Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
Schluchzen, das ihr in der Kehle saß. »Das war’s dann?«
Max nickte mit verbissener Miene. »Deine Regeln, Caroline.«
»Es tut mir Leid, Max«, flüsterte sie. Sie neigte sich vor, um ihn zum Abschied zu küssen, doch er wandte abrupt das Gesicht zur Seite und entzog sich ihr.
»Geh einfach, Caroline.«
Chicago
Sonntag, 18. März, 11:30 Uhr
D ana brachte den Wagen mit quietschenden Reifen zum Stehen und durchbrach damit die Stille, die zwischen ihnen herrschte, seit sie Max’ Haus verlassen hatten. »Du bist das dümmste Geschöpf, das Gott zu seinem großen Pech jemals auf diese Erde entlassen hat«, fauchte sie und blickte starr geradeaus durch die Windschutzscheibe.
Caroline zerrte am Türgriff und sprang aus dem Auto, drehte sich dann noch einmal um und beugte sich hinein. Ihr tränennasses Gesicht brannte im kalten Wind, aber sie hatte den Versuch, ihren Weinkrampf zu stoppen, längst aufgegeben. »Und das ist deine professionelle Meinung?«, fragte sie spöttisch mit einer Stimme, die fremd wegen ihrer verstopften Nase klang.
Dana schnitt eine Grimasse. »Nein, das ist meine Meinung als deine beste Freundin. Ich habe wirklich keine Ahnung, warum du dermaßen auf dieser blöden Bigamie herumreitest.«
Caroline kniff die verquollenen Augen zusammen. »Sei still, Dana.«
»Sei du still, Caroline, und hör dir selbst zu. Im Grunde glaubst du doch gar nicht an diese ganze Geschichte von wegen Bigamie, oder? Glaubst du wirklich, dass du das Gesetz brichst, wenn du Max Hunter heiratest? Dabei ist das mit Sicherheit nicht das erste Mal, dass du ein Gesetz brichst, und bestimmt nicht das letzte Mal. Jedes Mal, wenn du irgendetwas unterschreibst, begehst du eine Fälschung. Jedes Mal, wenn du deinen Sohn »Tom« nennst, begehst du einen Betrug. Tust du im Grunde etwas Ungesetzliches. Aber du tust es, weil die Angst, von deinem Mann aufgespürt zu werden, entschieden größer ist als die Angst vor einer Gefängnisstrafe.« Sie holte tief Luft und schüttelte den Kopf. »Sollten deine Liebe zu Max und der Wunsch, ihn glücklich zu machen, nicht stärker sein als die kleinkarierte Rücksichtnahme auf ein Gesetz, was dir dein Gewissen ausgerechnet jetzt sehr passend nahe legt?«
»Du weichst vom Thema ab, Dana.«
»Nein, überhaupt nicht. Denn diese ganze Bigamie-Sache ist einfach zu bequem. Auf diese Weise kannst du vermeiden, dass man dir wehtut. Auf diese Weise lässt du dir einen Fluchtweg offen. Du brauchst gar nicht den Kopf zu schütteln und es abzustreiten, Caroline. Ich habe Recht, und du weißt es.
Wenn
du Max nicht heiratest und
falls
es dann nicht klappen sollte, kannst du einfach weglaufen, so, wie du vor Rob und Mary Grace weggelaufen bist. So, wie du vor jeder ernsthaften Beziehung weggelaufen bist, seit ich dich kenne.«
Caroline zitterte am ganzen Körper. Danas Worte trafen sie tief. Und ihr Verrat traf sie noch tiefer. Dana war ihr Halt, ihr Fels in der Brandung gewesen. Die Einzige, die an sie glaubte. Und jetzt … und jetzt … Sie war wie betäubt, ihr Verstand gelähmt, nicht fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Ihre Augen schmerzten, ihr Gesicht brannte. Ihr Herz … Sie spürte es nicht mehr.
»Hau ab, Dana«, sagte sie müde. »Halt einfach den Mund und hau ab.«
Dana schlug gegen das Steuerrad. »Gut, Caroline. Ich halte den Mund und hau ab. Dann brauche ich wenigstens nicht tatenlos zuzusehen, wie du die Chance auf dein Lebensglück, worauf du unbedingt ein Recht hast, einfach wegwirfst.« Dana stieß einen wütenden, enttäuschten Seufzer aus. »Mach die Tür zu, Caroline. Geh rauf in deine Wohnung, und versteck dich ganz allein vor deiner Angst. Spiel allein die moralisch Überlegene. Und genieß es, solange du kannst. Und du solltest innigst zu Gott beten, dass Max dich noch haben will, wenn du wieder zu Verstand gekommen bist.«
Caroline starrte sie sprachlos an. »Ich fühle mich nicht moralisch überlegen.«
Dana zog in spöttischer Verwunderung die Brauen hoch. »Oh doch, das tust du. Du beurteilst und verdammst jede Frau in Hanover House, die zu ihrem Mann zurückgeht.«
Caroline kniff die Augen zusammen. Ihre Tränen wollten einfach nicht versiegen. »Die sind schwach.«
Dana schüttelte den Kopf. »Sie sind Menschen. Sie haben Angst.
Sie sind nicht du.
Du hast Max verurteilt, weil er nicht zu einem Basketball-Spiel gehen wollte. Weil es ihm wehtat.«
Caroline schüttelte den Kopf, unfähig, die Anschuldigungen aus dem Mund der Frau, der sie mehr als
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