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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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ziemlich weit weg, irgendwo links von ihm, aber er war sich sicher, dass er sie wiederfinden würde. Vor der Tür hatte ein riesiger rostiger Anker gelegen.
    Mit der Harpunenbüchse in der Hand stapfte Michael weiter. Er fürchtete, dass das verdammte Ding losgehen könnte, falls er stolperte und fiel. Er ging an mehreren leeren Gebäuden vorbei, nicht ohne jedes Mal einen schnellen Blick hineinzuwerfen. Er sah von der Decke hängende Ketten und gefrorene Flaschenzüge, lange, zerschrammte Arbeitstische, Bügelsägen und riesige Kessel auf dicken eisernen Füßen. Die Gebäude schienen willkürlich und verstreut, doch er begriff jetzt, dass sie planmäßig angelegt waren. Man konnte es am Verlauf der Eisenbahnschienen erkennen, auf denen die Lastkarren gefahren waren. Alles war wie an einem primitiven Fließband angelegt, nur dass es nicht der Montage, sondern der
Demontage
diente. Die Kadaver der Wale wurden zerstückelt und verarbeitet, von der Haut bis zum Knorpel. Knochen und Zähne, selbst versteinerte Augen von der Größe von Medizinbällen, lagen immer noch hier und da verstreut in Haufen an den Wänden zusammengeschoben.
    Er kam an eine Kreuzung, von der aus schmale Pfade und Gassen in viele Richtungen führten, und er musste sich seinen ersten Besuch an diesem Ort ins Gedächtnis rufen. Er war von Südwesten gekommen, was bedeutete, dass er wahrscheinlich über den windgepeitschten Platz rechts von sich gekommen war. Er überquerte den Platz, bis er zu seiner Erleichterung den Anker neben einer niedrigen, dunklen Türöffnung sah.
    Er näherte sich langsam dem Gebäude, aber es gab absolut kein sichtbares oder hörbares Zeichen von Leben darin. Vielleicht war seine Vermutung falsch gewesen. Auf der Rückseite entdeckte er eine weitere offene Tür, die teilweise durch einige eisenbeschlagene Fässer blockiert war. Er senkte den Kopf, um einzutreten, und hatte ihn gerade wieder gehoben, als etwas an seiner Wange vorbeischwirrte und sich dreißig Zentimeter neben ihm in die Wand bohrte. Die Harpune steckte tief im Holz, und der Schaft vibrierte noch neben seinem Ohr.
    »Keinen Schritt weiter«, hörte Michael, obwohl er seinen Widersacher im schwachen Dämmerlicht der vollgestopften Werkstatt noch nicht erkennen konnte.
    »Und lassen Sie Ihre Waffe fallen.«
    Klappernd schlug die Harpunenbüchse auf dem Boden auf.
    Er entdeckte einen riesigen freistehenden Schornstein aus roten Ziegeln, zweifellos die Esse, und direkt davor einen schwarzen stählernen Amboss. Ein Mann tauchte hinter dem Schornstein auf. Er hatte den Mantel ausgezogen und trug nur noch eine scharlachrote Kavallerieuniform. Der Degen hing an seiner Seite, und eine weitere Harpune lag wurfbereit in seiner Hand.
    »Wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Michael. Michael Wilde.«
    »Was machen Sie hier?«
    »Ich habe Sie gesucht.«
    Es entstand eine unbehagliche Pause, in der nur das Stöhnen des Windes zu hören war, der seinen Weg durch den Schornstein
und in die erkaltete Esse gefunden hatte. Der Geruch alter, toter Kohlen lag in der Luft.
    »Sie müssen Lieutenant Copley sein«, sagte Michael.
    Der Mann wirkte bestürzt, doch er fing sich schnell wieder.
    »Wenn Sie das wissen, müssen Sie Eleanor haben.«
    »Ja, sie ist bei uns. Und in Sicherheit«, versicherte Michael ihm. »Wir sorgen gut für sie.«
    Ein wütender Funke blitzte in Sinclairs Augen auf, und Michael bereute seine Wortwahl. Sicherlich glaubte Sinclair, niemand außer ihm dürfe mit dieser Aufgabe betraut werden.
    »Sie ist in der Forschungsstation«, fuhr Michael fort, »in Point Adélie.«
    »So nennen Sie das?«
    Sinclair sah aus und klang wie ein britischer Aristokrat – oder wie jemand in einem Film, den Michael gesehen hatte. Doch in seinem Blick lag ein unverkennbar wahnsinniges, unberechenbares Funkeln. Es war eigentlich keine besondere Überraschung. Michael wünschte nur, er wüsste, was er sagen sollte, damit der andere die Harpune wegstellte.
    »Wir sind nicht hergekommen, um Ihnen etwas anzutun«, sagte er. »Im Gegenteil. Wir können Ihnen helfen.« Sollte er weiterreden oder besser den Mund halten?
    »Wie viele sind Sie?« Sinclairs Atem bildete zerfetzte Nebelwolken in der Luft. Zum ersten Mal erkannte Michael, welche Anstrengung es ihn kosten musste. Der Mann war kühn, aber wackelig auf den Beinen.
    »Wir sind nur zu viert.«
    Die Spitze der Harpune schwankte. Sinclairs Lider schlossen sich langsam und wurden dann erschrocken wieder aufgerissen.
    Hatte er gerade

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