Eisiges Feuer (German Edition)
verbarg er sie unter seinem Umhang und folgte mit seinen Begleitern der bewaffneten Schar nach Sorala.
Kirian kämpfte mit sich. Wenn er es Lys noch vorher sagen wollte, musste er jetzt sprechen. Aber alles in ihm wehrte sich dagegen. Er wusste nichts in dieser Sache mit Sicherheit, wenn er sich nun irrte?
Wenn er es gar nicht war, der mir den Diebstahl untergeschoben hat? Wenn er selbst ein Opfer war, das für die Intrige benutzt worden war?
Lys schritt sehr aufrecht, ganz Fürst, gerade jetzt, wo er in Fesseln von den Soldaten seiner eigenen Familie geführt wurde. Er bemerkte Kirians Blick und lächelte aufmunternd.
„Mein Vater wird uns nicht töten lassen. Davon hätte er nichts zu gewinnen.“
Ich muss es ihm sagen! Doch Kirian schwieg, er konnte es nicht. Die Tore standen weit offen. „Beeilt euch, Graf Inur und der Fürst warten in der Halle.“ Sie überquerten den Burghof, erklommen eine enge Steintreppe. Dorian klopfte an die Tür, hinter der die Halle liegen musste.
„Lys …“, begann Kirian.
„Schon gut. Mein Vater ist nicht grausam.“
„Hör zu, es ist nicht …“
Die Tür schwang auf, sie wurden hindurch geschubst. Graf Inur von Sorala blickte ihnen entgegen. Und an seiner Seite stand …
Roban.
„Da bist du ja endlich. Wo ist dein verdammter Sohn? Und was macht dieser Verbrecher hier?“, fauchte Roban wütend.
Lys schwankte wie unter einem Schlag und wäre gestürzt, hätte Dorian ihn nicht abgefangen. Bleich starrte er auf seinen Bruder, in dessen von Zorn verzerrtem Gesicht nichts mehr von der Sorge und Liebe zu sehen war, mit der er Lys stets betrachtet hatte.
„Alle raus“, befahl Roban leise. „Dorian, halte dich mit deinen Leuten im Hof bereit. Befreie die beiden da vorher noch! Inur, schert Euch weg, egal wohin.“
Der Hauptmann legte die Waffen der beiden Gefangenen vor Roban auf einen Tisch, dann schickte er seine Leute aus der Halle.
„Mögen die Götter Euch gnädig sein“, wisperte er Lys zu, während er ihm die Fesseln zerschnitt.
Dann waren es nur noch sie drei: Roban, Lys und Kirian.
„Und jetzt noch einmal: Wo ist dein Sohn? Warum hast du ihn nicht mitgebracht? Und warum verbündest du dich mit dem, der es wagte gleich zwei Corlins zu entführen? Den Mann, den du angeblich durch ganz Onur hetzt?“
Lys ballte die Hände zu Fäusten und schüttelte den Kopf.
„Das ergibt keinen Sinn“, murmelte er. „Es sei denn …“ Er wirbelte zu Kirian herum. „Warum hast du es mir nicht gesagt? Ich hätte so viel Tod und Leid verhindern können, wenn ich es gewusst hätte.“
Kirian senkte den Blick unter der schmerzerfüllten Anklage, doch bevor er etwas erwidern konnte, stampfte Lys mit dem Fuß auf.
„Ihr Götter, ich war so blind, so dumm!“
Roban verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete ihn misstrauisch. „Hat unser Wunderknabe nun etwa verstanden, was er niemals hätte wissen können?“, höhnte er. „Dann möchte ich doch zu gerne wissen, was das sein könnte!“
„Ja, ich denke schon, Roban. Ich glaube, jetzt habe ich es verstanden. Aber ich wünschte, ich würde mich irren …“
31.
„Darf ich vorstellen: Stefár von Lichterfels“, sagte Lys mit zeremonieller Geste. „Du erinnerst dich gewiss an ihn?“
Roban zuckte bei Lys’ Worten zusammen und starrte fassungslos auf Kirian.
„Ich hatte mondelang gegrübelt, wer damals Interesse gehabt haben könnte, ausgerechnet ihm einen solch dummen Diebstahl anzulasten. Er war der Erbe von Lichterfels, er hätte nach Maruvs und Archyms Tod den Thron geerbt. Jeder hätte danach streben müssen, sich gut mit ihm zu stellen, denn unter allen anderen denkbaren Nachfolgern wäre ein blutiger Krieg nicht zu vermeiden gewesen. Um das Reich stabil zu halten, wäre Stefárs Wohlergehen das sicherste Mittel. Nun, die Rombruger und ihr Streben nach Macht hatten gezeigt, dass nicht alle Mitspieler ein stabiles Reich und Frieden im Sinn haben. Wenn da aber jemand den Thron an sich reißen wollte, warum wurde nur Stefár beseitigt? Corlin ist die größte Macht nach Lichterfels, aber niemand hat uns angegriffen, um auch uns zu schwächen. Immer wieder endete meine Suche nach dem möglichen Täter bei den Rombrugern. Einer von ihnen hatte anscheinend doch überlebt und sich gerächt, danach wahrscheinlich Selbstmord begangen. So musste es gewesen sein, diese verfluchten Bastarde! Erst töteten sie Mutter, dann überzogen sie Onur mit Krieg, und ja, ganz gewiss hatten sie
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