Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
war. Steven fluchte leise. »Genickbruch?«
»Ja«, antwortete Spinelli mit harter Stimme. »Ich vermute, Sie erkennen seine Handschrift.«
Steven wandte sich um und betrachtete das Foto der zerschmetterten, aufgeblähten Leiche Susan Crenshaws, und spürte, wie sich ihm der Magen umdrehte. »Genau. Haben Sie greifbare Beweise, die Winters mit der Ermordeten in Verbindung bringen können?«
»Zum Glück, ja. Sie hat ihn ordentlich gekratzt; wir haben Hautpartikel unter ihren Nägeln gefunden. Das Labor kann uns spätestens morgen Ergebnisse vorlegen. Ihre Hilflosigkeit muss ihn so begeistert haben, dass er nicht daran gedacht hat, ihre Nägel zu reinigen. Wir haben seinen Steckbrief und das Foto seiner Frau, das Sie uns geschickt haben, in jedem Revier der Innenstadt ausgehängt. Winters wird noch früh genug einen Fehler machen, und dann haben wir ihn.«
Steven seufzte, als Toni den Hörer aufgelegt hatte. »Der Chips-Effekt.«
»Ja, er kann nicht mehr aufhören«, pflichtete Toni ihm bei. »Beten wir, dass wir Mary Grace bald finden.« Sie blickte zu Ben Jolley hinüber, dessen blasses Gesicht inzwischen eine deutliche Grünfärbung angenommen hatte. Der Mann tat Steven beinahe Leid. »Ist alles in Ordnung, Ben?«
Jolley nickte unsicher. »Ja …« Er stand auf, sichtlich am ganzen Körper zitternd. »Ich brauche frische Luft.« Er ging zur Tür und drehte sich davor mit gequälter Miene noch einmal um. »Ich wusste es nicht, Toni. Ich schwöre es.« Er schluckte krampfhaft. »Mein Gott«, flüsterte er. »Was hab ich getan?!«
Chicago
Donnerstag, 15. März, 18:00 Uhr
D as dumpfe Dröhnen drang in Carolines Ohren, noch bevor sie die Turnhalle betreten hatte. Tom hatte an diesem Abend ein Heimspiel. Die Cheerleader wärmten sich an den Seitenlinien auf, und für einen Augenblick beneidete Caroline sie um ihre Gelenkigkeit, wie sie die Beine hochwerfen und mit der Kraft der Jugend hüpfen und springen konnten. Sie selbst konnte gehen, aber, wie auch Max, nie mehr fliegen. Dafür hatte Rob gesorgt.
»Hi, Miz Stewart!«
Sie zwang ein Lächeln auf ihre Lippen und winkte auf ihrem Weg zur Zuschauertribüne einer Gruppe Pom-Pom-Mädchen in Miniröcken zu. Sie konnten schließlich nichts dafür, dass ihr Urteilsvermögen in Bezug auf Männer gewaltig zu wünschen übrig ließ. Sie konnten nichts dafür, dass Max den ganzen verdammten langen Tag nicht auf ihren Zettel reagiert hatte. Sie hätte gern jemandem die Schuld gegeben, aber letztendlich konnte sie doch nur auf sich selbst mit dem Finger zeigen.
Sie lehnte sich zurück, stützte beide Ellbogen auf die Sitzlehne und legte den Kopf in den Nacken, um ihre verspannten Muskeln zu dehnen. Sie schüttelte den Kopf und spürte, wie ihr Haar den Sitz streifte. Es war schwer zu glauben, dass beinahe zwei Wochen vergangen waren, seit sie den Kopf gehoben und Max Hunter vor sich gesehen hatte. In nur zwei Wochen hatte ihr Herz sein Inneres nach außen gestülpt, hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben Lust verspürt, hatte sie für ein paar goldene Momente den Mann ihrer Träume in den Armen gehalten.
Wieder schüttelte sie den Kopf. Aber er war ja nicht der Mann ihrer Träume. Er war kein Mann, den sie achten konnte. Sie hatte jedes Wort auf dem Zettel, den sie ihm geschrieben hatte, ernst gemeint. Sie hatte sogar ihren Lebenslauf getippt und mehrere Stellenangebote in der Zeitung markiert. Es würde ihr schwer fallen, Carrington College vor ihrem Examen zu verlassen, aber so eng mit Max Hunter zusammenzuarbeiten, wäre noch schlimmer. Irgendwann würde sie nachgeben und sein Selbstmitleid tolerieren. Sie würde tolerieren, dass er andere oder irgendwelche Umstände für sein Schicksal verantwortlich machte. Und damit würde der Teufelskreis von vorn beginnen.
Doch der Teufelskreis durfte nie wieder beginnen.
»Ich muss mich bei dir bedanken, Schönste.«
Caroline fuhr heftig zusammen, sehr zur Belustigung von Toms Trainer. Er war ein kräftig gebauter Mann und überragte jeden, den sie kannte. Außer Max, natürlich. Wütend verbannte sie die Gedanken an Max aus ihrem Kopf und straffte ihren Körper.
Sie blickte hoch und sah seine schwarzen Augen vor Vergnügen blitzen.
»Nicht, Frank«, warnte sie. »Mach dich nicht über mich lustig. Ich hatte einen beschissenen Tag.«
Er blickte sie fragend an. »Das ist das erste Mal, dass ich so ein Schimpfwort aus deinem Munde höre, Caraline.« Er sprach ihren Namen so gedehnt aus, wie es im tiefsten Mississippi
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