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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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anliefen.
    »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden.«
    Michael nickte, und als sie mit großen Schritten davoneilte, hörte er, wie sie nach links und rechts Kommandos rief.
    »Hier entlang«, sagte Kazinski und verschwand in der Luke. Michael wartete, bis Hirsch eingetreten war und folgte ihm. Der Gang war so eng, dass es nicht ganz einfach war, den riesigen Seesack hindurchzumanövrieren. Der Leinensack enthielt seine Kameraausrüstung, die er sorgfältig verpackt hatte, damit sie keinen Schaden nahm. Die Kameras und Objektive steckten in Metallkoffern, und diese wiederum waren in seine Kleidung eingewickelt, doch als Ergebnis war der Sack verdammt schwer.
    »Die
Constellation
«, sagte Kazinski gerade, »ist einer der größten Eisbrecher in der Flotte der Küstenwache. Sie wiegt mehr als dreizehntausend Tonnen und wird von einem halben Dutzend Dieselmotoren sowie drei Gasturbinen angetrieben. Wir führen über eine Million Liter Treibstoff mit uns. Sie hat fünfundsiebzigtausend PS und bringt es im offenen Meer auf siebzehn Knoten. Bei schwerem Seegang kann sie sich bis maximal neunzig Grad neigen.«
    Wie sich das wohl anfühlte? Michael hatte einige Unwetter vor Neuschottland und heftige Winde in der Nähe der Bahamas erlebt, aber noch nie war er bei Sturm auf einem Eisbrecher in der Antarktis gewesen.
    »Wie stehen die Chancen, dass wir das erleben?«, fragte Hirsch. »Dass wir uns neunzig Grad auf die Seite legen, meine ich.«
    »Das kann man nie sagen«, erwiderte Kazinski und trat über die Schwelle einer weiteren Luke. Dann warnte er sie: »Achtung, Stufe! Im Sommer ist das Meer hier nicht so schlimm wie im Winter, aber es ist immer noch Kap Hoorn. Alles kann passieren, jederzeit. Achtung, noch eine Stufe.«
    Er führte sie eine weitere kurze Metalltreppe hinab, und die Bullaugen verschwanden. Michael vermutete, dass sie sich nun unterhalb der Wasseroberfläche befanden. Die Luft wurde stickiger, feuchter und kälter. Die Leuchtstoffröhren an der Decke flackerten, und als sie ihren Weg nach achtern fortsetzten, begann der Boden stärker zu vibrieren, während der Lärm zunahm.
    »Da sind wir«, sagte Kazinski und duckte sich, als er die Kabine betrat. »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause.«
    Michael und Darryl folgten ihm, doch in dem kleinen Raum war kaum genügend Platz, damit alle drei darin stehen konnten. Zwei schmale Kojen waren an den gegenüberliegenden Wänden befestigt, die gestreiften Wolldecken darauf waren militärisch exakt ausgerichtet. Ein flacher Metalltisch an der Wand zwischen den Betten war heruntergeklappt. An der Decke befand sich eine fest eingebaute Lampe mit einer mattierten, aber hellen Glühbirne, und eine Sperrholztür führte ins Badezimmer. Es roch schimmelig.
    »Ist das die Luxussuite?«, frotzelte Michael, und Kazinski lachte.
    »Ja, Sir. Sie ist ausschließlich für hohen Besuch reserviert.«
    »Okay, wir nehmen sie.«
    »Gute Entscheidung. Es sind die letzten beiden freien Kojen an Bord, Sir.«
    Glücklicherweise schien es Darryl ebenfalls nichts auszumachen. Kaum war Kazinski verschwunden, öffnete er seine Reisetasche und begann ein paar Klamotten auf die rechte Koje zu werfen. Doch dann hielt er einen Moment inne. »Oder willst du die hier haben?«
    Michael schüttelte den Kopf. »Nimm sie.« Er ließ seinen Seesack von der Schulter auf die linke Pritsche gleiten. »Aber wenn sie uns abends Schokolade aufs Kopfkissen legen, kriegst du meine nicht.«
     
    Während Darryl auspackte, kramte Michael die Digitalkamera, die sich am besten für großartige Weitwinkelaufnahmen eignete, hervor und ging nach oben an Deck. Die
Constellation
hatte bereits abgelegt und fuhr langsam in südöstliche Richtung den Beagle-Kanal entlang. Die natürliche Wasserstraße war nach der HMS Beagle benannt, jenem Schiff, mit dem Charles Darwin 1834 diese Gewässer befahren hatte. Die Lufttemperatur war nicht allzu niedrig, vielleicht ein, zwei Grad über null, und da sich das Schiff noch im relativ geschützten Fahrwasser befand, war auch der Wind recht mild. Michael konnte ein paar Aufnahmen machen, ohne dass seine bloßen Finger taub wurden. Wahrscheinlich würde er die Bilder nicht für den Artikel verwenden, aber er machte gerne von jeder wichtigen Station seiner Reisen Bilder. Er benutzte sie als Erinnerungshilfe, wenn er den Text schrieb, und es überraschte ihn immer wieder, dass sich manches, an das er sich erinnerte, bei einem Blick auf die Bilder ganz anders darstellte. Er

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