Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
Frieda. »Ihr dürft nicht vergessen, dass die beiden extrem unter Druck standen. Ein Stockwerk tiefer hing eine Leiche von der Decke. Sie mussten improvisieren und ein Problem nach dem anderen lösen – was ihnen meiner Meinung nach recht gut gelungen ist. Vermutlich gab es aber noch einen anderen Grund für ihre Vorgehensweise: Indem sie sämtliche Bilder umhängten, verschleierten sie, um welches es eigentlich ging.«
»Ich glaube, ich verstehe es erst, wenn ich es schwarz auf weiß sehe«, meinte Munster.
»Die Alternativtheorie wäre, dass Poole einfach seine Bilder umhängen wollte«, meldete Yvette sich zu Wort.
»Das dachte ich zuerst auch«, antwortete Karlsson. »Deswegen haben wir uns heute Morgen Tessa Welles’ Wohnung vorgenommen. Wir haben das Gemälde gefunden – das echte mit der verdammten Pinie und dem Mond. Es ist gerade unten bei der Spurensicherung, wo die Kollegen es gründlich unter die Lupe nehmen. Inoffiziell weiß ich bereits, dass etliche Fingerabdrücke auf dem Rahmen sind.«
»Die beiden wären also ungeschoren davongekommen, wenn sie nicht den Fehler mit den verfluchten Gemälden gemacht hätten?«, fragte Munster.
»Nein. Da passten viele Kleinigkeiten nicht so recht zusammen, auch wenn mir das anfangs nur vage bewusst war«, antwortete Frieda. »Bei allen anderen Leuten, die Poole kennenlernte, entdeckte er rasch die wunden Punkte. Auf diese Weise kam er den Leuten nahe, ging ihnen sozusagen unter die Haut. Mit Tessa war es andersherum: Sie ging ihm unter die Haut. Das fand ich interessant. Und dass Tessa und ihr Bruder so versessen darauf waren, mit mir in Kontakt zu treten, erschien mir ein bisschen seltsam. Das mag sich jetzt verrückt anhören, aber irgendwie kam es mir so vor, als wollten sie an den Ermittlungen teilhaben.«
»Das klingt überhaupt nicht verrückt«, widersprach Karlsson. »Wir lernen das im Rahmen unserer Ausbildung: Es kommt gar nicht so selten vor, dass Täter sich im Randbereich der Ermittlungen herumtreiben oder sogar versuchen, daran teilzuhaben. Das hat mit Kontrolle zu tun. Zumindest steht es so im Lehrbuch.«
»Den Geschwistern Welles ging es absolut um Kontrolle«, bestätigte Frieda. »Für mich roch das alles irgendwie nicht koscher, aber der entscheidende Punkt war, dass wir die Halskette von Aisling Wyatt fanden.«
»Was den Verdacht auf die Wyatts lenkte«, warf Munster ein.
»Ganz im Gegenteil. Eigentlich war spätestens dann klar, dass es die Wyatts definitiv nicht gewesen sein konnten. Ich weiß natürlich, dass so mancher Mörder etwas am Tatort vergisst, aber doch keine teure Halskette. Dagegen passte sie genau in die Kategorie von Sachen, die Poole gerne mitgehen ließ. Bestimmt wollte er Tessa damit beeindrucken oder hat sie ihr sogar geschenkt.«
»Wie ist das Ding am Ende in der Wohnung von Michelle Doyce gelandet?«
»Ich bin die Strecke abgegangen: immer den Fluss entlang, von der Wohnung der Wyatts bis zu dem Haus, in dem Michelle Doyce wohnte. Tessa und Harry Welles müssen dieselbe Strecke mit dem Auto abgefahren sein. Sie wollten die Leiche möglichst nahe an der Wohnung der Wyatts deponieren, und die Howard Street ist die nächstgelegene Stelle, wo man mit dem Wagen in eine kleine Gasse biegen und eine Leiche ablegen kann, ohne gesehen zu werden. Aislings Kette haben sie dem toten Poole in die Tasche gesteckt. Offenbar hielten sie die Polizei für ziemlich dumm. Nur so lässt sich erklären, wieso die beiden es für nötig hielten, sie mit der Nase auf diese Spur zu stoßen.«
»Woher wussten Sie, dass Tessa eine Affäre mit Poole hatte?«
Frieda zuckte mit den Achseln. »Das war mehr oder weniger geraten«, antwortete sie. »Poole hat etwa ab dem Zeitpunkt, als er Tessa kennenlernte, nicht mehr mit Aisling Wyatt geschlafen. Deswegen hielt ich eine Affäre zwischen Tessa und ihm für ziemlich wahrscheinlich. Als Tessa meinen Verdacht dann als ›pornografische Fantasie‹ bezeichnete, wusste ich, dass ich richtig lag. Doch auch wenn ich wegen Tessa und Harry schon die ganze Zeit ein ungutes Gefühl hatte, war mir trotzdem klar, dass keiner dieser Punkte als richtiger Beweis gelten würde – nicht einmal die Tatsache, dass Harry mir gegenüber einmal von ›Bob‹ Poole gesprochen hatte. Sie mögen von mir denken, was Sie wollen, aber selbst ich bin mir darüber im Klaren, dass man in einem solchen Fall nicht nur seiner Intuition folgen kann. Man stellt sich sonst auf eine Stufe mit allen, die einfach Lynchjustiz
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