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Eisiger Schatten

Eisiger Schatten

Titel: Eisiger Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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den Platz herumstanden. Wieder andere schienen geradewegs aus dem spiegelglatten, eisigen Boden zu wachsen.
    Sie machten sich gegenseitig Zeichen, und ihre sich ständig verändernden Hände bildeten dabei stets unterschiedlich viele Finger.
    Offenbar war das tatsächlich eine Art Zeichensprache, mit deren Hilfe sie sich verständigten.
    Daron kletterte vom Rücken des Riesenfledertiers, nachdem er Rarax noch einmal mit einem sehr eindringlichen Gedanken eingeschärft hatte, ruhig zu bleiben. Das Fledertier quittierte das mit einem tiefen Knurrlaut, der wie ein unterdrückter Protest klang.
    „Was hast du vor?“, fragte Sarwen.
    „Ich will ihnen zeigen, dass ich mit ihnen reden will“, antwortete ihr Bruder, „oder wie immer man die Verständigung mit ihnen auch nennen mag.“
    Er hob die Hände und hielt dabei jeweils unterschiedlich viele Finger hoch.
    „Ach Daron, das ist doch genauso unverständlich wie wirres Kauderwelsch, wenn du versucht, eine Zeichensprache zu imitieren, die dir völlig unbekannt ist.“
    „Mal abwarten, Schwesterherz.“
    Er ließ die Hände schließlich wieder sinken.
    Zunächst geschah nichts, was irgendwie darauf hindeutete, dass die Zeichen, die Daron gemacht hatte, überhaupt beachtet worden waren.
    Vielleicht war ich doch auf dem Holzweg!, ging es ihm durch den Kopf. Er konzentrierte seine magischen Sinne, um herauszufinden, ob er vielleicht doch irgendetwas von den Gedanken dieser Wesen wahrnehmen konnte. Schließlich hatte das bei seinen ersten Begegnungen mit Eismenschen geklappt, auch wenn er die Gedankenbotschaft nicht verstanden hatte.
    Aber das Einzige, was er auf diese Weise erspüren konnte, war die große Verwirrung, die unter den Umstehenden herrschte.
    Daron nahm Lirandils Amulett hervor und sandte dabei sehr intensive Gedanken aus, indem er sich das Gesicht des Fährtensuchers vorstellte.
    „Ich glaube, Gesichter haben bei diesen Wesen keine so große Bedeutung wie bei uns“, meldete sich Sarwen wieder mit einem Gedanken bei ihm.
    „Aber sie verfügen über Magie, Sarwen. Vielleicht erkennen sie die magischen Spuren von Lirandil wieder, die diesem Amulett ebenso anhaften wie diesem Platz, denn immerhin war er hier.“
    „Ich weiß, Daron. Und Sandrilas auch. Genau dort, vor dem klaren Eiskristall, haben sie gestanden!“
    Wieder geschah eine Weile lang nichts, und Daron befürchtete schon, dass all ihre Bemühungen umsonst gewesen waren. Dann aber bildete sich eine Gasse zwischen all den Eismenschen unterschiedlicher Größe, und diese Gasse führte geradewegs zu dem großen Kristall, der kurz aufleuchtete und seine Form veränderte. Hatte er vorher noch zahllose Ecken und kleine Kanten gehabt, so flachten diese auf einmal ab, und er wurde zu einer vollkommen glatten Kugel aus glasklarem Eis, in deren Inneren hier und dort Blitze aufflackerten.
    „Das muss die Quelle ihrer Kraft sein“, glaubte Thamandor. Als er Sarwens Blick bemerkte, zuckte er mit den Schultern und murmelte: „Na ja, auch als magisch Unbegabter darf man ja seine Meinung haben, oder?“
    Der Waffenmeister war inzwischen ebenso wie Sarwen und Emwén von Rarax' Rücken gestiegen. Denn Flammenspeer hielt er schussbereit in den Händen.
    Emwén streckte die Hand in Richtung des Kristalls aus. „Sieht das nicht wie eine Einladung aus?“
    „Möglich“, antwortete ihr Sarwen.
    „Worauf wartet ihr dann noch, du und Daron? Ich werde dafür sorgen, dass Rarax ruhig bleibt, denn ich spüre bereits seine wachsende Unruhe. Sein Blut rauscht wie ein Wildbach in den Bergen von Hoch-Elbiana.“
    „Und ich werde darauf achten, dass wir nicht angegriffen werden“, versprach Thamandor. „Dieser Flammenspeer ist ausgesprochen zielsicher.“
    „Darauf sollten wir es besser nicht ankommen lassen!“, meinte Sarwen in Gedanken, sodass nur Daron es mitbekam.
    Einer der Riesen unter den Eismenschen trat aus der Menge hervor und machte ein paar Zeichen mit seinen sich ständig verändernden Händen, die zuerst jeweils sieben Finger und anschließend fünfzehn hatten, die sich immer paarweise umeinander schlangen und sich ineinander verdrehten wie die Stränge eines dicken Seils.
    Dann deutete er auf die Kugel aus Eis, und auf einmal nahmen Daron und Sarwen einen sehr klaren Gedanken auf.
    „Ihr mögt Euch nähern!“
    Die beiden Halbelben sahen sich kurz an und taten dann, wie ihnen geheißen. Vorsichtig traten sie auf den großen Eiskristall zu.
    Da erreichte sie ein weiterer Gedanke.
    „Warum lasst Ihr

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