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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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die leeren Hände aus. Die Raubmöwe stolzierte auf dem Boden vor ihm herum, ehe sie die Suche aufgab und wie eine Rakete in die Luft aufstieg. Michael beobachtete, wie sie den Platz überflog und dann in die Richtung verschwand, in der die Tauchhütte lag. In der Luft schlossen sich ihr mehrere andere Vögel an, und Michael kam sich dummerweise vor wie ein Vater, dessen Kind gerade von den anderen Kindern auf dem Spielplatz akzeptiert wurde.
    Von dem Platz hinter dem Hauptgebäude ertönte ein immer lauter werdendes Dröhnen, dann waren Murphy, Lawson und Franklin zu sehen, die jeder ein eigenes Schneemobil fuhren. Sie erinnerten Michael an eine Bande, besonders, da sie alle bewaffnet waren. Murphy trug seine Waffe in einem Holster, und der Lauf von Franklins Gewehr ragte aus dem Staufach.
    »Ich dachte, das sei ein Suchtrupp«, sagte Michael, »und kein Sondereinsatzkommando.«
    Der Chief warf ihm einen Blick zu, der sagte
Werd endlich erwachsen!
»Warst du nie bei den Pfadfindern? Sei stets auf alles vorbereitet!« Er zog eine Harpunenbüchse aus seinem Staufach und warf sie ihm zu. Michael stellte fest, dass Lawson ebenfalls eine trug. »Wenn wir nach Stromviken kommen«, erklärte Murphy über den Lärm der Motoren hinweg, »werden Franklin und ich uns vom Ozean her nähern, während Bill und du direkt auf die Flensdecks zuhaltet.« Ehe er das Visier seines Helmes herunterklappte, fügte er noch hinzu: »Und passt auf, wohin ihr fahrt. Ich habe letztes Jahr einen Beaker in einer Gletscherspalte verloren und habe keine Lust, noch jemanden zu verlieren.« Das Visier klappte nach unten, und eine Sekunde später brauste er mit ohrenbetäubendem Dröhnen über das Eis davon.
    Franklin setzte sich auf sein Arctic Cat und sagte: »Am besten, ihr folgt unserer Spur. Dann kannst du sicher sein, dass der Boden unter dir fest ist.«
    Lawson folgte als Dritter. Die Schneemobile waren leistungsstarke Maschinen, jede wog mehr als zweihundertfünfzig Kilo und hatte einen erhöhten geraden Lenker wie ein Mountainbike. Michael klappte das Visier seines Helmes mit dem übergroßen Seeschlitz aus nicht beschlagendem Kunststoff herunter und schwang sich auf den Sitz. Er zog stärker am Gashebel, als nötig gewesen wäre, und der Viertaktmotor heulte auf. Die Ketten gruben sich in den Schnee und er schoss auf Lawsons Spuren nach vorn. Die Maschine war nicht zu vergleichen mit dem Motorschlitten, den er als Jugendlicher besessen hatte, eines der ersten Ski-Doos. Auf dem Cat konnte er die gewaltige Kraft unter sich spüren, ganz zu schweigen von der robusten Federung. Er war daran gewöhnt, jede Delle im Eis und jede holperige Stelle auf dem unebenen Boden zu fühlen, doch mit dieser Maschine war es, als flöge er auf einem fliegenden Teppich über das Schneefeld.
    Er wusste, dass genau darin die Gefahr lag. Murphy, Franklin und Lawson rasten bereits in einer geraden Linie über das riesige
weiße Feld, doch jederzeit konnte aus dem Nichts eine Gletscherspalte auftauchen und einen von ihnen verschlingen. In der Schneeschule, gleich nach seiner Ankunft in Point Adélie, hatte Michael eine ausführliche Einweisung von Lawson erhalten. Auch wenn er sich nicht notwendigerweise an die genauen Unterschiede zwischen einer Rand- und einer Längsspalte oder einem Bergschrund erinnerte, so wusste er doch, dass sie oft unter dem Schnee vom letzten Jahr verborgen waren. Eine zerbrechliche weiße Brücke führte hinüber, die vielleicht einen Mann trug, um dann unter dem nächsten nachzugeben. Darunter offenbarte sich eine zerklüftete Eisschlucht mit blauen Wänden, die bis zu mehreren hundert Metern tief sein konnte. Am Grund, wo die Temperatur auf minus vierzig Grad abgekühlt war, befand sich eine Sohle aus gefrorenem Salzwasser. Nur sehr wenige Menschen, die in eine Gletscherspalte fielen, tauchten lebend wieder auf, wenn überhaupt.
    Michael versuchte den Spuren der anderen zu folgen, doch es war nicht immer ganz einfach, sie zu erkennen. Der Schnee blendete, und gelegentlich wurde ein Sonnenstrahl von den glitzernden Eiskristallen gebündelt und wie ein scharfer Lichtdolch zurückgeworfen. Er kauerte sich auf dem Sitz zusammen, damit der Windschutz den eisigen Wind abhielt. Der Helm leistete ebenfalls gute Dienste. Er war an Kinn und Wangen gepolstert, umschloss den ganzen Hals und dämpfte den Motorenlärm. Über mehrere Öffnungen wurde die Hitze und die Feuchtigkeit nach außen abgeführt, damit das Visier nicht beschlug. Michael musste

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