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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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auf Sinclair und seine Kameraden zu. Eilig gab er den Befehl, die Dragoner in zwei Reihen antreten zu lassen. Die erste Reihe wurde aus den 17 . Lancers, den 13 . Leichten Dragonern und den 11 . Husaren gebildet, in der zweiten Reihe sammelten sich die 4 . Leichten Dragoner und der Großteil der 8 . Husaren. Währenddessen wurden die schweren Brigaden hinter ihnen zusammengezogen. Die berittene Artillerie, die unter normalen Umständen hätte folgen müssen, wurde nicht aufgestellt. Vielleicht, so folgerte Sinclair, weil das Tal vor ihnen zum Teil gepflügt und durchgehend schwer passierbar war.
    Sinclair schätzte, dass das Nordtal, in das die Brigade nun einzog, etwa zwei Kilometer lang und keine eineinhalb Kilometer breit war. Es war flach und eben, bot keinerlei Deckung und wurde auf drei Seiten von den Russen kontrolliert. Auf den Fedioukine-Hügeln im Norden machte Sinclair mindestens ein Dutzend Geschützstellungen aus, zusammen mit mehreren Infanterie-Bataillonen. Die Causeway-Höhen im Süden waren sogar noch furchterregender, mit mehr als dreißig Geschützen und einer Infanterieeinheit, die früher am Tag die Stellungen erobert hatte. Doch die größte Gefahr von allen wartete am Ende des Tales auf sie. Falls die Leichte Brigade diesen Punkt angreifen sollte, war ihnen nicht nur auf ganzer Strecke ein Spießrutenlauf aus den Geschützen gewiss, sie würden darüber hinaus geradewegs vor die Mündung von einem Dutzend Kanonen reiten, die von mehreren engen Reihen der russischen Kavallerie verteidigt wurden.
    Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Sinclair eine deutliche Todesahnung. Sie ließ ihn nicht erschaudern oder an Flucht denken, sondern war für ihn eine kalte, nüchterne Tatsache. Bis jetzt hatte er niemals ernstlich an seine eigene Verwundbarkeit geglaubt, auch wenn er erlebt hatte, wie andere am Wegesrand mit Cholera und Ruhr zusammenbrachen oder in den Bergen von Heckenschützen getroffen wurden. Er hatte sich unbesiegbar gefühlt. Niemand jedoch, der hinunter in das trostlose Nordtal blickte, konnte sich weiterhin solchen Illusionen hingeben.
    Sinclair ritt in der ersten Reihe, mit Rutherford zu seiner Linken und einem jungen Kerl namens Owen zur Rechten. Sergeant Hatch war in die zweite Reihe beordert worden.
    »Fünf Pfund«, sagte Sinclair zu Rutherford, »dass ich die Kanonen als Erster erreiche.«
    »Die Wette gilt«, erwiderte Rutherford. »Aber haben Sie überhaupt fünf Pfund?«
    Sinclair lachte und Owen gelang ein schwaches Lächeln, als er den Wortwechsel hörte. Er hatte ein fliehendes Kinn und ein dünnes Gesicht, und seine Haut war schneeweiß. Die Hand, mit der er die aufgerichtete Lanze umfasste, zitterte.
    Ein Horn ertönte, und wie alle um ihn herum versank Sinclair in Schweigen. Lord Cardigan ritt mehrere Längen vor der gesamten Kompanie, riss seinen Degen aus der Scheide und hob ihn in die Höhe. Mit ruhiger Stimme, die gleichwohl zu den Männern hinter ihm drang, rief er. »Brigade vorrücken. Schritt, Marsch, Sturm.«
    Das Horn erstarb, und erst als die Kavallerie sich mit hocherhobenen Lanzen in Bewegung setzte, bemerkte Sinclair die merkwürdige, fast unnatürliche Stille, die sich über das gesamte Tal gelegt zu haben schien. Kein Gewehrlärm war von den Hügeln zu hören, keine Kanonen dröhnten, keine Brise raschelte im kurzen Gras. Alles, was er vernahm, war das Knarren der Ledersättel und das Klirren der Sporen. Es war, als hielte die ganze
Welt den Atem an und wartete darauf, dass das Spektakel seinen Lauf nahm.
    Sinclair hielt die Zügel locker, doch er wusste, dass der Zeitpunkt bald kommen würde, in dem er seinen Griff verstärken und Ajax mitten in die Feuerhölle treiben musste. Das Pferd hob den Kopf, schnaubte in der frischen Luft und schien glücklich, zumindest auf ebener, festgestampfter Erde traben zu können. Sinclair versuchte, seinen Blick starr geradeaus auf Lord Cardigans schlanke Gestalt zu halten, der aufrecht im Sattel saß. Seinen mit Gold besetzten Mantel trug er nicht über der Schulter, wie es Sitte war, sondern als Jacke. Kein einziges Mal wandte er sich um, um seine Truppen zu beobachten, denn das wäre, wie jeder Kavallerist wusste, ein Zeichen der Unsicherheit gewesen. Lord Cardigan war sich seiner Sache absolut sicher. Was immer Sinclair und die anderen im Allgemeinen von ihm hielten, wie sie sich auch über seinen Hang zum Luxus und sein kleinliches Beharren aufs Protokoll lustig machten, er war ein beeindruckender Mann.
    Am anderen

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