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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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ab, dann fuhr sie fort: »Ich hätte schwören können, dass ich draußen im Sturm etwas gehört habe.«
    Michael wartete ab. Etwas in ihrer Stimme sagte ihm, dass da noch mehr kommen würde.
    »Und was hast du gehört?«, fragte Darryl.
    »Eine Stimme. Jemand hat etwas gerufen.«
    »Vielleicht war es der Todesengel«, sagte Darryl und beugte den Kopf über seinen Teller.
    »Was hat die Stimme denn gerufen?«, fragte Michael so beiläufig wie möglich.
    »Der Wind war ziemlich heftig, aber ich meine so etwas verstanden zu haben wie ›Gib es zurück!‹« Sie schüttelte den Kopf und widmete sich wieder ihrem Toast und dem Ei. »Ich fange an, die Autoalarmanlagen zu vermissen.«
    Michael bekam sein Essen kaum herunter, doch er beschloss, seine Meinung vorerst für sich zu behalten.
    »Das erinnert mich daran«, sagte sie und fischte eine Blutprobe in einem Plastikfläschchen aus der Manteltasche. »Ich brauche eine komplette Analyse hiervon.«
    Darryl sah nicht gerade begeistert aus. »Wie komme ich zu dieser Ehre?«
    »Weil dein Labor so phantastisch ausgestattet ist.«
    »Von wem stammt die?«, wollte er wissen.
    »Von einem der Hiwis«, sagte sie leichthin. »Keine große Sache.«
    »Wie es der Zufall so will«, sagte er und tupfte sich den Mund mit der Serviette ab, »habe ich auch ein paar Neuigkeiten.«
    Michael war sich nicht sicher, ob er Witze machte oder nicht.
    »Meine Freunde, ihr sitzt einem bedeutenden Entdecker gegenüber. In einer der letzten Fallen habe ich einen bislang unbekannten Fisch gefangen.«
    Auf einen Schlag hatte er Charlottes und Michaels ungeteilte Aufmerksamkeit.
    »Ist das dein Ernst?«, fragte Michael.
    Darryl nickte grinsend. »Er ist zwar eng mit dem
Cryothenia amphitreta
verwandt, der erst 2006 entdeckt wurde, aber dieses Exemplar ist bisher noch nirgendwo beschrieben.«
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?«, wollte Charlotte wissen.
    »Ich habe die präziseste Quellensammlung konsultiert, einen kleinen Wälzer mit dem Titel
Fische des Antarktischen Ozeans
, und darin ist er nicht aufgeführt. Allein die Kopfform habe ich noch nie zuvor gesehen. Er hat einen zweizackigen Kamm oberhalb der Augen, und eine violette Haube.«
    »Das ist ja phantastisch«, sagte Michael. »Wie wirst du den Fisch nennen?«
    »Bis auf weiteres heißt er
Cryothenia
– das bedeutet ›aus der Kälte‹ –
hirschii

    »Wie bescheiden«, sagte Charlotte lachend.
    »Was hast du?«, erwiderte Darryl. »Forscher benennen ständig irgendetwas nach sich selbst. Und ein gewisser Dr.Edgar Montgomery in Woods Hole wird garantiert stinksauer sein.«
    »Dann nichts wie ran«, sagte Michael.
    »Am liebsten würde ich schnell noch ein paar mehr Exemplare fangen. Es könnte sein, dass gerade ein ganzer Schwarm hier in der Nähe ist. Das Tier, das ich habe, muss ich sezieren, aber es wäre gut, ein paar mehr zu haben, die ich am Leben lassen kann.«
    »Vielleicht hast du ja Glück«, sagte Michael.
    »Murphy hat befohlen, dass alle in der Basis bleiben, bis der Sturm vorbei ist, aber wenn er mir erlaubt, nur bis zur Tauchhütte zu fahren, könnte ich noch ein paar Netze und Fallen auslegen. Ihr könnt gerne mitkommen, alle beide. Dann könnt ihr euren Enkelkindern erzählen, dass ihr dabei wart, als Geschichte geschrieben wurde.«
    Charlotte vernichtete noch etwas Eigelb und sagte: »So gerne ich mir auch den Arsch abfrieren würde, um angeln zu gehen, aber ich glaube, ich werde stattdessen noch eine Runde schlafen.«
    Michael dagegen war froh über jede Gelegenheit, um von der Basis fortzukommen, besonders jetzt, wo Eleanor tabu war. »Ich bin dabei«, sagte er. »Wann willst du los?«
     
    Eine Stunde später sausten sie auf einem Schneemobil übers Eis. Michael lenkte, und Darryl saß hinter ihm. Michael fuhr schon seit Jahren Schneemobil, und normalerweise machte es ihm Spaß und entspannte ihn. Doch in der Antarktis war es etwas anderes. Die Luft war so kalt, dass jeder ungeschützte Quadratzentimeter Haut erst wie Feuer zu brennen schien, um dann innerhalb von Sekunden taub zu werden. Er musste den Kopf tief über den Lenker beugen. Eine Skimaske bedeckte sein Gesicht, die Brille schützte die Augen, und die pelzbesetzte Mütze war fest um den Kopf gezogen.
    Zum Glück war es nur eine kurze Fahrt bis zur Tauchhütte. Sie war ebenfalls auf Schlackensteinen aufgebockt, und Michael ließ das Fahrzeug allmählich langsamer werden, bis es am Fuß der Rampe zum Stehen kam. Kaum war der Motor verstummt, übertönte

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