Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
an.«
»Ich habe einen Sohn, der an Bogenschützenmeisterschaften teilnimmt«, sagte sie.
Ellen Brandt war verspätet. Ganz außer Atem betrat sie den kleinen Konferenzraum im dritten Stock, der für die Besprechung reserviert war. Ulf Holtz und Staatsanwalt Mauritz Höög sprachen gerade über Architektur, als sie sich auf den Platz am Kopfende des Tisches fallen ließ und einen beachtlichen Stapel Papier auf den Tisch knallte. Höög war, da es sich um einen politisch motivierten Mord handeln konnte, zum Ermittlungsleiter ernannt worden, obwohl es noch keinen Tatverdächtigen gab. Außerdem waren zwei Ermittler anwesend, einer trug einen Wollpullover mit einem Rentiermuster, der andere einen dunklen Anzug. Sie sprachen beide angeregt in ihr Handy. Ulf Holtz, der sie bislang nur vom Sehen kannte, hatte sie beim Kommen kurz begrüßt und dann angefangen mit dem Staatsanwalt über den Funktionalismus und seine Spielarten zu sprechen. Mauritz Höög schien in den meisten Fragen seiner Meinung zu sein, da er nur ab und zu brummte.
»Entschuldigt, ich bin bei C. hängengeblieben. Sie wollte wissen, wie wir mit der Ermittlung vorankommen«, sagte Brandt und verdrehte die Augen.
Es war allgemein bekannt, dass alles nur noch viel länger dauerte, wenn ihre Chefin Charlotte Högberg, auch C. genannt, plötzlich Wert darauf legte, über einen bestimmten Fall unterrichtet zu werden, indem sie ihre Mitarbeiter auf dem Korridor abfing. Daher war es ratsam, auf der Hut zu sein.
»Ich hoffe, sie richtet ihr Interesse bald auf etwas anderes wie den Etat beispielsweise«, fuhr Brandt fort, bereute diese Äußerung jedoch sofort, da sie wusste, dass nicht alle am Tisch ihrer Meinung waren. Sie lachte etwas angestrengt und wandte sich dann an den Staatsanwalt.
»Mauritz, du kannst anfangen.« Brandt versuchte, Ordnung in ihre Papiere zu bringen, die in verschiedenfarbigen Mappen lagen. Sie öffnete eine orangefarbene Mappe und legte sie vor sich auf den Tisch.
Mauritz Höög machte ein ernstes Gesicht und räusperte sich. Dann fing er an:
»Das Opfer, das den meisten als Styrbjörn Midvinter bekannt ist, ist eine der exponierten Gestalten der Neonaziszene. Er …«
»Er war. Er war einer der führenden Neonazis, meinst du doch wohl«, unterbrach ihn der Ermittler im Wollpullover.
»Bitte?«
»Du hast ›ist‹ gesagt, aber hast doch wohl ›war‹ gemeint. Der Gute ist tot.«
»Was soll das? Du weißt, was ich meine, kann ich jetzt weitermachen?«
Der Ermittler schwieg und verschränkte die Arme vor der Brust, sodass die meisten Rentiere nicht mehr zu sehen waren. Demonstrativ lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück.
Ulf Holtz hätte beinahe etwas gesagt, seufzte dann aber nur innerlich.
»Vielleicht sollte ich mit meinem Vortrag anfangen, dann kannst du den Rest ergänzen«, sagte Ellen Brandt beschwichtigend zu Mauritz Höög, der eine unverständliche Antwort murmelte.
»Styrbjörn Midvinter, der also einer der führenden Köpfe der Gruppe war, die Mauritz eben erwähnt hat, ist uns seit langem bekannt. In den letzten fünfzehn Jahren ist er wegen keiner schwerwiegenden Straftat verurteilt worden. Vorher gab es ein paar kleinere Verurteilungen wegen Nötigung, Körperverletzung und Ähnlichem, aber entweder war er relativ gesetzestreu, oder es ist ihm gelungen, seine Untaten geheim zu halten«, sagte sie. »Ihr bekommt im Laufe des Tages eine Aufstellung der Sicherheitsabteilung. Wie auch immer, in den letzten fünf Jahren ist er innerhalb der Organisation aufgestiegen. Er galt als der natürliche Anführer und hatte große Pläne für seine Partei. Außerdem …«
»Er hatte wirklich einen seltsamen Namen«, unterbrach sie der Ermittler in Anzug.
»Das war ein angenommener Name«, sagte Mauritz Höög, ehe Ellen Brandt etwas sagen konnte.
»Und wie hieß er vorher?«
»Johan Seger.«
»Und wie sollen wir ihn in Zukunft nennen? Johan oder Styrbjörn?«, wollte der Ermittler in Anzug wissen.
»Johan Seger«, sagte Ulf Holtz kurz, er hatte die nebensächlichen Diskussionen langsam satt.
»Dann halt Johan. Kann ich jetzt weitermachen?«, fragte Ellen Brandt verärgert. »Der Ermordete war also eine führende Gestalt der Neonazibewegung. Laut Gerichtsmediziner starb er wahrscheinlich sofort, als ein Pfeil in seinen Hals eindrang …«
»Gibt es irgendwelche Verdächtige?«
»Können wir das der Reihe nach besprechen?«
»Es müsste eigentlich unzählige Verdächtige geben, schließlich sind die Neonazis nicht
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