Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
üben. Ich ging davon aus, dass die Wyatts unschuldig waren, zog aber durchaus die Möglichkeit in Betracht, dass abgesehen von Harry und Tessa auch noch jemand anderer schuldig sein könnte. Wäre nicht auch beispielsweise Beth Kersey als Täterin infrage gekommen?« Sie rieb sich das Gesicht. »Deswegen habe ich Michelle Doyce als Köder benutzt. Was eigentlich unverzeihlich ist.«
»Sie sind davon ausgegangen, dass die beiden versuchen würden, sie zu töten, um sich selbst zu schützen?«, fragte Munster.
»Zumindest habe ich es ihnen zugetraut«, antwortete Frieda. »Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie auf den Geschmack gekommen waren. Ich könnte mir vorstellen, dass es leichter wird, einen Mord zu begehen, wenn man es schon ein-, zweimal getan hat.«
»Dann wäre dieser Fall also gelöst«, stellte Karlsson fest. »Wir haben die Mörder von Robert Poole und Janet Ferris gefunden. Die einzige Person, die wir nicht gefunden haben und auch nie finden werden, ist Robert Poole selbst. Das war ja noch nicht mal sein richtiger Name, und Edward Green hat er auch nicht geheißen. Der Mann bleibt ein Rätsel, eine Leerstelle.«
»Vielleicht hatte er deswegen so viel Erfolg mit dem, was er tat«, fügte Frieda hinzu. »Er wurde für seine Opfer genau der, den sie sich wünschten – eine Art Spiegel, aus dem ihnen die Person entgegenblickte, die sie sehen wollten. Für Mary Orton war er der liebe Sohn, den sie nicht hatte, für Aisling Wyatt der Geliebte, den sie in ihrem Mann nicht mehr fand, und für Jasmine Shreeve der Busenfreund und Beichtvater. Er war alles und nichts zugleich, der perfekte Betrüger. Ich frage mich, wer er seiner eigenen Einschätzung nach war und was er wohl gesehen hat, wenn er in den Spiegel blickte, den er sich selbst hinhielt. Ob er da überhaupt irgendetwas gesehen hat?«
»Eigentlich sollten wir jetzt ins Pub gehen und feiern«, meinte Karlsson.
»Außerdem frage ich mich die ganze Zeit«, fuhr Frieda unbeirrt fort, »was er wohl für Beth Kersey war. Sie geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Wo ist sie? Lebt sie noch? Poole suchte nach den wunden Punkten der Menschen – nach Dingen, die sie bedauerten, oder Bereichen, in denen sie gescheitert waren. Die Verwundbarkeit einer Frau wie Beth Kersey liegt aber auf einer ganz anderen Ebene.«
»Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Frieda«, antwortete Karlsson, »außer ob Sie Lust haben, mit uns auf einen Drink zu gehen.«
»Nein«, entgegnete Frieda, »ich muss zu Lorna Kersey.«
Als sie das Büro verließ, sah sie Polizeichef Crawford und Jake Newton am anderen Ende des Gangs stehen. Newton warf ihr einen raschen Blick zu und wandte dann den Kopf ab.
49
E ine Frau brachte ihnen Kaffee ins Gartenhäuschen. Draußen war ein Mann damit beschäftigt, die Rosen zurückzuschneiden und hier und da einen Ast festzubinden. Frieda konnte kaum glauben, dass sie sich mitten in London befanden.
»Ich dachte, Sie würden Neuigkeiten bringen«, sagte Lorna.
»Ich bin gekommen, weil ich Ihre Hilfe brauche«, erwiderte Frieda.
»Im Zeitalter von Handy und Internet dürfte es doch kein so großes Problem sein, einen Menschen aufzuspüren.«
»Darum geht es gar nicht. Soweit es die Polizei betrifft, handelt es sich bei Ihrer Tochter um eine erwachsene Frau, die jederzeit von zu Hause verschwinden und untertauchen kann, wenn ihr danach zumute ist.«
»Aber sie ist keine erwachsene Frau«, widersprach Lorna, »oder zumindest keine gesunde.«
»Deswegen bin ich hier«, erklärte Frieda. »Ich brauche mehr Informationen über ihren Geisteszustand. Sie hatten mir ja schon von ihren schizophrenen Phasen erzählt, aber dabei kann es sich um alles Mögliche handeln, angefangen bei leichten Wahnvorstellungen bis hin zum totalen Autonomieverlust. In einem solchen Zustand wird man unter Umständen zur Gefahr für sich selbst und andere. Zum Beispiel würde ich gerne von Ihnen wissen, ob Sie sich jemals von Ihrer Tochter bedroht gefühlt haben.«
»O nein«, antwortete Lorna, »uns ist sie nie mit offener Feindseligkeit begegnet, oder so gut wie nie. Ganz im Gegenteil, sie hat immer versucht zu helfen. Das war genau ihr Problem. Als Teenager hat sie einmal versucht, ihr Zimmer selbst zu streichen.«
»Das klingt doch gar nicht so schlecht«, wandte Frieda ein.
»Es war die Art, wie sie es tat. Sie richtete ein schreckliches Chaos an, aber dabei schwang immer noch etwas anderes mit, irgendetwas Beängstigendes.« Lorna griff nach ihrer
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