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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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überblickte.
    Die Skistöcke waren eine gute Idee gewesen. Michael bezweifelte, dass er sich ohne sie hätte aufrecht halten können. Lawson mit seinem verletzten Knöchel wäre sicherlich gestürzt. Michael achtete darauf, immer ein paar Schritte hinter ihm zu bleiben, für den Fall, dass Lawson umfiel und ins Rollen geriet. Sobald der Wind einen erfasst und auf einer eisigen Stelle umgeworfen hatte, konnte man wie eine Bowlingkugel durch die Gegend rollen, bis man durch irgendein Hindernis aufgehalten wurde. Eines Morgens hatte Michael gesehen, wie ein Meteorologe namens Penske am Hauptgebäude vorbeigeweht wurde, bis er mit dem Fahnenmast kollidierte und sich verzweifelt daran festklammerte.
    Michael rieb mit einem Fäustling über die Schutzbrille, um den Schnee wegzuwischen. Er sollte eine Schutzbrille mit Scheibenwischern auf den Markt bringen, allein am Südpol könnte er ein Vermögen damit verdienen. Er hätte Lawson gerne gefragt, ob mit seinem Bein wirklich alles in Ordnung war oder ob sie lieber umkehren sollten, aber er wusste, dass der Wind ihm die Worte direkt aus dem Mund reißen würde. Die Temperatur war so
niedrig, dass die Zähne brechen konnten, wenn man den Mund zu lange offen ließ.
    Sie kamen am glaziologischen Labor vorbei, und Michael versuchte einen Blick auf Ollie zu erhaschen. Doch wenn der Vogel eines gelernt hatte, dann, dass er in einer Nacht wie dieser in seiner Kiste zu bleiben hatte. Sie passierten das meeresbiologische und klimatologische Labor, bis Michael sah, wie sich Lawson nach links wandte, auf einen rostigen Trailer zu, der wie ein alter roter Hahn auf den Schlackenblöcken hockte. Helles Licht schien durch die schmalen Fenster.
    Lawson blieb stehen, um sich seinen Knöchel am grob gezimmerten Holzgeländer zu reiben, das die Rampe sicherte, und winkte Michael zu, er solle vorgehen. Die Tür war eine eingedrückte, zerkratzte Metallplatte und mit den verblichenen Überresten von Abziehbildern einer Rockband bedeckt. Michael klopfte mit der Faust dagegen, stieß die Tür auf und trat ein.
    Auf der Stelle beschlugen die Brillengläser, so dass er die Schutzbrille hochschieben musste. Er teilte einen dicken Plastikvorhang, schob seine Kapuze zurück und fand sich in einem Wald aus Metallregalen und Vitrinen wieder. Alle waren mindestens einen Meter achtzig hoch und mit Proben einheimischer Moose und Flechten vollgestopft. An jedem Regal und jeder Schublade klebten kleine weiße Etiketten, die mit feiner Handschrift beschriftet waren. Leuchtstofflampen flackerten an der Decke, und irgendwo zwischen den unzugänglichen Archivregalen hörte er den blechernen Klang billiger Lautsprecher, aus denen eine endlose Jamsession ertönte.
    Und er hörte noch etwas. Ein tiefes, nasses Schmatzen. Als Lawson durch die Tür kam, bedeutete Michael ihm instinktiv, leise zu sein. Lawson sah ihn verwundert an, aber Michael gab ihm ein Zeichen, bei der Tür stehen zu bleiben. Dann machte er sich, die Skistöcke immer noch in der Hand, auf den Weg durch das Labyrinth aus Schränken. Konnte das einer der Hunde sein?
Oder mehr als einer? Sollte er sich lieber zurückziehen und den Chief anrufen, damit er Verstärkung schickte? Aber vielleicht steckte Ackerley in Schwierigkeiten und brauchte in diesem Moment Hilfe.
    Die Musik wurde lauter, ebenso wie das merkwürdige Schmatzgeräusch. Als würde jemand Suppe schlürfen. Oder Frühstücksflocken. War das die Erklärung? Ackerley, der, blind für die Welt, eine Schüssel Cornflakes aß und dabei zu lauter Musik ausflippte? Michael schob sich zwischen zwei hoch aufragenden Vitrinen hindurch. Auf der einen stand
Eismoräne, SW Quadrant
und auf der anderen
Proben aus Stromviken
. Jetzt vernahm er Kaugeräusche. Cornflakes waren das nicht. Eher ein Eintopf, vielleicht. Aber warum aß jemand irgendeine Scheiße aus der Mikrowelle in einem Laborwagen, wenn Onkel Barney beim Leichenschmaus heißen Maisgrieß servierte?
    Er spähte durch ein paar Regale und sah einen langen Labortisch, nicht viel anders als der in Darryls Labor, mit ein paar Spülbecken, einem Mikroskop und ein paar Flaschen mit Chemikalien. Aber auf dem Laborstuhl saß niemand. Als er genauer hinsah, stellte er fest, dass ein paar Topfpflanzen umgestürzt waren, ein Topf war sogar auf dem Boden zerbrochen. Ein iPod hing zwischen den winzigen Lautsprechern an einem Regal. Michael trat hinter den Regalen hervor und näher an den Labortisch heran. Die Essgeräusche kamen von der anderen Seite vom

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