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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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Michael die zerlesene Ausgabe des
Maxim
von Franklins Platz entfernte und sich ebenfalls setzte.
    »Sie haben nicht zufällig etwas zu rauchen bei sich?«, fragte Sinclair, beinahe wie ein Gentleman in einem Club beiläufig einen anderen fragte.
    »Nein, tut mir leid.«
    Sinclair seufzte und sagte: »Der Wärter hat auch nichts dabei. Wird mir aus irgendwelchen Gründen der Tabak vorenthalten, oder rauchen Männer heutzutage nicht mehr?«
    Michael musste lächeln. »Murphy hat wahrscheinlich befohlen, Ihnen weder Zigaretten noch Zigarren zu geben. Vermutlich glaubt er, Sie könnten hier alles niederbrennen.«
    »Und mich selbst dazu?«
    »Zugegeben«, sagte Michael, »das wäre nicht sehr schlau. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Menschen rauchen auch heute noch, nur nicht mehr so viel. Es hat sich herausgestellt, dass es Krebs verursacht.«
    Sinclair sah ihn an, als versuchte er, ihm ernsthaft weiszumachen, der Mond sei aus grünem Käse. »Nun gut«, sagte er, »wird denn noch getrunken?«
    »Sicher. Besonders hier.«
    Sinclair wartete gespannt, während Michael mit sich rang, was er tun sollte. Er wusste, dass er Murphys Befehle aufs Gröbste
missachten würde, wenn er Sinclair etwas zu trinken besorgte. Charlotte würde ihm vermutlich ebenfalls erklären, dass es keine gute Idee sei. Zum Teufel, er wusste, dass es nicht ratsam war. Aber der Mann wirkte so ruhig und vernünftig. Gab es einen besseren Weg, um sein Vertrauen zu gewinnen und ihn dazu zu bringen, von der langen und ereignisreichen Reise zu erzählen, die er hinter sich hatte? Michael konnte sich immer noch nicht vorstellen, wie Sinclair und Eleanor in Ketten gelegt auf dem Grund des Ozeans gelandet waren.
    »Im Club wurde stets eine Karaffe mit erlesenem Port für unsere Gäste bereitgehalten.«
    »Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass wir das nicht hier haben. Bier ist wahrscheinlicher.«
    Sinclair zuckte liebenswürdigerweise mit den Achseln. »Auch Bier wäre mir nicht unwillkommen.«
    Michael sah sich um. Die meisten Kisten enthielten Dosenvorräte oder Geschirr, doch irgendwo musste es noch ein paar Bierkisten geben.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind«, sagte Michael, stand auf und ging in den nächsten Gang, wo Ackerleys Blut einen Fleck auf dem Boden hinterlassen hatte. Er ging darum herum und versuchte, nicht daran zu denken, wie der Fleck dorthin gekommen war. Schließlich fand er eine Kiste mit Sam Adams Lager, nahm zwei Flaschen heraus und öffnete sie mit seinem Schweizer Taschenmesser. Dann ging er zurück und reichte Sinclair eine der Flaschen. Er stieß mit seiner eigenen dagegen und kehrte zu seinem Platz zurück.
    Sinclair nahm einen langen Schluck, den Kopf zurückgelegt, bevor er die dunkle Flasche mit dem perücketragenden Mann auf dem Etikett musterte. »Wegen einer ähnlichen Flasche wie dieser hat es einst einen Riesenskandal gegeben, müssen Sie wissen.«
    »Einen Skandal?«
    »Es war ein Moselwein, der in einer schwarzen Flasche von ungefähr dieser Größe ausgeschenkt und an Lord Cardigans Banketttisch serviert wurde.«
    »Und warum war das ein Problem?«
    »Lord Cardigan«, erklärte Sinclair und sprach den Namen des Adligen bedeutungsvoll aus, »war in diesen Dingen sehr pedantisch, und er hatte ausdrücklich befohlen, dass nur Champagner ausgeschenkt werden sollte.«
    »Wann war das?«
    » 1840 , wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht. Bei einem Regimentsdinner.«
    Michael kam die Unterhaltung zunehmend surreal vor, während Sinclair den Rest der Anekdote erzählte. »Verstehen Sie, diese Darstellung ist weit verbreitet gewesen. Ich selbst war zu jener Zeit noch in Eton.« Michael musste sich in Erinnerung rufen, dass Eleanor und Sinclair in einer Zeit und einer Welt gelebt hatten, die längst vergangen war. Was für Michael Geschichte war, war für Sinclair eine aktuelle Neuigkeit.
    Sinclair nahm noch einen Schluck und schloss dabei die Augen. Anschließend öffnete er sie ganz langsam wieder.
    Hatte er dafür gesorgt, dass sein Blick wieder klar wurde?
    »Dünnes Bier«, sagte er.
    »Tatsächlich?«, erwiderte Michael. »Ich schätze, das Fassbier, das Sie gewohnt sind, war stärker.«
    Sinclair antwortete nicht. Unverwandt starrte er Michael an. Nachdenklich. Er leerte die Flasche und stellte sie auf den Boden neben seinen gefesselten Knöchel.
    »Danke«, sagte er. »Für alles.«
    »Kein Problem.« Michael überlegte noch, wie er die Unterhaltung in die von ihm gewünschte Richtung lenken könnte, als Sinclair das

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