Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
gemacht.
Er wollte hupen, um auf sich aufmerksam zu machen, als ein schwarzer Pkw ihn überholte, ihn schnitt und am Bordstein anhielt. Ein Mann sprang aus dem Fond des Wagens und packte sie. Das alles dauerte wenige Sekunden, dann raste der Fahrer mit offener Tür los.
Sofort nahm Peter die Verfolgung auf, versuchte die Nummernschilder zu entziffern. Sie kamen in das angrenzende Wohngebiet, der Wagen schlingerte in der Kurve und seine Reifen spritzten Schnee und Matsch in die Luft. Peter trat das Gaspedal durch, holte die Entführer ein und war nur wenige Meter hinter ihnen. Plötzlich bog der Wagen vor einem entgegenkommenden Lkw scharf nach links ab. Reflexartig stieg Peter auf die Bremse, um eine Kollision zu vermeiden. Der Lkw-Fahrer hupte, bremste und kam mitten auf der Kreuzung zum Stehen.
»NEEEIIIIINNN!«
Jemand schrie, es war ein lauter, kraftvoller Schrei wie von jemandem, dem große Schmerzen zugefügt werden. Der Lkw-Fahrer stieg aus seiner Kabine, einige Passanten blieben neugierig stehen, manche schüttelten missbilligend den Kopf.
Er war es gewesen, er hatte so laut geschrien.
K APITEL 60
Mark beobachtete Anna Bagger, die unruhig durch die temporäre Kommandozentrale lief und sich schließlich vor die Tafel und neben einen kleinen Tisch stellte, auf dem ein Computer stand. Neun Ermittler hoben ihre Köpfe und sahen sie aufmerksam an. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander:
Ramses Bilal wurde am Neujahrsmorgen am Fuß derGjerrild Klippe am Strand gefunden. In derselben Nacht war Nina Bjerre spurlos verschwunden und zwei Tage später wurde Tora Juel Andersen aus dem Hafenbecken geborgen. Und wiederum einige Tage später entdeckte Kir die strangulierte und entstellte Gry Johansen in einem Hotelzimmer. Gry hatte ihm kurz davor von den drei Mädchen erzählt, die allem Anschein nach die Täter der Überfallserie waren, die Grenå vor Weihnachten erschüttert hatte. Das war offensichtlich ihre Geldquelle gewesen, damit sie sich mit Lebensmitteln und – Gry zufolge – mit Drogen und Alkohol versorgen konnten. Wie hing das alles zusammen, wenn es das denn tat? Wer waren diese drei Mädchen? Warum mussten Ramses und Tora sterben? Was für ein Motiv hatte der Täter gehabt? Die Mädchen hatten einen Schatz in einem Boot auf dem Meeresgrund erwähnt. Ging es um Geld? Drogen? Oder war das alles nur erfunden?
Seine Kopfschmerzen hatten sich im ganzen Körper ausgebreitet, der sich anfühlte wie ein geschundener Boxsack. Aber ihm war es recht, dass er Schmerzen hatte, dadurch fühlte er sich lebendig.
Anna Bagger beugte sich hinunter zu dem Laptop auf dem Tisch. Die Ermittlungsergebnisse waren zu mager, das konnte man an ihren zusammengepressten Lippen ganz gut ablesen. Sie benötigte dringend Resultate, aber wie? Etwas fehlte. Glück? Talent? Irgendetwas hatten sie übersehen.
»Okay …«
Sie richtete sich auf und betätigte die Fernbedienung. Wie durch Zauberhand verwandelte sich die weiße Tafel in einen Bildschirm.
»Swatch, Toras Freund. Sein gebürtiger Name ist Mohammed Reza. Er ist 25 Jahre alt und Migrant der zweiten Generation aus dem Libanon.«
Alle Augen klebten an den beiden Fotos, die auf der Tafelerschienen, eines im Profil und das andere eine Frontalaufnahme: dunkle Augen, schwarzer Kurzhaarschnitt mit Verzierungen, die in den Haaransatz rasiert worden waren, lange gerade Nase, dichte Wimpern und ein Mund, der den Balanceakt zwischen Sinnlichkeit und Brutalität versuchte.
Eine der Ermittlerinnen, Pia Thorsen, pfiff anerkennend.
»Holla, die Waldfee!«, rief sie. Pia war Single, ein bisschen pummelig und trug immer unvorteilhaft weite Blusen. Aber er mochte sie. Sie war geradeheraus, hielt mit nichts hinter dem Berg und sie war auch die Einzige gewesen, die ihm nach dem Mord an Gry vorurteilsfrei in die Augen gesehen hatte. »Ich kann gut verstehen, dass sie ihr Leben riskiert, um mit dem zusammen zu sein.«
Wahrscheinlich hatte nur er bemerkt, wie Anna erstarrte. Er schaffte es noch, Pia ein Lächeln zuzuwerfen, bevor Anna sie in Grund und Boden stampfte.
»Mohammed ist ein gewalttätiger Psychopath und sitzt seit vergangenem Oktober wegen Körperverletzung und organisierter Bandenkriminalität im Gefängnis. Ich glaube nicht, dass es ein rauschendes Fest ist, seine Freundin zu sein.«
Pia tat Mark leid. Sie duckte sich und steckte ihre Nase in ihre Unterlagen.
»Aber die Tatsache, dass er im Gefängnis saß, bedeutet natürlich auch, dass er nicht der Mörder
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