Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
verschränkt, in seinem Sitz zurückfallen.
»Oha«, sagte Dana leise und verzog das Gesicht, als Caroline die Augen zusammenkniff. »Ich halt ja schon die Klappe.«
Caroline holte tief Luft, um nicht die Beherrschung zu verlieren, und stieß den Atem dann langsam wieder aus. Tom wurde selten sauer. So selten, dass sie praktisch keine Übung im Umgang mit seiner Wut hatte. »Tom, es tut mir von Herzen Leid, dass das Spiel für dich schlecht gelaufen ist. Ich weiß, das passiert nicht so oft, als dass du hättest lernen können, deine … Enttäuschung zu bewältigen.«
Nicht schlecht
, dachte sie bei sich.
Wirklich nicht übel.
»Das gibt dir allerdings nicht das Recht, dich so brummig aufzuführen. Lass es also sein«, fügte sie streng hinzu. »Wir reden darüber, wenn wir Dana nach Hause gebracht haben.«
Tom beugte sich auf dem Rücksitz vor. »Woher hast du das Geld für die Reparatur?«, fragte er misstrauisch, ohne ihren deutlichen Befehl, das Thema fallen zu lassen, zu befolgen.
Caroline seufzte und bog von dem Parkplatz in den fließenden Verkehr ein. »Max’ Bruder David hat mir den Wagen repariert.«
Ein kurzes Schweigen folgte. »Wie ungeheuer nett von ihm«, sagte Tom kalt.
Verdutzt blickte Caroline in den Rückspiegel. Tom hatte sich abgewandt und blickte starr zum Fenster hinaus, doch im wechselnden Licht der vorbeifliegenden Straßenlaternen sah sie genug von seinem Profil. Das Blut wollte ihr in den Adern gefrieren. »Was soll das heißen?«
»Nichts.«
Sein Tonfall machte sie zornig, ebenso die Andeutung, die er absichtlich nicht näher erläutert hatte. »Nein.
Nein.
Wenn du mir mit derartigen Andeutungen kommst, mein Junge, dann will ich auch den Rest wissen. Was sollte das heißen?«
»Caroline«, flüsterte Dana.
Caroline umklammerte mit zitternden Händen das Lenkrad. Sie verabscheute Konfrontationen wie diese. Sie machten sie krank. Aber Tom war ihr Sohn. Ganz gleich, was er jetzt empfand, es musste besprochen werden. Außerdem musste er lernen, dass sie ihm keine Respektlosigkeit durchgehen ließ, egal, woher sie kam. »Wenn er alt genug ist, seine eigenen Wege zu gehen, dann ist er auch alt genug, eine Erklärung für sein Verhalten abzugeben, Dana. Tom? Ich möchte eine Erklärung.«
»Warum hat Max’ Bruder deinen Wagen repariert?«, fragte er ätzend.
»Weil er ein netter Kerl ist. Gestern Abend bin ich mit Max und ihm essen gegangen, und bei der Gelegenheit habe ich irgendwann erwähnt, dass die Zündung kaputt ist. Im Gespräch, ohne Hintergedanken«, fügte sie nachdrücklich hinzu. »David wollte mir nur helfen.«
»Einfach so?«
»Ja«, antwortete Caroline gereizt. »Einfach so. Tom, es gibt Leute auf der Welt, die einfach nett sind, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Kannst du das verstehen?«
Tom schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Ja. Ich habe verstanden.«
Caroline saugte die Wangen ein. Den restlichen Weg zu Danas Wohnung legten sie in angespanntem Schweigen zurück. Dort angekommen, klopfte Dana ihr auf die Schulter, während sie ihren Gurt löste.
»Er ist erst vierzehn, Caroline«, flüsterte sie.
Und wird bald vierzig
, dachte Caroline und lächelte verkrampft. »Gute Nacht, Dana.«
Dana warf einen besorgten Blick auf den Rücksitz, bevor sie die Wagentür zuschlug.
Caroline fuhr bereits seit fünf Minuten, als ihr Herzschlag sich endlich so weit beruhigt hatte, dass sie ruhig sprechen konnte. »Tom, du und ich, wir haben im Laufe der Jahre eine Menge durchgemacht, und ich bin dir gegenüber immer ehrlich gewesen. So viel Achtung musst du mir auch entgegenbringen.« Sie hielt vor einer roten Ampel und schaute in den Rückspiegel. Tom starrte immer noch aus dem Fenster. »Tom, ich kann Max gut leiden.« Sie sah, wie er die Zähne zusammenbiss. »Ich kann ihn sehr gut leiden. Und auch jetzt will ich dir gegenüber ehrlich sein. Die Situation ist völlig neu für mich. Und ich weiß nicht genau, was als Nächstes passiert. Allerdings weiß ich genau, dass ich glücklich bin, wenn er bei mir ist. Wenn du es dir gestattest, könntest du ihn bestimmt auch mögen.« Tom rührte sich nicht, und die Ampel wurde grün. Caroline fuhr kopfschüttelnd weiter.
Wieder vergingen fünf Minuten, bevor Tom das Wort ergriff. »
Leute
mögen einfach so ganz nett sein und nette Dinge tun.
Männer
aber nicht.«
Carolines Herz wurde schwer.
Ach, Baby
, dachte sie und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. Sie wünschte sich sehnlichst, dass ihr Sohn das nicht
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