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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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bei dem cremefarbenen Busen verweilte, dessen Ansatz unter dem aufgeknöpften Kleid zu sehen war.
    »Wie recht Sie haben, Miss Mulcahy«, sagte er und bot ihr seinen Arm. »Darf ich bitten?«
    Im ersten Moment wirkte Moira ganz aus der Fassung, dass ein Herr von Rutherfords Rang, in einem perlgrauen Cutaway, einer Frau von ihrem Stand den Arm anbot. Doch als Eleanor ihr heimlich zunickte, legte sie die Hand auf seinen Arm, und die Gesellschaft machte sich auf den Weg.
    Die Kutsche war ein geschlossener Zweispänner mit Familienwappen
– einem Löwen über zwei gekreuzten Schwertern – an den Seiten, der von zwei kräftigen Shire Horses mit rötlich-braunem Fell gezogen wurde. Bis zu diesem Moment war Eleanor sich nicht sicher gewesen, in was für eine Welt sie geraten war, aber diese Familienkutsche ließ keine Zweifel mehr übrig. Hinzu kam die sorglose Art, in der die Männer mit Geld umgingen, obwohl ihr Leutnant, wie sie fand, seines geradezu verschwendete. Moira und sie bewegten sich in Kreisen, die außerhalb ihrer Reichweite lagen.
    Innen war die Kutsche mit Marokkoleder mit seiner typischen feinen, kieselgrauen Maserung bezogen. Unter den Bänken waren wärmende Decken verstaut, die ebenfalls das Familienwappen trugen. Die Fußstützen waren aus poliertem Mahagoni, und die Vorderwand, hinter der der Kutscher saß, hatte ein kleines Fenster, eher eine Klappe, mit einem mit Quasten verzierten Griff. Obwohl der Hauptmann ihnen versichert hatte, es gäbe genügend Platz für alle, war dies nicht der Fall. Rutherford war ein großer Mann, Moira verfügte über eine beträchtliche Körperfülle, und auch Miss Wilsons bemerkenswerter Hut beanspruchte einigen Platz. Sinclair erbot sich zuvorkommend, zwischen Eleanor und Moira zu sitzen, damit die beiden aus den offenen Fenstern schauen und den Ausblick genießen konnten.
    Sie fuhren durch eine größtenteils ländliche Gegend. Die Rennbahn von Ascot war 1711 am Rande des Windsor Great Park angelegt worden, auf einer natürlichen Lichtung in der Nähe des Dorfes East Cote. Auf den grünen Wiesen grasten Schafe und Kühe, und die Bauern und ihre Familien auf den Feldern hielten oft bei ihrer Arbeit inne, um Captain Rutherfords imposante Kutsche vorbeirumpeln zu sehen. Ein Junge mit einem schweren Eimer in jeder Hand blieb stocksteif stehen, und Eleanor konnte sich gut vorstellen, was für eine Ehrfurcht er empfinden musste. Ihr selbst war es beim Anblick solcher Kutschen nicht anders ergangen. Ohne Zweifel fragte er sich jetzt,
wie es wäre, in so einer Kutsche zu sitzen – ein wohlhabender Grundbesitzer oder Aristokrat zu sein, der auf diese Weise reiste und lebte. Als ihr Blick, nur für einen Moment, dem Blick des sprachlosen Jungen begegnete, spürte sie verschiedenste Gefühle in sich aufwallen. Zuerst wollte sie ihm einfach nur erklären, dass sie nicht wirklich zu diesen Glücklichen gehörte; dass auch sie nur als einfaches Bauernmädchen zur Welt gekommen und für ein Leben bestimmt war, das seinem eigenen ähnelte. Doch dann geschah etwas Merkwürdiges. Sie neigte leicht den Kopf, so wie sie es sich bei einer adligen Dame vorstellte. Dabei empfand sie einen Schauder aus Entzücken und Stolz, aber auch das Gefühl, zu schwindeln. Es war genauso wie damals, als sie als kleines Mädchen auf der Dorfkirmes ein Prinzessinnenkostüm getragen und geglaubt hatte, die Stadtmenschen würden sie mit einer echten Prinzessin verwechseln.
    »Gewinnen macht hungrig«, erklärte Sinclair. »Was halten Sie von einem Abendbüfett in meinem Club?«
    Le Maitre, oder Frenchie, wie sich Eleanor jetzt erinnerte, sagte: »Vielleicht sollten wir besser meinen Club aufsuchen? Angesichts gewisser Umstände in Hinblick auf MrFitzroy«, fügte er hinzu und hob eine Augenbraue, doch Sinclair wischte den Einwand beiseite.
    »Pah! Aus der Richtung haben wir nichts zu befürchten«, sagte er, obwohl Fitzroy Genugtuung forderte, seit er ihn im Bordell aus dem Fenster geworfen hatte. »Was halten Sie von etwas kaltem Braten, Käse und einem feineren Port, als Frenchies Club ihn je bieten könnte?«
    Eleanor wusste nicht, was sie sagen sollte. Die Ereignisse schienen sich erneut zu überschlagen, und sie hatte Mühe, sich zurechtzufinden.
    Als niemand Einwände erhob, erklärte Rutherford den Vorschlag für angenommen und klopfte kräftig gegen die Klappe hinter seinem Kopf. Als sie sich öffnete und der Kopf des Kutschers
auftauchte, sagte Rutherford: »Pall Mall, zum Longchamps

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