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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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gehört zu seinem Job. Er hätte in Ruhe auf ihn einreden und zusehen sollen, dass er nahe genug an ihn rankommt, um ihm die Waffe zu entreißen.«
    »Das hätte er ganz bestimmt getan, wenn es möglich gewesen wäre. Er hat mit ihm gesprochen, versucht, ihn zu beruhigen, wie Sie sagen. Sie haben sich unterhalten, und dann hat Ihr Sohn ganz plötzlich die Waffe auf sich gerichtet und abgedrückt.«
    »Und niemand hat ihn davon abgehalten.«
    »Mrs. Dorn, von dem Zeitpunkt, als jemand gesehen hat, wie Ihr Sohn den Waschsalon betrat, bis zu dem Moment, als er abgedrückt hat, sind weniger als acht Minuten vergangen. Es hat drei oder vier Minuten gedauert, bis die anderen Leute draußen waren. Das hat dem Kollegen und Ihrem Sohn höchstens fünf Minuten Zeit gelassen, um miteinander ins Gespräch zu kommen.«
    »Zeit genug, um sein Leben zu retten. Warum hat er ihn nicht aufgehalten? Mein Gott, warum hat er ihn nicht aufgehalten, er war doch noch ein Junge!«
    »Er hat sein Bestes getan, Mrs. Dorn. Er hatte einfach nicht genug Zeit.«
    »Könnte ich bitte mit dem Polizisten sprechen?«
    »Mom …«
    »Er ist heute nicht hier«, sagte Delorme. »Und zwar ist er deswegen nicht hier, weil er das, was vorgefallen ist, noch nicht verkraftet hat. Jeder Polizist, der in eine solche Situation gerät, wünscht sich, dass alles gut ausgeht. Glauben Sie mir, Mrs. Dorn, in diesem entscheidenden Augenblick im Waschsalon hat niemand verzweifelter gehofft, dass Ihr Sohn am Leben bleibt, als dieser Polizist. Wäre es ihm gelungen, Perry von seinem Vorhaben abzubringen, dann wäre er heute hier, dann wäre er heute ein Held. Aber er ist nicht hier, weil er sich elend fühlt.«
    »Wahrscheinlich hat er Schuldgefühle. Vielleicht fühlt er sich deswegen elend. Vielleicht, weil er als Polizist versagt hat.«
    »Ich hoffe, dass Sie das anders sehen werden, wenn Sie sich erst einmal beruhigt haben.«
    Mrs. Dorn schniefte. Sie betrachtete das Bild an der Wand, dann schaute sie ihre Tochter an.
    »Wir bestehen jedenfalls darauf, dass die Sache untersucht wird.«
    »Hier bei uns gibt es keine Abteilung für Sonderermittlungen mehr, aber ich kann Ihnen die Nummer der Kollegen in Toronto geben. Wenn die der Meinung sind, dass Ihre Forderung begründet ist, werden sie eine Untersuchung einleiten.«

16
     
    D elorme war erleichtert, endlich dem Revier zu entkommen und sich auf den Weg zu machen, um in der Kinderporno-Sache zu ermitteln. Der arme Burke hatte zwar Perry Dorn nicht retten können, aber Delorme war optimistisch, dass sie das geheimnisvolle Mädchen finden würde, um es vor seinem Peiniger zu retten.
    Sie fuhr nach Trout Lake hinaus und stellte ihren Wagen auf dem kleinen Parkplatz oberhalb von Fredericks Jachthafen ab. Als sie die hölzerne Treppe hinunterging, wehte ihr vom See her ein kühler Wind entgegen. Allein die Herbstluft war die Fahrt hier heraus wert. Reiner Sauerstoff angereichert mit den ersten Vorboten von Frost. Man fühlte sich voller Tatendrang, wollte neue Projekte angehen, Verbrechen aufklären.
    Delorme hatte als Kind Schwimmunterricht gehabt – nicht hier am Jachthafen, sondern nur wenige hundert Meter entfernt am Dock vor dem Naturschutzministerium. Die Schwimmlehrer hatten ihre Opfer direkt von der Kaimauer ins eiskalte Wasser springen lassen, wo sie sich gegenseitig herumschleppen und diverse Rettungsgriffe erlernen mussten. Delorme hatte an Maureen Stegg die Mund-zu-Mund-Beatmung üben müssen, und die Erinnerung daran drehte ihr immer noch den Magen um.
    Von den Docks her mischten sich Gerüche nach Tauen und Teer und Benzin mit der frischen Luft. Die meisten Boote waren bereits für den Winter aufs Trockendock gebracht worden, aber ein paar Kajütboote lagen noch in der Nähe der Kaimauer vor Anker und schaukelten sanft auf dem tiefblauen Wasser. Delorme stockte kurz der Atem, als sie diekleine Cessna in der Sonne glänzen sah und die Registriernummer erkannte, die sie auf dem Foto mit dem Mädchen gesehen hatte.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Der Mann trug eine teure Sonnenbrille und eine Baseballmütze mit der Aufschrift
Fredericks Marina
. Offenbar ein ziemlich wetterfester Typ, denn er lief bei der Kälte immer noch in Shorts herum.
    »Ich wollte mich erkundigen, was es kostet, hier bei Ihnen ein Boot zu parken.« Delorme hatte noch nie ein Boot besessen und kannte sich mit der Terminologie nicht aus. Wahrscheinlich hätte sie irgendwas mit »Liegeplatz pachten« sagen müssen.
    »Kommt drauf an, was Sie

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