Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
geliefert hatte.
Sie rieb sich wieder die Augen, und in ihrem Kopf tauchte der Wunsch nach einem Glas Wein vor dem Zubettgehen auf. Sie wusste, dass sie dann gut schlafen würde. Ein Karton mit australischem Weißwein stand zwischen Geschirrstapeln auf der Spüle ihrer winzigen Küche, bei der es sich eigentlich nicht um mehr als eine Kochnische neben dem Zimmer handelte, das Levin als Schlafzimmer bezeichnete und das einmal das Esszimmer der kleinen Wohnung gewesen war. Einige Sekunden lang erwog sie zu spülen, bevor sie sich ein Glas Wein gönnte, aber diesen Gedanken setzte sie nicht in die Tat um. Zwischen den ungespülten Gläsern fand sie eines, das recht sauber wirkte. Sie roch daran. Es roch sauber. Mit geübten Bewegungen füllte sie es zu Hälfte mit dem lauwarmen Wein, zögerte und goss dann noch etwas nach.
Als sie am nächsten Morgen erwachte, verspürte sie das dringende Bedürfnis, sich die Zähne zu putzen. Sie hatte einen metallischen Geschmack im Mund, und die Zunge klebte am Gaumen. Ihre Kleider lagen auf dem Fußboden. Sie hatte im Slip geschlafen, und der Gedanke, aufstehen zu müssen, war alles andere als angenehm.
Ulf Holtz war früh erwacht, hatte rasch seine morgendlichen Verrichtungen erledigt, aber das Frühstück dann übersprungen. Im Auto auf dem Weg in die Stadt hatte er Levin angerufen und sie gefragt, ob sie Lust habe, mit ihm in einem Café zu frühstücken. Sie hatte unkonzentriert gewirkt und geklungen, als würde sie krank werden. Sie hatte aber darauf bestanden das Lokal auszusuchen, und nach einem gewissen Zögern hatte er sich einverstanden erklärt. Pia Levin befand sich bereits an Ort und Stelle, als er eintraf, nachdem er dreimal um den Häuserblock hatte fahren müssen, ohne einen Parkplatz zu finden. Zu guter Letzt hatte er seinen Wagen neben einem riesigen Schneehaufen abgestellt. Nach einem gewissen Zögern hatte er die laminierte Mitteilung auf das Armaturenbrett gelegt, dass es sich bei dem Wagen um ein polizeiliches Dienstfahrzeug handele.
In einer Ecke des nüchternen Hotelrestaurants brannte ein Feuer in einem offenen Kamin, und die Wärme schlug ihm entgegen, als er eintrat. Pia Levin winkte ihm von einem Fenstertisch am anderen Ende des Raumes zu. Ihm fiel auf, dass sie eine Riesenmenge Essen vor sich aufgebaut hatte.
»Welche Zimmernummer?« Ein junger Mann mit nasaler Stimme versperrte ihm den Weg, noch bevor er seine Kollegin erreicht hatte.
»Bitte? Nein, also, ich wohne nicht hier«, entgegnete Holtz.
»Frühstück wird hier nur für die Hotelgäste serviert.«
»Michel! Er gehört zu mir. Sei jetzt nicht so«, rief Levin, als sie sah, dass Holtz Probleme mit dem Oberkellner hatte.
»Ach so, ein guter Freund meiner lieben Pia. Bitteschön, der Herr. Ich hoffe, es wird Ihnen schmecken«, sagte der Oberkellner, deutete eine Verbeugung an und schwebte davon.
Holtz bahnte sich zwischen den Tischen mit weißen Tischdecken einen Weg. Auf allen brannten Kerzen neben einer Vase mit einer einzelnen Rose. Nur wenige Männer, die eine aufgeschlagene Zeitung neben sich liegen hatten, frühstückten.
»Ich habe schon angefangen, bedien dich doch.«
»Das wirkt nicht gerade billig. Was kostet das Frühstück?«
»Darum brauchst du dich nicht zu kümmern. Hol dir jetzt was am Büfett.«
»Aber …«
»Jetzt nimm dir schon was, damit ich in Ruhe weiteressen kann«, sagte sie mit einem schiefen Lächeln.
Ulf Holtz holte sich eine Tasse Tee und zwei Brötchen mit Käse vom Büfett und kehrte zu Levin zurück.
»Wirklich aufregend. Käsebrötchen«, sagte sie, als er sich setzte.
»Für mich reicht das.«
»Wie du willst.«
»Was hast du gegen ihn in der Hand?« Holtz nickte in Richtung des Oberkellners.
»Ich war ihm einige Male behilflich, das Frühstück ist die Bezahlung dafür. Aber ich gehe eigentlich nicht oft hierher.«
»Du warst ihm einige Male behilflich? Und das hier ist die Bezahlung? Was soll das, Pia …«
»Ja, ja, spar dir deine Moralpredigt. Wechseln wir das Thema, was man nicht weiß, macht einen nicht heiß. Sollten wir nicht lieber über die Arbeit reden?«
Ulf Holtz lehnte den Kopf zurück und betrachtete den funkelnden Kronleuchter an der Decke.
»Okay, was hast du herausgefunden?«, fragte er, als er sich wieder auf Pia konzentrierte, die mit einer Blutpampelmuse kämpfte. Sie gab den Kampf mit der Zitrusfrucht schließlich auf und streckte die Hand nach einigen Papieren neben sich aus. Dann referierte sie knapp, was sie aus dem
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