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Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Titel: Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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habe deshalb den Ärzten aufmerksam zugehört, als ich noch im Krankenhaus war. Ich notierte mir alles, und als ich dann zu Hause war, habe ich die Übungen gemacht, zu denen sie mir geraten haben.«
    »Du hast die Reha also selbst in die Hand genommen«, bemerkte Dana leise. »Auch das hast du mir nie erzählt.«
    »Ich konnte es nicht noch einmal durchleben. Ich wollte nie wieder daran denken.« Doch sie schloss die Augen und zwang die Erinnerung herbei. »Ich habe mit seinen Hanteln trainiert, wenn er nicht zu Hause war, wurde von Tag zu Tag stärker. Aber ich ließ es ihn nicht wissen. Ich bewegte mich mit der Gehhilfe vorwärts, hielt den verletzten Arm an den Körper gepresst, wie ich es jeden Tag im Krankenhaus getan hatte. Ließ immer wieder Schüsseln fallen und tat so, als stolperte ich. Doch mit jedem Tag wurde ich stärker. Zum Schluss bin ich, wenn er nicht zu Hause war, mit einem Rucksack voller Steine durch die Wohnung marschiert.« Caroline spürte, wie sich ihre Lippen verzogen. Die Erinnerung war so demütigend. »Er war häufig nicht zu Hause, weil er meistens nebenan bei unserer Nachbarin war. Sie war hübscher als ich. Hatte als Frau mehr zu bieten. Ich war ja nur ein Krüppel.« Sie schluckte heftig. »Er hat mich nur noch selten angefasst, seit er sie hatte. Das war das einzig Gute an der ganzen Sache. Aber dann hat er mich wieder geschlagen. Mir reichte es.« Die vertraute Angst fiel über sie her, aber sie drängte sie zurück. »Keine Sorge, Max. Ich habe ein Jahr, nachdem ich in Chicago ankam, einen Test gemacht. Irgendwie ist es mir gelungen, ohne Infektion davonzukommen.« Sie warf Dana einen Blick zu. »Die Schwester im Krankenhaus sagte, ich könne Gott dafür danken, doch es hat ein Jahr gedauert, bis ich ein bisschen Dankbarkeit in mir auftreiben konnte.«
    »Ich denke, Gott hatte Verständnis dafür«, flüsterte Dana. »Ich denke, Er versteht dich.«
    Caroline zuckte mit den Schultern. »Mag sein. Wie auch immer, als ich schließlich den mit Steinen gefüllten Rucksack acht Stunden am Tag tragen konnte, wusste ich, dass ich stark genug war. Ich nähte alles Geld, das ich zusammengespart hatte, in mein Hemd ein und holte eines Tages, es war Ende Mai, Robbie von der Schule ab. Zwei Jahre waren vergangen, seit ich im Krankenhaus zu mir gekommen war.«
    »Zwei Jahre?«, fragte Max fassungslos.
    Wieder zuckte Caroline mit den Schultern. »Ich habe dir schon mal gesagt, dass Reha für Arme das Letzte ist. Und sie dauert viel länger, wenn ein Anfänger am Werk ist.« Sie seufzte. »Ich hatte einen ganz festen Plan. Ich wusste, dass Rob erst am Morgen nach Hause kommen würde, dass er über Nacht bei Holly blieb. Dadurch hatte ich genug Zeit, um nach Tennessee zu fahren und den Wagen verschwinden zu lassen.«
    »Wo hast du ihn verschwinden lassen?«, fragte Dana.
    Ein zufriedenes Lächeln spielte um Carolines Lippen. »Auf dem Grund eines tiefen Sees, wo niemand ihn jemals finden wird. Die heilige Rita war gut geeignet als Gewicht für das Gaspedal.« Sie hielt inne und genoss eine besonders süße Erinnerung. »Ich sehe es noch vor mir, wie der Wagen aufs Wasser hinausschoss und dann unterging. Es war genauso, wie ich es mir immer erträumt hatte, wenn ich an meine Flucht dachte. Und auch Robbies geschockter Blick, als ich den Rucksack aufschnallte und losmarschierte, war genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte.«
    »Er war ahnungslos?«, fragte Max.
    »Ja. Ich wollte ihn nicht mit noch einem Geheimnis belasten, das seinen Vater misstrauisch machen könnte. Wir gingen zu Fuß nach Gatlinburg in Tennessee. Dort wimmelte es nur so von Touristen, sodass wir nicht auffielen. Drei Busreisen später waren wir in Chicago.«
    »Mit einem Zwischenstopp in St. Louis«, ergänzte Dana.
    »Warum das?«, fragte Max, den Kopf in die Hände gestützt.
    »Um eine Geburtsurkunde zu beschaffen. Das ist so einfach, dass es einem Angst machen kann. Man geht zu einem Friedhof, sucht den Namen eines Kindes mit dem richtigen Geburtsdatum, das als Säugling gestorben ist, begibt sich dann zum Amt und bittet um eine Kopie der Geburtsurkunde. Ich bin stundenlang auf dem Friedhof umhergewandert, auf der Suche nach dem richtigen Namen, dem richtigen Geburtsdatum, bis ich mich schließlich für Caroline entschied.«
    »Wie hast du vorher geheißen?« Seine Stimme klang dumpf.
    »Mary Grace. Mary Grace Winters.« Sie legte eine Pause ein. »Verstehst du jetzt, Max?«
    Er nickte mit gesenktem Kopf. »Ja, ich

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