Eiskalte Geschäfte, heißes Verlangen
verschwinden sollte.
Also nahm er den letzten Schluck Wein und erhob sich. „Es ist schon spät“, erklärte er, obwohl es gerade einmal neun Uhr war. „Morgen muss ich früh raus, also gehe ich besser.“
Wenn sein plötzlicher Aufbruch sie enttäuschte, ließ sie sich nichts anmerken. Sie stand ebenfalls auf und begleitete ihn zur Tür. „Dann sehen wir uns also morgen gegen sieben?“, fragte sie.
„Oder schon früher, falls ich es einrichten kann.“ Er zog seine Jacke an und öffnete die Wohnungstür. Früher war das der Augenblick gewesen, in dem sie sich in seine Arme geworfen und ihn gebeten hätte, über Nacht zu bleiben. Doch in diesem Punkt war er immer hart geblieben. Nicht, dass es ihn nicht gelockt hätte. Aber morgens gemeinsam aufzustehen erzeugte eine Form von Intimität, die er einfach nicht zulassen konnte. Schließlich hatte er nie gewollt, dass Ana sich mehr von ihm erhoffte, als er geben konnte.
„Ich bin froh, dass du heute hier warst“, sagte Ana leise.
Er hielt auf der Türschwelle inne. „Ich auch.“
Einen Augenblick blieb er stehen, denn er hatte das Gefühl, dass sie noch etwas sagen wollte. Doch sie reagierte nicht, und so trat er auf die Veranda heraus.
„Nathan, warte“, sagte Ana und griff nach seinem Arm.
Er wandte sich ihr zu. Warum nur hatte sie ihn berührt? Jetzt konnte er nur noch daran denken, sie in seine Arme zu ziehen und zu küssen.
„Als wir das Album durchgeblättert haben, ist mir klar geworden, wie sehr sich Max in den letzten neun Monaten verändert hat.“
Nathan war sich nicht sicher, worauf sie hinauswollte. „Ist das nicht ganz normal in dem Alter?“
„Natürlich. Aber ich … ich habe begriffen, wie viel von seinem Leben du schon verpasst hast. Und deswegen wollte ich dir sagen …“ Sie suchte nach den richtigen Worten. „Es … es tut mir leid.“
Wow. Eine richtige Entschuldigung! Es mochte nicht unbedingt für ihn sprechen, aber Ana so kleinlaut zu erleben machte ihn unfassbar an. Und dass sie jetzt so dicht neben ihm stand und seinen Arm berührte, katapultierte ihn direkt an die Grenzen seiner Selbstbeherrschung.
Er beugte sich vor, um auszutesten, wie sie reagieren würde. Ihre Augen weiteten sich, und ihr Atem stockte hörbar. Eigentlich hatte Nathan gedacht, dass sie zurückweichen würde. Doch stattdessen sah sie ihn unverwandt an und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
Grundgütiger!
Wenn er sie jetzt küsste, würde es nicht mehr lange dauern, bis sie wieder miteinander im Bett landeten. Und wenn er klug war, dann machte er jetzt sofort auf dem Absatz kehrt und ging. Ja, genau das würde er tun. Wie schwer es ihm auch fallen mochte. „Ich muss los.“
Sie nickte und sah ihn an wie betäubt. „Okay.“
Mit einem Blick auf ihre Hand auf seinem Arm fügte er hinzu: „Dafür müsstest du mich allerdings loslassen.“
„Entschuldigung.“ Sie blinzelte und ließ ihre Hand sinken. Selbst im Schummerlicht der Verandabeleuchtung konnte er erkennen, wie sie errötete. Bisher kannte er sie als ausgesprochen selbstbewusst. Dass sie rot wurde, hatte er noch nie erlebt. Und so sehr er die souveräne Ana auch begehrt hatte – sie so unsicher zu erleben steigerte seine Erregung ins Unermessliche.
Es kostete ihn seine gesamte Selbstbeherrschung, weiter zurückzuweichen. „Bis morgen dann.“
Sie nickte. „Ja, bis morgen.“
Er war schon die Treppe hinabgegangen, da drehte er sich ein drittes Mal um. „Ana?“
„Hm?“
„Entschuldigung angenommen.“ Mit diesen Worten ging er zu seinem Wagen.
Ana schloss die Tür hinter ihm und ließ ihre Stirn gegen das kühle Holz sinken. Oh mein Gott. Fast hätte er sie geküsst. Er hatte sich zu ihr heruntergebeugt, ihre Lippen fixiert …
Die Vorstellung, von ihm geküsst zu werden, ließ ihr Herz schneller klopfen. Und auch wenn sie wusste, dass es falsch war, konnte sie nicht leugnen, dass sie ihn hätte gewähren lassen. Als wäre sie im Augenblick nicht schon verwirrt genug und innerlich wie zerrissen.
Die Erkenntnis, wie viel sie Nathan genommen hatte, indem sie ihm Max’ Existenz verheimlichte, hatte sie tief getroffen. All die wunderbaren Stunden, die sie in den letzten neun Monaten mit ihrem Sohn verbracht hatte … Es war so egoistisch und gedankenlos gewesen, Nathan das vorzuenthalten – und auch Max! Hatte er nicht ein Recht auf seinen Vater?
Gleichzeitig hasste sie die Vorstellung, dass Nathan sie aus dem Konzept brachte. Du verleihst ihm viel zu viel Macht
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