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Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Titel: Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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behauptete, zutiefst verletzt. Ein weiterer Seufzer entrang sich ihrer Kehle, als sie abermals den Waschlappen über ihr Gesicht legte. Er war noch warm. Sie schnupperte. Ihre Nase war nicht mehr ganz so verstopft. Hinter ihren Augen pochte es zwar noch, aber sie hatte nicht mehr das Gefühl, fünf Runden gegen einen Champion geboxt zu haben. Oder gegen Rob.
    Sie nahm den Waschlappen vom Gesicht und atmete tief durch. Und dann wurde ihr Körper stocksteif.
    Sie roch … ihn.
Rob.
Dieser aufdringliche Geruch seines Aftershaves. Sie schüttelte sich, starrte auf ihr rotes Gesicht im Spiegel und zog eine Grimasse, in dem Versuch, diese irrationalen Ängste zu verdrängen.
Sei nicht albern
, sagte sie zu ihrem Spiegelbild.
Deine Fantasie spielt dir Streiche,
dachte sie.
Es liegt daran, dass du jeden einzelnen grausigen Tag mit ihm noch einmal durchlebt hast, seit du den heiligen Josef in Scherben gefunden hast. Dana sagt, er kommt nie wieder, und Dana hat immer Recht, auch wenn sie ein Dickkopf ist.
    »Beruhige dich«, flüsterte sie halblaut und ließ noch einmal heißes Wasser über den Waschlappen laufen. Sie drückte das heiße Tuch auf ihr Gesicht, und das Pochen hinter ihren Augen ließ noch ein bisschen mehr nach.
    Der heilige Josef in Scherben.
Seit sie am Vortag die zerbrochene Figur gefunden hatte, ließ irgendetwas Unbestimmtes ihr keine Ruhe. Max war der Meinung, Bubba, der Kater, hätte die Skulptur vom Nachttisch geworfen, aber das war unmöglich. Sie hatte Bubba aus der Wohnung gelassen. Bevor sie mit Max aufgebrochen war.
Oder?
    Wieder atmete sie tief durch, bemüht, ihr heftig pochendes Herz zu beruhigen.
    Und erstarrte. Die eingesogene Luft blieb in ihren Lungen gefangen. Ihr Magen zog sich zusammen, jeder einzelne Muskel verkrampfte sich schmerzhaft.
    Rauch.
    Oh mein Gott. Ihr Magen drehte sich um, und sie schluckte den säuerlichen Geschmack herunter.
    Zigarettenrauch.
    Langsam senkte sie den Waschlappen; ihr Blick wurde starr.
    Diesmal hat Dana sich geirrt
, dachte sie, die Augen unbeweglich auf die Erscheinung in dem Spiegel gerichtet, die sie lächelnd ansah. Er füllte den Rahmen der Badezimmertür ganz aus, sodass sein Scheitel im Spiegel nicht mal mehr zu sehen war. Er lehnte so lässig am Türpfosten, als lebte er seit jeher in ihrer Wohnung. Seine große Hand führte die brennende Zigarette zu seinem Mund.
    Wie gelähmt sah sie den Rauch der glühenden Zigarette aufsteigen und langsam zur Decke schweben. Eine Erinnerung blitzte vor ihrem inneren Auge auf. Er würde sie damit verbrennen. Das hatte er früher schon häufig getan. Die rote Glut würde sich schmerzhaft in ihr Fleisch brennen, und der scharfe Geruch versengter Haut würde sich mit dem abgestandenen Rauchgeruch vermischen. Und es würde wehtun. Wie betäubt sah sie dem aufsteigenden Rauch nach.
    Er sog an seiner Zigarette und blies den Rauch in ihre Richtung, sodass er ihren Kopf umwölkte. Er lächelte, entblößte dabei sein gelbes Gebiss. Sie hatte seine Zähne in ihren Albträumen gesehen, bluttriefende Reißzähne.
    Sein Lächeln verzerrte sich zu einem Grinsen, seine Augen blickten sie so berechnend und böse an, dass sie wie hypnotisiert war. Die Augen einer Kobra, dachte sie. Einer Kobra, die im Begriff war zuzuschlagen.
    »Schatz, ich bin da«, sang er fröhlich. »Was gibt’s zum Abendbrot?«

Chicago
    Sonntag, 18. März, Mittag
    Todmüde lehnte Dana den Kopf an ihre Wohnungstür. Die Energie, die sie kurzzeitig durch ihren Zorn auf Caroline gewonnen hatte, hatte sich irgendwo zwischen der Straße vor ihrer Wohnung und der Treppe zum zweiten Stock in bloße Enttäuschung verwandelt. Als sie dann auf dem Treppenabsatz zum fünften Stock angekommen war, war ihr schon alles gleichgültig geworden. Sie schüttelte den Kopf, ohne dabei die Stirn von der Stahltür zu lösen. Bei der Erinnerung an die Verzweiflung in Max Hunters Augen ließ sie die Schultern hängen. Caroline war bescheuert. Und egoistisch. Und vielleicht sogar ein bisschen grausam. Dass Caroline starrsinnig war, wusste sie schon lange. Das hatte sie respektiert, sich zu Nutze gemacht, gefördert, denn im Lauf der Jahre war dieser Charakterzug das Instrument gewesen, mit dem sie Caroline dazu bewegen konnte, weiterzumachen, nach ihren Träumen zu greifen.
    Aber heute … Wieder schüttelte Dana den Kopf und kramte nach ihren Schlüsseln. Heute hatte dieser Starrsinn sich nicht mehr als nützliches Instrument erwiesen, sondern war zur Waffe geworden. Sie legte

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