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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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vor einem großen, schwarzen Loch stehen, und ich kriege kaum noch Luft. Bitte, rufen Sie mich an.«
    Es klickte in der Leitung, als sie auflegte.
    Bell lehnte sich in seinem Sessel zurück und ließ das Video weiterlaufen.
    »Ich begreife einfach nicht«, sagte Keswick, »warum ich diesem Drang so hilflos ausgeliefert bin. Und es hat so plötzlich angefangen. Ich meine, als Junge hab ich mir genau wie jeder andere auch Pornohefte angesehen. Auch als Student, und danach hab ich mir ab und zu welche gekauft. Aber Hefte sind etwas anderes. Das sind ganz normale Pornofotos: erwachsene Frauen, erwachsene Männer. Es ist ja nicht so, als hätte ich nach dem Zeug gesucht, nach dem ich jetzt so verrückt bin!«
    »Ich glaube Ihnen«, sagt Dr. Bell. »Es gibt Leute, die sind süchtig nach eBay, nach Online-Shopping, nach Online-Glücksspiel – Leute, die nie Probleme mit diesen Dingen hatten, als es noch kein Internet gab.«
    »Ja, genau, weil man nämlich einen Riesenaufwand betreibenmusste, um sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Bevor es das Internet gab, war es ziemlich schwierig, in Algonquin Bay einkaufssüchtig zu werden, da brauchen wir uns gar nichts vorzumachen. Was hätte man auch als Süchtiger einkaufen können? Die komplette Kollektion an Skihosen? Dasselbe gilt für Glücksspiel. Hier gibt es weit und breit kein Casino. Höchstens mit Lottospielen hätte man sich ernsthaften Schaden zufügen können. Aber dieses Zeug kommt direkt zu mir ins Haus. Es ist, als hätte jemand meine sämtlichen Schubladen und Schränke mit diesen Bildern vollgestopft.«
    »Sind es nur die Bilder?«, fragt Dr. Bell im Film.
    »Wie?« Keswick wirkt verwirrt, als hätte Bell ihn plötzlich auf Chinesisch angesprochen. »Äh, ja. Ich würde niemals ein Kind anrühren. Vorher sind Kinder in meinen sexuellen Phantasien nicht mal vorgekommen. Auch jetzt betrachte ich Kinder eigentlich nicht als Sexualobjekte – jedenfalls keine, die ich auf der Straße sehe. Und ich weiß ja auch, was sexueller Missbrauch für Schaden anrichten kann. Das würde ich keinem Kind antun. Niemals.«
    »Lassen Sie uns über das sprechen, was Sie tatsächlich tun.«
    »Ich sehe mir Bilder an. Mehr nicht. Sie werden mir über Websites angeboten.«
    »Stellen Sie auch selbst Bilder ins Netz?«
    »Gott, nein.«
    »Bezahlen Sie für die Bilder, die Sie sich ansehen?«
    »Nein. Das würde ich auch nicht tun. Damit würde ich diesen Handel mit Kinderpornographie ja auch noch unterstützen.«
    »Also gut. Dann sagen Sie mir, was daran für Sie so schrecklich ist. Sie haben kein Kind missbraucht. Sie haben keine Fotos von Kindern gemacht. Sie haben niemanden dafür bezahlt,dass er Kinder fotografiert. Sie haben niemandem solche Fotos geschickt.«
    »Nein! Ich sehe sie mir nur an! Aber das ist pervers! Es ist absolut pervers! Ich dürfte mir so was gar nicht ansehen! Gott, ich schäme mich so. Ich schäme mich so sehr.«
    Inzwischen weint Keswick, seine Wangen sind tränennass. Er nimmt seine Brille ab und will sie auf den Tisch legen, doch sie fällt ihm aus der Hand. Er bückt sich nicht, um sie aufzuheben, sitzt einfach da wie ein Häufchen Elend und weint.
    Schließlich, als er sich wieder halbwegs gefasst hat, sagt er: »Ich hab selber Kinder, stellen Sie sich das mal vor. Jenny und Rob. Sie sind drei und fünf – jünger als die Kinder auf den Bildern, die ich mir ansehe –, und trotzdem dreht es mir den Magen um, dass ich kotzen könnte. Ich weiß gar nicht, was ich tun würde, wenn ich rausfände, dass jemand solche Fotos von meinen Kindern macht. Ich glaube, ich wäre fähig, denjenigen umzubringen.«
    »Seit wann geht das schon so? Seit einem Jahr? Seit anderthalb Jahren?«
    »Ungefähr anderthalb Jahre. Es war ganz spontan. Als ich zufällig auf diese Website geraten bin, war es, als würde ein Schlüssel in einem Schloss umgedreht, und im nächsten Augenblick hatte ich mich von einem ganz normalen Menschen in einen Lüstling verwandelt, einen Perversen.«
    Er fängt wieder an zu weinen, und Dr. Bell sieht ihm schweigend zu.
    »Ich hab’s mit dem Zwölf-Schritte-Programm versucht, so wie Sie es mir geraten haben. Ich hab eine Website gefunden, wo Leute sich austauschen. Das ist besser als nichts, sage ich mir, aber es ist nur einmal pro Woche, und manchmal loggt sich überhaupt keiner ein. Und hier in Algonquin Bay gibt es anscheinend keine Selbsthilfegruppe für Sexsüchtige. Undselbst wenn es so eine Gruppe gäbe, ich könnte denen sowieso niemals

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