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Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)

Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)

Titel: Eiskalte Rache: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Varg Gyllander
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einfach neben ihm, vollkommen reglos. Er spürte ihre Nähe. Sie hielt sich aufrecht und lehnte sich nicht an. Nach einer Weile fiel ihm auf, dass er ihr Spiegelbild im Fenster sehen konnte. Er beobachtete sie und bemerkte, dass sie ihm ab und zu fast unmerklich einen Blick zuwarf. Kontaktsuchend. Seine Kopfschmerzen kehrten zurück, und auch sein Bein tat weh. Er fühlte sich eingesperrt und versuchte, sich zu bewegen, damit seine Beine nicht einschliefen. Er hatte Angst, vielleicht auf die Toilette und sich an ihr vorbeidrängen zu müssen. Er streifte ihr Bein. Ihm wurde ganz heiß, und sie wandte sich ihm mit einem vorsichtigen, einladenden Lächeln zu.
    »Fährst du weit?«, fragte sie ihn in gebrochenem Englisch. Er wollte eigentlich den Blick abwenden, Richtung Sicherheit, zur Fahrbahn, aber irgendetwas veranlasste ihn dann doch, zu nicken und leise zu antworten:
    »Ja, ich fahre weit.«
    »Schönes Land.«
    »Ja.« Dann traute er sich eine Frage zu stellen: »Tourist?«
    »Ich reise viel. Freunde besuchen und so«, antwortete sie.
    »Sind Sie weit gereist?«
    »Sehr weit.«
    Trotz des gebrochenen Englischs und obwohl er lispelte und stotterte, verstanden sie einander. Zum ersten Mal wagte er es, mit jemandem zu sprechen. Vielleicht lag das ja daran, dass es ihnen beiden schwerfiel, sich auszudrücken.
    Er erinnerte sich nicht, wann sie von Reisen und Orten auf die großen Fragen zu sprechen gekommen waren. Aus ihrer schmalen Tasche hatte sie einen Ordner mit Bildern genommen, wie Gott die Welt erschaffen habe. Gar nicht so lange sei das hergewesen. Sie hatte mit immer größerer Begeisterung gesprochen und ihm erklärt, wie wichtig es sei, in die Welt zu ziehen und Gottes Wort zu verkünden.
    Er erinnerte sich daran, als wäre es gestern gewesen.
    Alle Menschen seien gleichermaßen wertvoll. Gott liebe alle Menschen. Auch ihn.
    Ihn, dem es schwerfiel zu gehen, zu sehen und zu reden. Auch ihn, dessen Miene kaum etwas auszudrücken vermochte, dessen Gesicht so entstellt war.
    Jene Busfahrt hatte viel verändert.
    Nun stieg er aus und blieb ratlos auf dem großen, leeren Parkplatz im Zentrum des Dorfes stehen und sah dem Bus hinterher. Außer ihm war niemand ausgestiegen, und es stand auch niemand auf dem Platz, der ihn abgeholt oder auch nur bemerkt hätte. Stille und Trostlosigkeit lasteten wie eine graue Decke auf allem.
    Es war bereits dunkel. Er fröstelte und bemerkte, dass er zu dünn gekleidet war. Hier war es viel kälter als an dem Ort, den er verlassen hatte. Die Schneedecke war dicht und weiß. In der einen Hand hielt er eine abgenutzte Tasche aus einem stabilen blauen Stoff. Er stellte sie auf die Erde und wühlte eine Weile darin herum. Nachdem er den dicken Pullover mit der Kapuze übergezogen hatte, den er am Vormittag so sorgfältig zusammengefaltet hatte, war ihm wärmer. Seine Glieder waren nach der langen Busfahrt steifer als sonst, und er entschloss sich nach kurzem Zögern, zu Fuß zu gehen, damit er die Glieder strecken konnte. Er wollte nicht das Taxi rufen, das den wenigen Bewohnern des kleinen Ortes zur Verfügung stand.
    Nach nur einem Kilometer sah er ein, dass es nicht gehen würde. Er stand am Straßenrand und kam nicht weiter. Sein Körper wollte nicht mehr, ihm fehlte die Kraft. Es schneite wieder.
    Warum bloß war er hierhergefahren? Vielleicht war es das Klügste, ins Zentrum zurückzukehren und den nächsten Bus Richtung Süden zu nehmen?
    Was geschehen war, hatte alles verändert. Jetzt wusste er nicht, wie er weitermachen sollte. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, sich das Leben zu nehmen, dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Aber er wusste, noch ehe er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, dass dieser Weg nicht in Frage kam.
    Die Kapuze und der Pullover waren vollkommen mit Schnee bedeckt. Ihm war klar, dass er trotz der Schmerzen im Bein weiter musste. Er hatte wieder Kopfschmerzen und befürchtete, dass ihn auch seine Sehkraft im Stich lassen könnte. Ein entferntes Geräusch drang an sein Ohr. Zumindest an seinem Gehör war nichts auszusetzen. Ein Auto, oder? Er sah die dunkle Straße entlang nach vorn, aber dort war alles schwarz. Das Geräusch kam, wie er bemerkte, nachdem er sich eine Weile auf das Motorengeräusch konzentriert hatte, aus der Richtung, aus der er gekommen war. Er verspürte den Drang zu fliehen, sich zu verstecken, aber dann besann er sich und hob stattdessen den Arm und winkte, als sich die Scheinwerfer näherten.
    Das Auto war schnell. Das Licht blendete

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