Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
um ihn, aber im Grunde kannten wir ihn kaum. Es muss Dutzende – nein, Hunderte – Leute geben, die ihn besser kannten als wir.«
»Nicht allzu oft.« Aisling ignorierte den Ausbruch ihres Mannes. »Sechs-, siebenmal. Er ist nur hin und wieder auf dem Weg zur Arbeit vorbeigekommen.«
»Wo genau hat er denn da gearbeitet?«
Sie zuckte mit den Achseln.
»Und woher kam er?«
»Habe ich das nicht schon gesagt? Von dort, wo er wohnte.«
»Tooting«, sagte Karlsson. »Was ja nicht gerade um die Ecke liegt.«
»Er hat nie behauptet, ganz in der Nähe zu wohnen.«
»Wie es aussieht, hat er überhaupt sehr wenig von sich erzählt«, erklärte Karlsson. »Wir wissen so gut wie gar nichts über ihn. Aber Ihre Namen standen in seinem Notizbuch. Das ist der Grund, warum wir mit Ihnen sprechen.«
»Warum hat er sich unsere Namen notiert?«
»Hat er je für Sie gearbeitet?«
»Ein paarmal hat er mir ein bisschen im Garten geholfen.«
»Haben Sie ihn dafür bezahlt?«
Die Wyatts sagten gleichzeitig Nein.
»Und sonst können Sie uns nichts über ihn berichten?«
»Wie gesagt, wir kannten ihn kaum.« Frank erhob sich. »Wir haben Ihnen alles erzählt, was wir wissen.«
»Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Das weiß ich nicht mehr so genau«, antwortete Frank. »Er hat einfach hin und wieder vorbeigeschaut.«
»Sie können sich also nicht daran erinnern?«
»Nein, tut mir leid.«
»Am einundzwanzigsten Januar«, sagte Aisling Wyatt.
»Das ist aber eine sehr genaue Angabe.«
»An dem Tag musste ich meinen Sohn ins Krankenhaus bringen. Ich habe ihm davon erzählt.«
»Am einundzwanzigsten Januar.«
»Ja. Es war ein Freitag.«
»Gut«, sagte Karlsson, »damit haben Sie uns sehr geholfen. Falls Ihnen sonst noch etwas einfällt …«
»Ja, ja.« Frank Wyatt wartete ungeduldig darauf, dass sie endlich gingen. »Dann melden wir uns. Selbstverständlich.«
»Wie schätzen Sie die beiden ein?«, fragte Karlsson, sobald sie im Auto saßen.
»Reich.«
»Das liegt auf der Hand.«
»Die Frau ist einsam.«
»Glauben Sie?«
»Ja. Außerdem haben die beiden sich nicht angesehen. Kein einziges Mal.«
Als Frieda an diesem Abend nach einem Essen mit Freunden ihre Haustür aufsperrte, klingelte drinnen das Telefon. Sie hatte den Anrufbeantworter nicht angeschaltet und schaffte es nicht mehr rechtzeitig, doch bevor sie auf die Wahlwiederholungstaste drücken konnte, begann es erneut zu klingeln.
»Ja? Hier ist Frieda.«
»Mein Gott, endlich! Wo warst du denn? Ich versuche schon den ganzen Tag, dich zu erreichen. Zu Hause, auf dem Handy, per E-Mail.«
»Hallo, Olivia.«
»Ich habe es sogar unter deiner Arbeitsnummer versucht.«
»Die ist nur für Notfälle gedacht.«
»Aber das ist ein verdammter Notfall! Ich werde bald auf der Straße sitzen, und Chloë auch.«
Frieda ließ sich nieder und hielt das Telefon ans andere Ohr. Nebenbei streifte sie ihre Stiefel ab und massierte sich die Füße. Sie war mehrere Kilometer nach Hause marschiert.
»Was ist los?«
»Was los ist? Dein Bruder ist los!«
»David.«
»Hast du sonst noch Brüder, mit denen ich verheiratet war und die jetzt versuchen, mein Leben zu ruinieren? Reicht es denn nicht, dass er mich wegen dieses Flittchens zutiefst demütigt, in die totale Einsamkeit treibt und sein einziges Kind im Stich lässt? Muss das jetzt auch noch sein?«
»Erzähl mir doch erst mal, was passiert ist.«
»Er hat gesagt, dass er mit einem Anwalt gesprochen hat und dass er die Zahlungen an mich reduzieren will.« Olivia sprach jetzt ganz schnell und schluchzte zwischendrin immer wieder weinerlich auf. Frieda vermutete, dass sie sich bei der Gelegenheit auch den einen oder anderen Schluck Wein hinter die Binde goss. »Darf er das denn, Frieda?«
»Wurden die finanziellen Aspekte bei der Scheidung denn nicht gerichtlich festgelegt?«
»Eigentlich schon. Dachte ich zumindest. Ach, ich weiß es nicht. Damals war ich so durcheinander, dass ich gar nicht klar denken konnte. Für Chloës Unterhalt zahlt er weiter, sagt er, aber er findet es nicht gerecht, dass er für mich auch zahlen soll. Er sagt, ich soll mir einen Vollzeitjob suchen. Kann er sich denn nicht denken, dass ich das schon die ganze Zeit versuche? Hat er nicht mitbekommen, dass wir in einer Wirtschaftskrise stecken? Was soll ich denn seiner Meinung nach tun? Ich bin einundvierzig und habe keinen richtigen Beruf. Ich bin alleinerziehende Mutter. Wirklich, Frieda, das ist eine brutale Welt da draußen.
Weitere Kostenlose Bücher