Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
geschnappt und als er sie bei ihrer Ankunft von der Ladefläche des Lieferwagens gezerrt hatte. Beinahe hätte er Nicky ganz allein dort zurückgelassen. Falls Nicky die Flucht gelungen war, wollte sie jetzt nicht Robs Aufmerksamkeit auf ihn lenken.
»Ich hatte nicht mal erste Flitterwochen«, erwiderte Caroline und versagte sich jeden Blick in Richtung Tür.
Wieder legte er ihr seine Hand über Mund und Nase. »Du denkst, du bist so schlau. Aber du vergisst immer wieder, dass ich noch viel schlauer bin.« Er riss ihren Kopf zurück, und das Zimmer begann, sich zu drehen. Ihre Lungen brannten, standen in Flammen. Dann beugte er sich vor und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Zwei Worte nur, eine Nummer und einen Namen, und sie verlor die Kontrolle. Ihre Zuversicht war dahin.
Rob kannte die Adresse von Hanover House.
Schwer auf seinen Stock gestützt ging Max in Richtung Osten zur nächstgelegenen Hausseite. Der Boden war weich. Hier hatte es kürzlich geregnet. Sein Stock bohrte sich tief in den roten Matsch. Endlich erreichte er die Hütte, lehnte sich gegen die Wand und lauschte am Fenster. Er hörte eine Stimme. Eine Männerstimme, barsch und laut. Er rückte näher, nah genug, um durchs Fenster zu spähen.
Sein Herz setzte aus.
Da war sie, an einen Stuhl gefesselt, ihr Rücken war ihm zugewandt. Ihm kam die Galle hoch, dann packte ihn die Angst. Ein Mann geriet in sein Blickfeld, sein Mund bewegte sich, sein Gesichtsausdruck war … tollwütig. Winters.
Starr vor Schrecken sah Max zu, wie Winters die Hände um Carolines Hals legte. Er sah den Revolver, der in Winters’ Hosenbund steckte. Max war unbewaffnet. Wo, zum Teufel, steckte Lambert?
Max sah, wie Caroline den Kopf schüttelte, und sosehr er auch lauschte, er konnte ihre Stimme nicht hören.
Winters’ große Hände schlossen sich fest um Carolines Hals.
Er erwürgte sie.
Der Schweinehund hatte sie gefesselt, und jetzt wollte er sie erwürgen. Seine Gedanken überschlugen sich auf der Suche nach einer Lösung, die Caroline nicht einer noch größeren Gefahr aussetzen würde.
Dann neigte sich Winters plötzlich dicht über Caroline, und Max streckte die Hand nach dem Fenster aus. Er hatte keinen anderen Gedanken als den, Winters anzufallen. Dem Schwein jeden einzelnen Knochen in den Händen zu brechen, weil er ihr ein Haar gekrümmt hatte.
Mitten in der Bewegung hielt Max inne. Winters redete jetzt wieder, aber seine Hände lagen noch immer auf ihrem Mund. Er erstickte sie. Verzweifelt stand Max da und musste zusehen, wusste, dass das leiseste Geräusch Winters veranlassen könnte, den Revolver zu ziehen und … abzudrücken. Max beobachtete und lauschte, hoffte, ihn überrumpeln zu können.
»Hanover House«, sagte Winters, und Max fuhr ein Schreck durch die Knochen. Winters wusste von dem Frauenhaus. »Da ist es hübsch, habe ich mir sagen lassen. Wie heißt noch gleich die Leiterin? Dana, das ist ihr Name. Tolle Beine. Möchte wetten, dass sie wie ein Champion reiten kann.« Seine Lippen verzogen sich zu einem grausamen Lächeln, als Caroline sich erfolglos gegen ihn zur Wehr setzte. »Das hat dir nicht gefallen? Ihr wird’s auch nicht gefallen, dafür garantiere ich. Sie wird es sich gut überlegen, ob sie noch einmal Frauen hilft, Vätern die Kinder zu nehmen. Hanover House. Diese Information wird jedem betroffenen Ehemann ziemlich viel wert sein.«
Er gab Carolines Mund frei, und ihr Kopf fiel kraftlos zurück. Max konnte sehen, wie sie nach Luft rang. Abermals legte Winters die Hände um ihren Hals. »Stell dir nur vor, Gracie, Schätzchen. All diese Mütter, die Kinder. Sie glauben, sie wären in Sicherheit. Willst du mit einer solchen Last auf deinem Gewissen weiterleben?«
Max sah, wie sie unendlich erschöpft den Kopf schüttelte.
»Dann bist du also bereit zu … kooperieren?«
Caroline sank in sich zusammen. Konnte sie ihm gehorchen? Konnte sie vor aller Welt versichern, er hätte sie nie angerührt? Natürlich konnte sie. Sonst setzte sie die Sicherheit von Hanover House aufs Spiel, wo unschuldige Frauen und Kinder sich aus panischer Angst vor Ungeheuern wie Rob Winters verkrochen. Sie durfte ihm keine Macht über Hanover House gewähren, denn dieser Ort musste geheim bleiben, verteidigt werden. Das war wichtiger als ihre eigene Sicherheit, als ihr Leben.
Sie zögerte, rang mit sich und mit ihren tief verinnerlichten Werten, als er ihr Mund und Nase zuhielt und wieder helle Lichtpunkte durch das Zimmer tanzten. Ja, der
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