Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
lassen? Hakenkreuz? Das kommt wirklich nicht in Frage.«
C. holte tief Luft und schüttelte den Kopf.
»Ihr müsst euch was anderes ausdenken. Nehmt einen Pflanzennamen oder so. Das war alles für heute«, sagte sie, packte ihre Sachen zusammen und marschierte aus dem Zimmer.
U lf Holtz parkte den Wagen vor seinem Haus. Er hatte es gekauft, bevor die Preise astronomische Höhen erreicht hatten. Das schmucklose, weißverputzte Gebäude hatte ihm bei dem Besichtigungstermin sofort gefallen. Er hatte den Kauf nie bereut, und jedes Mal, wenn er in die Einfahrt einbog, empfand er die Ruhe und Geborgenheit, die nur die eigenen vier Wände vermitteln können. Langsam und behutsam schloss er die Autotür, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Sein Nachbar pflegte immer rein zufällig zu erscheinen, wenn er nach Hause kam. Immerzu neugierig und stets mit einer Frage auf den Lippen. Holtz hatte im Verlauf der Jahre gelernt, ihn mit ein paar Floskeln abzuspeisen und dann rasch weiterzugehen. Obwohl er beharrlich Distanz wahrte, schien sein Nachbar nicht aufzugeben. Immer zeigte er das gleiche einladende Lächeln und sprach ihn freundlich an. Holtz konnte es sich nicht erklären, warum er ihn nicht ertrug. Gleichzeitig machte ihm sein schlechtes Gewissen zu schaffen. Die Frau des Nachbarn hatte ihn noch nie gestört und nie am Zaun gehangen, um ihn auszuhorchen. Sie blieb stets im Hintergrund, und Holtz hatte sich manchmal gefragt, warum sie eigentlich so unsichtbar war.
Es erleichterte ihn, dass sein Nachbar ausnahmsweise einmal nicht auftauchte, und er legte die drei Schritte auf dem gestreuten Weg zur Haustüre rasch zurück, während er in seinen Taschen nach dem Schlüsselbund tastete. Eine Minute später befand er sich im Warmen, hängte seinen Mantel auf, warf denSchlüsselbund in die blaue Pappschachtel auf der Kommode, zog Pantoffel an, ließ sich auf das mit einem hellen Stoff bezogene Sofa im Wohnzimmer fallen und schloss einen Moment lang die Augen. Nach ein paar Sekunden streckte er die Hand nach der Fernbedienung aus, die auf dem hellen Holztisch lag, und zappte rasch von einem Radiosender zum nächsten, ohne dass ihm etwas gefallen hätte. Stattdessen wechselte er zu seinem MP3-Player, ging die verschiedenen Listen durch und entschied sich schließlich für Chansons.
Die heisere Stimme drang in jeden Winkel des Hauses, und er lehnte sich wieder mit geschlossenen Augen zurück.
Warum rief sie nicht an? Vielleicht war etwas passiert? Er lächelte, als er sich an das Frühjahr erinnerte, in dem Nahid Ghadjar in sein Leben getreten war.
Sie war eher geschlichen.
Erst war ihm die Praktikantin, die sich an Pia Levins Fersen geheftet hatte, nicht weiter aufgefallen. Mit der Zeit war Nahid dann aber immer wichtiger geworden. Sie hatte schärfere Konturen bekommen, mehr Details. Das rabenschwarze, glatte Haar, das ihr manchmal wie ein Vorhang ins Gesicht fiel, wenn sie den Kopf bewegte, die weiße, durchscheinende Haut und die blauen Augen. So allmählich hatte Holtz das Gefühl gehabt, die Räume, in denen sie sich wie durch Zufall immer öfter gemeinsam befunden hatten, seien wie aufgeladen gewesen, und zum ersten Mal seit Jahren hatte er den Kopf wieder sehr aufrecht gehalten, den Bauch eingezogen und öfter in den Spiegel geschaut. Anfangs hatte sie ihn keines Blickes gewürdigt, aber im Verlauf jenes Frühjahrs, während ihre Arbeit an einem Fall, der in den Zeitungen als Graffitimord Furore machte, immer intensiver wurde, geschah etwas. Eines Abends stand sie einfach auf seiner Treppe, und dann ergab sich alles wie von selbst. Niemand gab das Tempo vor. Beide ließen sich einfach mitreißen. Ihm wurde warm, als er an sie dachte. An ihre Direktheit und Stärke, aber auch an ihre Schwäche. Mit der Zeit wurde das alberne Achterbahngefühl von einem steteren Gefühl abgelöst. Sie zog zwar nie regelrecht bei ihm ein, war aber oft da, wenn er zur Arbeit ging und nach Hause kam. Anfangs hielten sie ihre Beziehung noch geheim, so glaubte er zumindest. Seine Töchter Eva und Linda trafen sie ein paar Mal, ohne auch nur mit einem einzigen Wort auf den Umstand einzugehen, dass Nahid genauso alt war wie sie. Aber sie billigten die Beziehung auch nicht rundheraus. Ihre Spontanbesuche hörten fast ganz auf, ohne dass sie erklärten, warum. Er hoffte, dass sich das wieder ändern würde.
Pia Levin ging jedoch deutlich auf Abstand und bezeichnete ihn als alternden Lüstling. Zwar im Scherz, aber Holtz hörte den Ernst
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