Eiskalte Hand
einen Meter breit und einen halben hoch. Zielstrebig griff Mia in die Öffnung und zog einen langen schmalen Säbel heraus, den sie sich in eine Halterung auf dem Rücken steckte. Weitere Waffen folgten: Wurfsterne und –messer, eine Handarmbrust, zwei gezackte Dolche. Schließlich angelte sie sich noch ein paar Fläschchen, in denen bunte Substanzen schimmerten. So ein Zauber konnte nie schaden, auch wenn sie für gewöhnlich den Kampf bevorzugte. All das verstaute sie in ihrer Tasche.
Gerade hatte sie die Kommode wieder an ihren ursprünglichen Ort gerückt, wo sie mit einem leisen Klicken einrastete, da vernahm sie von der Tür her ein Geräusch. Blitzschnell wirbelte sie herum und sprang auf das Fenster zu, durch das sie eingedrungen war. Aber anstatt herauszuklettern duckte sie sich in eine finstere Ecke und machte sich ganz klein. In ihrem Tarnanzug erkannte man sie so nicht mehr. Sekunden später wurde die Tür aufgestoßen. Zwei Männer traten in die Wohnung. Große, muskulöse Kerle. Augenblicklich schauten sie sich hastig in alle Richtungen um. ‚Schläger. Keine echten Profis.‘ Mia schätzte die Lage ab. Offenbar suchten sie nach etwas oder auch nach jemandem. Hatte sie etwa doch jemand auf den Dächern entdeckt? Höchst unwahrscheinlich. Aber sei’s drum. Die Typen waren hier, und es würde unweigerlich zum Konflikt kommen. Ganz langsam und vorsichtig zog Mia einen Wurfstern aus der Tasche und balancierte ihn elegant auf den Fingerspitzen der rechten Hand. Mit der linken griff sie an den Griff des Schwerts auf ihrem Rücken. Die Eindringlinge näherten sich jetzt allmählich ihrem Versteck. Als einer der beiden beim ihr Umherschauen kurzzeitig den Rücken zudrehte, war der richtige Moment gekommen. Sie sprang auf und schleuderte in der gleichen Sekunde den Wurfstern auf den ihr zugewandten Mann. Das Geschoss schlug direkt in seinem Hals ein. Ein gurgelnder Laut war zu vernehmen. Blut spritze aus der Wunde. Der Kerl griff sich instinktiv an seinen Hals. Dann sackte er auch schon in sich zusammen und fiel stöhnend zu Boden. Ein zweiter Satz und Mia stand direkt hinter dem zweiten Eindringling. Der drehte sich etwas schwerfällig um und riss sein Krummschwert aus dem Gürtel. Doch Mia bewegte sich um einiges schneller. Ihr Schwert wirbelte durch die Luft, touchierte die Schwerthand ihres Gegners und hinterließ eine tiefe Schnittwunde. Mit einem Schmerzschrei ließ der seine Waffe fallen. Mias Klinge beschrieb unbeirrt ihren Bogen weiter und sauste auf die Kehle des Mannes zu. Mit weit aufgerissenen Augen schaute dieser auf den ganz in schwarz gekleideten Wirbelwind, der da wie aus heiterem Himmel über ihn hereinbrach. Von Mias hübschem Gesicht waren nur die Augen zu erkennen. Und die strahlten Eiseskälte aus. Das war also das Ende.
Unmittelbar vor dem Kehlkopf des Fremden kam Mias Klinge zum Halten. Der Mann wusste nicht wie ihm geschah. Die junge Frau packte ihn an der Schulter, die Schwertspitze immer noch an seiner Kehle. „Sag mir, wer dich geschickt hat, und ich verschone dich vielleicht.“, sagte sie mit einem Unterton, der keine Widerworte zuließ. „Ich…ich weiß es nicht.“, stammelte der Eindringling und blickte immerzu auf seinen toten Kameraden. Mia wurde ungeduldig. Fast unmerkbar drehte sie ihre Hand ein wenig. Die extrem scharfe Klinge schnitt leicht in die Haut des Mannes. Ein dünner Blutfaden rann seinen Hals herab. „Wirklich“, schrie er bettelnd, „da war nur ein Fremder, der uns angeheuert hat. Unten bei den Docks, wo wir uns meistens rumtreiben. Er hat uns Geld gegeben und noch mehr versprochen, wenn wir die Wohnung hier überwachen. Dann haben wir von ihm so ein Metallplättchen bekommen. Wir sollten einfach draußen warten, und wenn das Plättchen anfing zu vibrieren, sollten wir in die Wohnung gehen und nach einer Person suchen, die sich dort herumtreibt.“ Der Mann spürte, wie seine Beine langsam schwach wurden. Aber er traute sich nicht nachzugeben – aus Angst vor der scharfen Klinge. Mia zog innerlich den Hut. Raffiniert. Ein Zauber, der ein Signal sendete, wenn jemand durch das Fenster eindringt. Magie vom feinsten und vom teuersten. Offenbar war sie irgendjemandem sehr viel wert. Aber warum heuerte er dann solche Pfosten an, um sie zu erwischen. Diese Kategorie erlegte sie doch mit auf den Rücken gebundenen Händen.
Da hatte sie eine Idee. „Zeig mir das Plättchen.“, forderte sie den Mann auf. „Mein Kamerad hat es. Es steckt in
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