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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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Wort ergriff.
    »Also«, sagte er, »was haben Sie mit Eleanor gemacht?«
    Darüber wollte Michael ganz bestimmt nicht reden. Aber er
erwiderte, dass es ihr gut ginge und sie sich ausruhte, was ihm genügend harmlos schien.
    »Das war nicht meine Frage.«
    Der Tonfall des Leutnants hatte sich abrupt geändert.
    »Wo ist sie?«, sagte er. »Ich will sie sehen.«
    Unwillkürlich fiel Michaels Blick auf die Kette, die Sinclair an das Metallrohr an der Wand fesselte.
    »Warum lassen Sie uns nicht zueinander?«
    »Der Chief will es im Moment so.«
    Sinclair schnaubte. »Sie klingen wie ein Rekrut, der nichts anderes kann, als Befehle zu befolgen.« Er holte tief Luft, und atmete hörbar aus. »Und ich bin Zeuge geworden, was dabei herauskommt.«
    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, erwiderte Michael.
    »Wir sind doch nur ein einfaches Ehepaar«, versuchte Sinclair es anders, in versöhnlicherem Ton, »das eine lange Reise hinter sich hat. Was kann es schaden, wenn wir uns sehen dürfen?«
    Sie waren verheiratet? Das hatte Michael nicht gewusst. Und er war sicher, dass er sich daran erinnern würde, wenn Eleanor davon gesprochen hätte. Sinclair schloss und öffnete erneut langsam die Augen, und Michael merkte, dass er ziemlich kurzatmig war.
    »Überrascht es Sie«, fragte Sinclair, »dass wir Mann und Frau sind? Hat sie es nicht erwähnt?«
    »Es ist wohl nicht zur Sprache gekommen.«
    »Nicht zur Sprache gekommen?« Er hustete und schüttelte ungläubig den Kopf. »Oder wollten Sie es nicht wissen?«
    »Wovon reden Sie?«
    »Ich bin kein Dummkopf, also bitte behandeln Sie mich nicht wie einer.«
    »Ich verstehe nicht … «
    »Ich bin ein Offizier Ihrer Majestät des 17 . Lancer-Regiments«, sagte er mit eiserner Entschlossenheit in der Stimme. Er hob die
gefesselten Hände, rüttelte an der Kette und fügte hinzu: »Und wenn ich nicht so im Nachteil wäre, würden Sie rasch bereuen, Ihr Spiel mit mir zu treiben.«
    Michael stand auf, wieder überrascht von Sinclairs plötzlichem Stimmungswechsel. Lag es am Bier? Hatte der Alkohol aufgrund seines Zustands einen unvorhergesehenen Effekt auf ihn? Oder war diese Sprunghaftigkeit Teil seiner Natur? Trotz der Kette wich Michael ein paar Schritte zurück.
    »Wollen Sie nicht den Wärter rufen?«, höhnte Sinclair.
    »Ich glaube, es ist eher die Ärztin, die nach Ihnen sehen sollte.«
    »Was?«, sagte er. »Das Mohrenweib wieder?«
    »Dr.Barnes.«
    »Dieses Weibsstück hat mich angepackt wie ein Kneipenwirt sein Bierfass.«
    Was ging hier vor? Was war schiefgelaufen? Innerhalb weniger Minuten hatte Sinclair sich von einem ruhigen Gentleman in einen Wahnsinnigen verwandelt, und in seinen blutunterlaufenen Augen lag ein unheilverkündendes Funkeln.
    Franklin kam wieder hereingeschlendert, den buschigen Schnauzbart mit Eispartikeln durchsetzt. »Lest ihr euch immer noch Gedichte vor?«, fragte er.
    Dann sah er, dass Michael zurückgewichen war, und seinen Gesichtsausdruck und wusste, dass irgendetwas los war. »Alles in Ordnung?«, fragte er Michael, und als er nicht sofort eine Antwort bekam, fügte er hinzu: »Was soll ich machen?«
    »Ich glaube, du solltest besser Charlotte holen. Vielleicht auch noch Murphy und Lawson.«
    Franklin warf Sinclair einen misstrauischen Blick zu und verschwand wieder.
    Die ganze Zeit hatte Michael den Blick nicht von Sinclair abgewandt, der immer noch am Rand der Pritsche saß und ihn mit rotgeränderten Augen anstarrte.
    Und dann, in demselben gemessenen Tonfall, mit dem er vorher die Verse rezitiert hatte, stimmte Sinclair an: »›Zur Hölle schleppen kann der Fluch, / Den eine Waise spricht; / Doch schreckenvoller ist der Fluch/Auf Toter Angesicht.‹« Der Blick aus seinen Augen war fast tödlich. »Kennen Sie diese Zeilen?«, fragte er.
    »Nein.«
    Sinclair klopfte mit den Fingerknöcheln auf das alte Buch. »Jetzt kennen Sie sie«, sagte er und lachte grimmig. »Sagen Sie also nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.«

49 . Kapitel 24 .Dezember, 20 : 15 Uhr
    Obwohl sie sich große Mühe gegeben hatte, den leeren Beutel zu verstecken, wusste Eleanor bald, dass ihr Geheimnis entdeckt worden war. Niemand hatte etwas zu ihr gesagt, aber alle anderen Beutel mit dem Blut waren aus dem Zimmer entfernt worden. Später hatte Dr.Barnes ihr einen argwöhnischen Blick zugeworfen.
    Eleanor schämte sich ihres schrecklichen Verlangens, sie wäre am liebsten im Boden versunken, doch sie hatte auch Angst. Was sollte sie tun, wenn der Drang, dieser

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