine, die schlanke Figur und die aufrechte Haltung. Sie unterhielt sich gerade mit einem älteren Mann mit grauem Haar und einem schmalen, unrasierten Gesicht. Zu einer zerschlissenen Jeans trug er ein wunderschönes gemustertes Hemd und um den Hals einen bunten Baumwollschal. Entweder so ein exaltierter Künstler, der ab-strakte Bilder malte, oder auch ein Psychotherapeut, mutmaßte Tessa, während sie mit Harry auf die beiden zusteuerte. Sie schienen gerade ein ernsthaftes Gespräch zu führen, wenn nicht sogar ein Streitgespräch.
»Stören wir?«, fragte Harry.
»Frieda hat Probleme damit, wenn ihre Freunde ihr helfen«, antwortete der Mann.
»In Wirklichkeit hat Frieda damit nur dann Probleme«, widersprach Frieda, »wenn ihre Freunde bei dem Versuch, ihr zu helfen, knapp der Verhaftung entgehen.«
»Der Verhaftung?«
»Fragen Sie lieber nicht!«, meinte Frieda.
Harry küsste sie zur Begrüßung auf die Wange – erst auf die eine und dann etwas länger auf die andere. Sie wich nicht zurück, sondern legte ihm sogar eine Hand auf den Arm, so dass er gar nicht anders konnte, als an ihrer Seite zu bleiben. Sie lächelte Tessa an, deren Gegenwart sie nicht zu überraschen schien, und stellte die beiden dann Reuben vor.
»Reuben McGill, das sind Harry und Tessa Welles.«
»Bruder und Schwester«, erklärte Harry.
»Das brauchen Sie gar nicht dazusagen, das sieht sowieso jeder«, meinte Reuben.
»Wirklich?«
»Ja, an den Wangenknochen«, erklärte Reuben, »und an den Ohren. Spätestens dann ist alles klar.«
»Reuben ist ein Kollege von mir«, sagte Frieda. Gleichzeitig hob sie eine Hand, um eine Frau mit olivfarbener Haut zu begrüßen, die einen wild gemusterten Schal um ihr dunkles Haar geschlungen und türkisgrünen Lidschatten aufgelegt hatte. Leicht schwankend kam sie zu ihnen herüber. »Und hier ist noch eine weitere Kollegin von mir. Paz, das sind Harry und Tessa.«
»Ich bin schon betrunken«, verkündete Paz in feierlichem Ton, wobei sie sich sichtlich bemühte, jedes Wort
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